"Respira alfin" - atme endlich aus, so versucht König Mitridate sich selbst zu beruhigen. Er ist aus einer Schlacht zurückgekehrt. Die Übermacht des Feindes ist groß. Zuhause macht ihm einer seiner beiden Söhne zu schaffen. Der böse Farnace hat sich an Mitridates Verlobte herangemacht. Der Tenor Bruce Ford singt den müden und um seine Macht ringenden Herrscher sehr feinfühlig, fast zart und zerbrechlich, aber auch gefährlich stark im Zorn.
"Entreiße die bedrückte Seele dem Schicksal" - Mitridates Verlobte, Aspasia, ist in Panik. Gegen den Gewalttäter Farnace fleht sie den anderen Sohn des Königs, den guten, Sifare, um Hilfe an. Mary Dunleavy verleiht der bedrängten jungen Aspasia einen volltönenden reifen Sopran, der sich im Verlaufe des Abends zunehmend freisingt. Im weißen Kleid hetzt sie über die Trümmer einer kriegszerstörte Residenz von heute. Die zerborstenen grauen Stahlbetonträger ragen in den leeren Raum. Soldaten in Kampfausrüstung und mit MGs im Anschlag pirschen durch die Ruinen. Das Bühnenbild ist perfekt realistisch gestaltet. Doch es steht sinnbildlich weniger für das Ende eines Staates, als einer Familie.
Farnace, der böse Sohn Mitridates, ist auf den ersten Blick der Hauptübeltäter. Der Counter-Tenor Bejun Metha singt die Gier, das Gefühl der Kränkung, die Rachegelüste des Mannes mit atemberaubender Leidenschaft. Er verfügt über eine technische Brillanz, die man selten hört. Sie ist dabei nie hohl virtuos, sondern immer ganz vital. Psychologisch genau zeigen Metha und all seine Mitspieler, worin die Ursachen für das Elend dieser Familie liegen: Es ist nicht der Krieg, die Bedrohung durch den äußeren Feind, es ist die Familie, Mitridate selbst, der Zuneigung und Vertrauen seinen Söhnen gegenüber ungleich verteilt und wohl immer ungleich verteilt hat. Beide, Sifare und Farnace, buhlen nur so um die Nähe des Vaters. Farnaces Gewalt ist lediglich ein Hilfsmittel zur ersehnten Anerkennung. Der Krieg kommt nicht von außen, sondern von innen.
"Grausames, unheilvolles Schicksal, der Schmerz soll uns töten" - Auch Aspasia und Sifare, klar und perlend gesungen von Myrtò Papatanasiu, sind in verbotener Liebe einander verfallen. Die Choreografie, mit der sie sich während dieses Duettes aufeinander zu bewegen wirkt ausgeklügelt und natürlich zugleich. Mit den letzten Worten stehen sie an der Rampe und schmettern ihre Soli. Die subtile und ausgefeilte Personenführung ist dem Regisseur Robert Carsen zu verdanken. Auch die Umdeutung des Mitridate-Dramas aus einer Zeit, als Kleinasien sich gegenüber dem lateinischen Imperium zur Wehr setzten mußte. Robert Carsen war klug genug, aus dem asiatischen Mitridate-Reich keinen islamischen Orient zu machen, der von den USA bedroht wird.
Dieser Brüsseler "Mitridate" macht alles richtig. Bis in die Statisten- und Nebelrollen hinein wie diese Ismene von Veronica Cangemi. Eine fesselnde, erhellende und kurzweilige Produktion - trotz des spröden Opera-Seria-Schemas, das der jugendliche Mozart mit seiner Komposition genial bedient hat. Und Mark Wigglesworth dirigierte das Opernorchester lebendig, zupackend und, wenn es sein musste, wie hier, mit leichter schleierartigen Transparenz.
"Entreiße die bedrückte Seele dem Schicksal" - Mitridates Verlobte, Aspasia, ist in Panik. Gegen den Gewalttäter Farnace fleht sie den anderen Sohn des Königs, den guten, Sifare, um Hilfe an. Mary Dunleavy verleiht der bedrängten jungen Aspasia einen volltönenden reifen Sopran, der sich im Verlaufe des Abends zunehmend freisingt. Im weißen Kleid hetzt sie über die Trümmer einer kriegszerstörte Residenz von heute. Die zerborstenen grauen Stahlbetonträger ragen in den leeren Raum. Soldaten in Kampfausrüstung und mit MGs im Anschlag pirschen durch die Ruinen. Das Bühnenbild ist perfekt realistisch gestaltet. Doch es steht sinnbildlich weniger für das Ende eines Staates, als einer Familie.
Farnace, der böse Sohn Mitridates, ist auf den ersten Blick der Hauptübeltäter. Der Counter-Tenor Bejun Metha singt die Gier, das Gefühl der Kränkung, die Rachegelüste des Mannes mit atemberaubender Leidenschaft. Er verfügt über eine technische Brillanz, die man selten hört. Sie ist dabei nie hohl virtuos, sondern immer ganz vital. Psychologisch genau zeigen Metha und all seine Mitspieler, worin die Ursachen für das Elend dieser Familie liegen: Es ist nicht der Krieg, die Bedrohung durch den äußeren Feind, es ist die Familie, Mitridate selbst, der Zuneigung und Vertrauen seinen Söhnen gegenüber ungleich verteilt und wohl immer ungleich verteilt hat. Beide, Sifare und Farnace, buhlen nur so um die Nähe des Vaters. Farnaces Gewalt ist lediglich ein Hilfsmittel zur ersehnten Anerkennung. Der Krieg kommt nicht von außen, sondern von innen.
"Grausames, unheilvolles Schicksal, der Schmerz soll uns töten" - Auch Aspasia und Sifare, klar und perlend gesungen von Myrtò Papatanasiu, sind in verbotener Liebe einander verfallen. Die Choreografie, mit der sie sich während dieses Duettes aufeinander zu bewegen wirkt ausgeklügelt und natürlich zugleich. Mit den letzten Worten stehen sie an der Rampe und schmettern ihre Soli. Die subtile und ausgefeilte Personenführung ist dem Regisseur Robert Carsen zu verdanken. Auch die Umdeutung des Mitridate-Dramas aus einer Zeit, als Kleinasien sich gegenüber dem lateinischen Imperium zur Wehr setzten mußte. Robert Carsen war klug genug, aus dem asiatischen Mitridate-Reich keinen islamischen Orient zu machen, der von den USA bedroht wird.
Dieser Brüsseler "Mitridate" macht alles richtig. Bis in die Statisten- und Nebelrollen hinein wie diese Ismene von Veronica Cangemi. Eine fesselnde, erhellende und kurzweilige Produktion - trotz des spröden Opera-Seria-Schemas, das der jugendliche Mozart mit seiner Komposition genial bedient hat. Und Mark Wigglesworth dirigierte das Opernorchester lebendig, zupackend und, wenn es sein musste, wie hier, mit leichter schleierartigen Transparenz.