Viele politische Akteure, zahllose Milizen im Land, die Lage in Libyen ist verworren. Seit wenigen Tagen erst ist eine Übergangsregierung im Amt, ob sie zu einer dauerhaften Stabilisierung führt, ist noch nicht abzusehen.
Und doch strebt Bundeskanzlerin Angela Merkel, CDU, mit Libyen eine ähnliche Lösung wie mit der Türkei an. Das sagte die CDU-Chefin gestern vor Delegierten der Berliner Landes-CDU. Um EU-Außengrenzen zu schützen gebe es keinen anderen Weg als Verabredungen mit Nachbarstaaten zu treffen.
Innenminister Thomas de Maiziere, CDU, hatte zuvor gesagt, dass er mit einem großen Andrang von Flüchtlingen aus Afrika rechne. Die Zahl von bis 200.000 Menschen, die in Libyen auf ihre Überfahrt warten, die de Maiziere gestern in Berlin nannte, kursiert schon länger aus Sicherheitskreisen.
Opposition skeptisch zu möglichem EU-Libyen-Deal
Professor Andreas Dittmann von der Universität Gießen kennt als Konfliktforscher die Lage in Libyen und sieht das Land als Sprungbrett auf der Flucht nach Europa. Dittmann im Deutschlandfunk: "Das ist eine realistische Gefahr. Das ist auch nichts, was neu erscheinen würde. Der kürzeste Weg von den Armenhäusern Subsahara Afrikas Weg durch die Sahara ans Mittelmeer ist der Weg durch Libyen. Das ist ein Faktor, der diese Route quasi vorgibt. Der andere die schon erwähnte Schwäche des libyischen Staates, keine Zollkontrollen, wo Schlepper Menschen aus Eritrea, aus Niger ins Land bringen können."
Die politische Opposition blickt mit den Erfahrungen im östlichen Mittelmeer skeptisch auf das Ansinnen eines EU-Libyen-Deals.
Luise Amtsberg, flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen, kritisiert im Deutschlandfunk dass weder in Griechenland noch der Türkei die Menschenrechte gewahrt werden und befürchtet, dass dies wegen des Flüchtlings-Deals hingenommen werde.
Amtsberg bezweifelt Erfolg des EU-Türkei-Abkommens
Luise Amtsberg: "Der Punkt ist, dass wir das menschenrechtlich vertretbar gestalten müssen. Und da hätte ich mir gewünscht, dass die Bundesregierung statt einer Einigung mit der Türkei einfach zuzustimmen, ohne das menschenrechtlich zu kontingentieren, dafür zu sorgen, dass die Türkei die Genfer Flüchtlingskonvention umsetzt, das wären richtige Schritte gewesen." Sie glaube nicht, dass das EU-Türkei-Abkommen wirklich dauerhaft funktionieren werde.
Derzeit kommen nach dem Ende der Balkanroute deutlich weniger Flüchtlinge in Deutschland an. Das teilte Bundesinnenminister Thomas de Maizière gestern in Berlin mit. Trotzdem übt die Bundesregierung Druck auf die Länder aus: Sie sollten laut Kanzleramtsminister Peter Altmaier die Zahl der Abschiebungen verdoppeln. "Wir hatten im letzten Jahr 37.220 freiwillige Rückkehrer und 22.200 Abgeschobene", sagte der CDU-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Ein realistischer Maßstab für 2016 wäre eine Verdoppelung dieser Zahlen. Da sind die Länder gefordert."
Auch die parteiinternen Debatten um die Flüchtlings- sowie Integrationspolitik gehen weiter, es bleibt das dominierende innenpolitische Thema:
Ramelow: Die Ängste der Menschen ernstnehmen
Angesichts des Anstiegs der Umfragewerte der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland hat Thüringens linker Ministerpräsident Bodo Ramelow scharfe Kritik am Kurs seiner Partei geäußert. "Wir müssen endlich die Ängste der Menschen ernst nehmen und uns mit ihnen auseinandersetzen, statt sie zu bekämpfen", sagte Ramelow der "Thüringer Allgemeinen".
Der Thüringer Regierungschef kritisierte Vertreter seiner Partei, die versuchten, "die Tonlage der AfD zu imitieren". Dabei griff er auch die Bundestagsfraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht an.
Die Bundesvorsitzende der Grünen, Simone Peter forderte nach dem Rückgang der Flüchtlingszahlen in Deutschland in der Neuen Osnabrücker Zeitung, freie Plätze in den Erstaufnahmeeinrichtungen zur Entlastung Griechenlands zu nutzen. Die Grünen treffen sich heute in Berlin zu einem sogenannten Länderrat, der wie ein kleiner Parteitag ausgelegt ist.