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Die Lagerung des sonstigen strahlenden Abfalls

Kernforschung. - Neben dem hochradioaktiven Abfall aus den Brennstäben der Kernreaktoren gibt es eine mengenmäßig viel größere Gruppe von schwächer strahlenden Abfällen, die ebenfalls gelagert werden müssen. In Deutschland sind die Bundesländer dazu verpflichtet und betreiben daher sogenannte Landessammelstellen.

Von Julia Beißwenger |
    Im Keller des Universitätsklinikums Münster stehen rund ein Dutzend knapp 4 Meter hohe Tanks. Sie sammeln den Urin der Krebspatienten, die zur Tumorbekämpfung mit radioaktiven Elementen behandelt werden. Bis zu sechs Monate muss der Urin zwischenlagern, dann ist die Strahlung so weit abgeklungen, dass er in die Kläranlagen fließen kann. Andere Klinikabfälle sind länger radioaktiv, sagt der Strahlenschutzbeauftragte des Krankenhauses Michael Kriens.

    "So, hier vor uns sehen wir jetzt ganz normale Laborabfälle. Das sind zum Beispiel Kanülen oder Spritzen oder kontaminierte Unterlagen, Handschuhe. Das wird gesammelt, das wird dann gemessen, auf radioaktive Kontamination. Danach wird es dann sortiert und gelangt dann in die gelben Fässer, die man aus diversen Transporten kennt. Und dann werden diese Fässer verschlossen."

    Einmal im Jahr holen Mitarbeiter der Landessammelstelle von Nordrhein-Westfalen den Abfall mit dem LKW ab und bringen ihn ins Lager nach Jülich. Rund 65 Kubikmeter schwach- und mittelradioaktiver Müll treffen jährlich hier ein. Die Fässer und Kanister aus Stahl, Aluminium oder Kunststoff enthalten so unterschiedliche Dinge wie verseuchte Tierkadaver aus der Forschung, α- und β-Strahler aus dem Physikunterricht oder etwa radioaktive Abfälle aus der Mess- und Regeltechnik. Viel liefern außerdem Forschungsinstitute. Ausgepackt wird der Müll in der Regel nicht, sagt der Leiter der Landessammelstelle Harald Stahlschmidt. Er deutet auf einen Gabelstapler, der die Behälter zunächst zur Messstation bringt.

    "Wir setzen hier in der Landessammelstelle drei Messgeräte ein. Das ist einmal die Gammaspektrometrie. Dann haben wir im Haus noch ein Szintillationszählmessgerät, da kommt eine Probe hinein, die wird also unter Umständen dann über mehrere Stunden auch ausgemessen. Da können sie β-Strahler nachweisen. Und dann haben wir noch ein Low-Level-Messgerät. Das ist also für die Oberflächenkontamination."

    Während ein Mitarbeiter ein 200-Liter-Fass auf dem Drehteller des Gammaspektrometers überwacht, steuert ein zweiter Mann den Brückenkran, der die kontrollierten Fässer zu den anderen ins Lager stellt. Hier stehen sie, bis genügend Behälter zusammen sind, so dass sich der Transport zu einer der Anlagen lohnt, die das Volumen des Mülls reduzieren. Gut die Hälfte kommt in Verbrennungsöfen, erklärt Harald Stahlschmidt.

    "Das sind natürlich alle brennbaren Materialien, also Papier, teilweise die Kunststoffe, Pappdeckel. Oder es ist natürlich nicht bei allen Abfällen eine Verbrennung möglich. Einige können Sie nur verpressen also kompaktieren. Denken Sie an Flüssigkeiten, die können Sie eindampfen. Alles natürlich in zugelassenen Anlagen."

    Die stehen zum Teil nebenan auf dem Forschungszentrum Jülich - so auch die so genannten Walzentrockner. In ihnen wird die verseuchte Flüssigkeit erhitzt und auf Walzen geleitet, über deren große Oberfläche viel Wasser verdampfen kann. Die radioaktiven Stoffe bleiben zurück und werden in 200-Liter-Fässern mit Beton vermischt; dasselbe geschieht mit der Asche des verbrannten Mülls sowie mit gepressten Gegenständen. Da noch kein Endlager bereit steht, kommen die Fässer zunächst zurück zur Landessammelstelle und zwar in den Keller. Hier stapeln sich bereits 1500 fertige Behälter. Vor ihnen steht Harald Stahlschmidt, neben ihm ein Kollege mit einem Geigerzähler in der Hand. Stahlschmidt:

    "Das Gros an Radioaktivität, die wir haben, ist natürlich in diesen Endlagerfässern. Sie haben ja hier 30 bis 40 Jahre Endlagerabfall NRW stehen. Und dann haben wir jetzt hier an die zwei Mikrosievert. Wenn wir jetzt ein bisschen weiter reingehen, wird der Wert ansteigen."

    Volker Krüger: "Ja. jetzt sind wir schon bei 15."

    Harald Stahlschmidt: "Also, das ist hier unten auch kein regelmäßiger Arbeitsplatz. Man muss im Prinzip zu Kontrollzwecken hier unten runter, man muss schauen, ob die Fässer noch dicht sind. Aber da wir nach ein paar Minuten wieder rausgehen, ist das also gefahrlos für Sie."

    Die beiden Männer weisen auf die Decke des Kellers. Da klafft eine große Öffnung, durch die ein Kran Fässer herausholt, die schon lange in Jülich liegen. Das ist notwendig, weil niemand mehr genau weiß, was sich in den alten Behältern befindet. Die Mitarbeiter werden sie daher anbohren, um zu untersuchen, ob der Inhalt die Grenzwerte einhält, die für den Schacht Konrad in Salzgitter gelten. Er soll in einigen Jahren als Endlager für schwach- und mittelradioaktiven Abfall eröffnen. Allerdings, so prophezeit Harald Stahlschmidt, werden ein Drittel der Fässer der Landessammelstelle in Jülich die Konrad-Anforderungen nicht erfüllen, etwa weil sie zu stark strahlen. Für sie muss ein anderes Endlager gefunden werden.

    Mehr zur Sendereihe: "Ende auf Zeit"