Mittagspause in der Bar Ketty am Mailänder Stadtrand. Wenige Tische, wenige Gäste. Das Angebot ist nicht sehr verlockend: Pasta aus der Mikrowelle, ein paar müde Salatblätter oder panini, belegte Brötchen stehen zur Wahl. Francesco Strana nimmt ein Brötchen mit Kochschinken, das geht schnell und viel Zeit hat er nicht. Die Arbeit wartet. Francesco ist Informatiker in einem großen Telekommunikationsunternehmen in Mailand.
"Gegenüber der Situation im Süden, ist mir hier ein Wunder passiert. Ich habe Arbeit gefunden ohne irgendeinen Fürsprecher. Die Chancen, die sich mir hier eröffnet haben, hätte ich "unten" nie bekommen, das ist sicher."
"Unten", das heißt: in Süditalien. Francesco Strana stammt aus Kalabrien. Nach der Schule entschloss er sich, im Norden zu studieren und im Norden zu bleiben. Seit zehn Jahren fährt er nur noch in den Ferien nach Kalabrien und jedes Mal kommt ihm seine Heimat fremder vor.
"Die "Arbeit" wird dort anders wahrgenommen, sagt er. Ein Arbeitsplatz ist dort ein Gefallen, den dir jemand tut. Du kannst dich anstrengen, du kannst gut sein, trotzdem musst du dankbar sein für dieses Geschenk, Das liegt an dem mafiösen Klientelsystem des Südens, aber auch daran, dass Arbeit rar ist. Es hat keinen Sinn, sich über diese Dinge aufzuregen, es ist einfach so."
Was Francesco Strana dagegen sehr aufregt, sind die Fördergelder des italienischen Staates und der Europäischen Union für die armen Regionen in Süditalien. Dieses Geld fließt seiner Meinung nach in die Taschen der organisierten Kriminalität, die damit wiederum das Klientelsystem am Leben erhält.
"Seit Jahren fließen diese Hilfsgelder und gebracht haben sie nichts oder nicht viel. Sagen wir so: Ein Teil von ihnen kommt durchaus bei der Bevölkerung an, allerdings indirekt, durch die organisierte Kriminalität, die damit Leute bezahlt, die für Unternehmen arbeiten, die von der Mafia infiltriert sind."
Das Problem ist natürlich auch in Brüssel bekannt. Deshalb sind Fördergelder an Vorgaben geknüpft, die Transparenz zur Pflicht machen, die jedoch oft nicht erfüllt werden von den regionalen Verwaltungen. Die Region Kampanien mit Neapel als Hauptstadt konnte die ihr zugedachten finanziellen Hilfsfonds in den vergangenen Jahren gar nicht voll ausschöpfen, weil die Vergabekriterien in einigen Fällen nicht erfüllt waren. Trotzdem - so ist Francesco Strana überzeugt - ließe sich selbst mit noch strengeren Richtlinien kaum verhindern, dass die Fördergelder aus Brüssel in die falschen Hände geraten.
"Man kann die Kontrollen verschärfen, aber diese Leute sind schlau. Sie werden es immer schaffen, die Dinge so aussehen zu lassen, wie es vorgeschrieben ist. So ist es bisher gelaufen und so wird es weiter laufen, es sei denn man packt das Problem an der Wurzel."
Francesco hält einen Moment inne. Notwendig ist für ihn zunächst einmal das Eingeständnis des italienischen Staates, die Kontrolle über einen Teil des Staatsgebietes verloren zu haben. Verloren an eine kriminelle Vereinigung.
Die europäische Union müsste die Zuteilung ihrer Finanzmittel auf der Basis dieser Information dann selbst in die Hand nehmen und die geförderten Projekte selbst überwachen, meint Francesco.
Er ist sich im Klaren darüber, dass seine Forderung mit geltendem EU-Recht nicht zu vereinbaren ist. Langsam greift er zur Papierserviette und wischt sich die Lippen ab. Auf seiner Stirn haben sich feine Schweißperlen gebildet.
"Diese EU-Gelder helfen doch nur diesen Kriminellen, die sitzen überall, in den Baufirmen, und auf den politischen Posten, die Bauaufträge vergeben."
Mit dieser Meinung steht Francesco Strana nicht allein.
"Bis heute gibt es hier keine politische Klasse, die genug Anstand hat, um Fördergelder nach objektiven Kriterien zu vergeben" sagt etwa Francesco Mollace, Sprecher eines Forums, in dem sich Vereine und Arbeitskooperativen aus der Provinz von Locri an der Ionischen Küste zusammengeschlossen haben.
"Öffentliche Gelder schieben unsere Politiker, egal ob politisch rechts oder links, ihren jeweiligen Freunden zu" so sein Urteil.
"Gegenüber der Situation im Süden, ist mir hier ein Wunder passiert. Ich habe Arbeit gefunden ohne irgendeinen Fürsprecher. Die Chancen, die sich mir hier eröffnet haben, hätte ich "unten" nie bekommen, das ist sicher."
"Unten", das heißt: in Süditalien. Francesco Strana stammt aus Kalabrien. Nach der Schule entschloss er sich, im Norden zu studieren und im Norden zu bleiben. Seit zehn Jahren fährt er nur noch in den Ferien nach Kalabrien und jedes Mal kommt ihm seine Heimat fremder vor.
"Die "Arbeit" wird dort anders wahrgenommen, sagt er. Ein Arbeitsplatz ist dort ein Gefallen, den dir jemand tut. Du kannst dich anstrengen, du kannst gut sein, trotzdem musst du dankbar sein für dieses Geschenk, Das liegt an dem mafiösen Klientelsystem des Südens, aber auch daran, dass Arbeit rar ist. Es hat keinen Sinn, sich über diese Dinge aufzuregen, es ist einfach so."
Was Francesco Strana dagegen sehr aufregt, sind die Fördergelder des italienischen Staates und der Europäischen Union für die armen Regionen in Süditalien. Dieses Geld fließt seiner Meinung nach in die Taschen der organisierten Kriminalität, die damit wiederum das Klientelsystem am Leben erhält.
"Seit Jahren fließen diese Hilfsgelder und gebracht haben sie nichts oder nicht viel. Sagen wir so: Ein Teil von ihnen kommt durchaus bei der Bevölkerung an, allerdings indirekt, durch die organisierte Kriminalität, die damit Leute bezahlt, die für Unternehmen arbeiten, die von der Mafia infiltriert sind."
Das Problem ist natürlich auch in Brüssel bekannt. Deshalb sind Fördergelder an Vorgaben geknüpft, die Transparenz zur Pflicht machen, die jedoch oft nicht erfüllt werden von den regionalen Verwaltungen. Die Region Kampanien mit Neapel als Hauptstadt konnte die ihr zugedachten finanziellen Hilfsfonds in den vergangenen Jahren gar nicht voll ausschöpfen, weil die Vergabekriterien in einigen Fällen nicht erfüllt waren. Trotzdem - so ist Francesco Strana überzeugt - ließe sich selbst mit noch strengeren Richtlinien kaum verhindern, dass die Fördergelder aus Brüssel in die falschen Hände geraten.
"Man kann die Kontrollen verschärfen, aber diese Leute sind schlau. Sie werden es immer schaffen, die Dinge so aussehen zu lassen, wie es vorgeschrieben ist. So ist es bisher gelaufen und so wird es weiter laufen, es sei denn man packt das Problem an der Wurzel."
Francesco hält einen Moment inne. Notwendig ist für ihn zunächst einmal das Eingeständnis des italienischen Staates, die Kontrolle über einen Teil des Staatsgebietes verloren zu haben. Verloren an eine kriminelle Vereinigung.
Die europäische Union müsste die Zuteilung ihrer Finanzmittel auf der Basis dieser Information dann selbst in die Hand nehmen und die geförderten Projekte selbst überwachen, meint Francesco.
Er ist sich im Klaren darüber, dass seine Forderung mit geltendem EU-Recht nicht zu vereinbaren ist. Langsam greift er zur Papierserviette und wischt sich die Lippen ab. Auf seiner Stirn haben sich feine Schweißperlen gebildet.
"Diese EU-Gelder helfen doch nur diesen Kriminellen, die sitzen überall, in den Baufirmen, und auf den politischen Posten, die Bauaufträge vergeben."
Mit dieser Meinung steht Francesco Strana nicht allein.
"Bis heute gibt es hier keine politische Klasse, die genug Anstand hat, um Fördergelder nach objektiven Kriterien zu vergeben" sagt etwa Francesco Mollace, Sprecher eines Forums, in dem sich Vereine und Arbeitskooperativen aus der Provinz von Locri an der Ionischen Küste zusammengeschlossen haben.
"Öffentliche Gelder schieben unsere Politiker, egal ob politisch rechts oder links, ihren jeweiligen Freunden zu" so sein Urteil.