Das wohl wichtigste Haus der Stadt Guben existiert nur noch in der Erinnerung - und auch aus dieser mußte es vor wenigen Jahren erst mühsam wieder hervorgeholt werden. Lars Scharnholz, Professor an der TH Cottbus, machte sich mit Studenten daran, auf einem ehemaligen Weinberg über der Neiße die Fundamente einer Villa auszugraben, die hier bis vor gut 60 Jahren gestanden hat, deren historische Bedeutung in der Stadt unterdessen weitgehend vergessen war.
Doch das so genannte "Haus Wolf", das hier einmal stand, ist an Bedeutung gar nicht zu überschätzen. Mies van der Rohe - damals noch ein eher unbekannter Architekt, der bis dahin hauptsächlich Stadtvillen in klassizistischer Manier entworfen hatte - erbaute es 1927 im Auftrag des Gubener Tuchfabrikanten und Kunstsammlers Erich Wolf. Dieser wünschte sich eine betont sachliche und funktionale Architektur - und ließ Mies weitgehend freie Hand.
Das Resultat war ein Haus, in dem der Architekt erstmals seine Vorstellungen vom so genannten "Neuen Bauen" verwirklichen konnte. Die Komposition des Hauses bestand aus einer asymetrischen Anordnung flacher Quader unterschiedlicher Größe. Der Grundriss zeigt fließend ineinander übergehende, zugleich gegeneinander versetzter Räume, die man in einer Art Slalom durchwandern musste, und durch die die grandiose Aussicht auf die umgebende, üppige Neißelandschaft bald verstellt und bald wieder geöffnet wurde.
Das Haus, so zeigen es die wenigen erhaltenen Fotografien jener Zeit, wirkte einerseits wie ein abstraktes Monument innerhalb der Landschaft, von innen betrachtet aber zugleich wie ein gebauter Rahmen für diese. Eine Art Guckkasten, der raffiniert mit immer neuen Perspektiven spielte.
Der strenge Bau, der an so exponierter Stelle über der Stadt thronte, war damals offenbar bereits nicht nur Stadtgespräch. Architekturhistoriker sehen in ihm den Anfang des "Neuen Bauens" schlechthin - die Initialzündung, durch die die Visionen des Bauhauses von der Theorie in die Praxis überführt wurden.
Manche Experten halten das "Haus Wolf" daher für noch entscheidender als das berühmte "Haus Tugendhaft" in Brünn, in dem Mies van der Rohes revolutionärer Stil zwei Jahre später zum ersten Mal in Perfektion ausgeführt wurde. Oder den von aller Zweckbindung freien "Deutschen Pavillon" auf der Weltausstellung in Barcelona, 1928. Erst mit dem "Haus Wolf", so heißt es heute, wurde Mies zur eigentlichen Vaterfigur der architektonischen Moderne.
Es ist der derzeit stattfindenden Internationale Bau-Ausstellung "Fürst Pückler Land" in der Brandenburgischen Lausitz zu danken, dass sie sich dieses Erinnerungsprojektes an prominenter Stelle angenommen hat. Sichtbarstes Zeichen dafür ist die so genannte "Mies-Memory-Box": Ein transportables Architekturmuseum im Miniformat, das auf Initiative der IBA zunächst am ehemaligen Standort des "Hauses Wolf" aufgestellt wurde, um über dessen Geschichte zu informieren.
Die zufällige Lage dieses heute verwaisten Grundstücks - unmittelbar über der Neiße, die heute die deutsch-polnische Grenze markiert - provoziert geradezu die Reflexion über Auswirkungen und Verlauf nicht nur der architektonischen Moderne. Auf der gegenüberliegenden Seite liegt heute die polnische Stadthälfte Gubin. Doch vor dem Krieg war diese Moderne ein westöstliches Projekt.
Spätestens jedoch in den frühen 30er Jahren - nach zahlreichen ästhetischen Säuberungsaktionen durch diktatorische Regime in Europa - wanderten die Protagonisten des "Neuen Bauens" vor allem nach Amerika aus. Das "Haus Wolf" wurde - wie so viele andere frühe Zeugnisse der Moderne in Europa - gegen Ende des Zweiten Weltkrieges völlig zerstört.
Die "Mies-Memory-Box" wird nach Guben und Wroclaw, dem früheren Breslau, jetzt in Berlin auf dem Gelände des Bauhaus-Archivs aufgestellt, und danach über zahlreiche weitere Stationen durch Europa wandern. Ziel, so sagen die Initiatoren der "Internationalen Bauausstellung", sei es, eine Rekonstruktion in der Erinnerung zu schaffen.
Anders also, als im Fall der wiederhergestellten Stadtschlösser, Ortskerne und Kirchen nach der Wende, ist erst einmal nicht daran gedacht, die verlorenen modernen Bauten wiederzuerrichten. Viel wichtiger scheint, dass überhaupt wieder über sie gesprochen wird.
Doch das so genannte "Haus Wolf", das hier einmal stand, ist an Bedeutung gar nicht zu überschätzen. Mies van der Rohe - damals noch ein eher unbekannter Architekt, der bis dahin hauptsächlich Stadtvillen in klassizistischer Manier entworfen hatte - erbaute es 1927 im Auftrag des Gubener Tuchfabrikanten und Kunstsammlers Erich Wolf. Dieser wünschte sich eine betont sachliche und funktionale Architektur - und ließ Mies weitgehend freie Hand.
Das Resultat war ein Haus, in dem der Architekt erstmals seine Vorstellungen vom so genannten "Neuen Bauen" verwirklichen konnte. Die Komposition des Hauses bestand aus einer asymetrischen Anordnung flacher Quader unterschiedlicher Größe. Der Grundriss zeigt fließend ineinander übergehende, zugleich gegeneinander versetzter Räume, die man in einer Art Slalom durchwandern musste, und durch die die grandiose Aussicht auf die umgebende, üppige Neißelandschaft bald verstellt und bald wieder geöffnet wurde.
Das Haus, so zeigen es die wenigen erhaltenen Fotografien jener Zeit, wirkte einerseits wie ein abstraktes Monument innerhalb der Landschaft, von innen betrachtet aber zugleich wie ein gebauter Rahmen für diese. Eine Art Guckkasten, der raffiniert mit immer neuen Perspektiven spielte.
Der strenge Bau, der an so exponierter Stelle über der Stadt thronte, war damals offenbar bereits nicht nur Stadtgespräch. Architekturhistoriker sehen in ihm den Anfang des "Neuen Bauens" schlechthin - die Initialzündung, durch die die Visionen des Bauhauses von der Theorie in die Praxis überführt wurden.
Manche Experten halten das "Haus Wolf" daher für noch entscheidender als das berühmte "Haus Tugendhaft" in Brünn, in dem Mies van der Rohes revolutionärer Stil zwei Jahre später zum ersten Mal in Perfektion ausgeführt wurde. Oder den von aller Zweckbindung freien "Deutschen Pavillon" auf der Weltausstellung in Barcelona, 1928. Erst mit dem "Haus Wolf", so heißt es heute, wurde Mies zur eigentlichen Vaterfigur der architektonischen Moderne.
Es ist der derzeit stattfindenden Internationale Bau-Ausstellung "Fürst Pückler Land" in der Brandenburgischen Lausitz zu danken, dass sie sich dieses Erinnerungsprojektes an prominenter Stelle angenommen hat. Sichtbarstes Zeichen dafür ist die so genannte "Mies-Memory-Box": Ein transportables Architekturmuseum im Miniformat, das auf Initiative der IBA zunächst am ehemaligen Standort des "Hauses Wolf" aufgestellt wurde, um über dessen Geschichte zu informieren.
Die zufällige Lage dieses heute verwaisten Grundstücks - unmittelbar über der Neiße, die heute die deutsch-polnische Grenze markiert - provoziert geradezu die Reflexion über Auswirkungen und Verlauf nicht nur der architektonischen Moderne. Auf der gegenüberliegenden Seite liegt heute die polnische Stadthälfte Gubin. Doch vor dem Krieg war diese Moderne ein westöstliches Projekt.
Spätestens jedoch in den frühen 30er Jahren - nach zahlreichen ästhetischen Säuberungsaktionen durch diktatorische Regime in Europa - wanderten die Protagonisten des "Neuen Bauens" vor allem nach Amerika aus. Das "Haus Wolf" wurde - wie so viele andere frühe Zeugnisse der Moderne in Europa - gegen Ende des Zweiten Weltkrieges völlig zerstört.
Die "Mies-Memory-Box" wird nach Guben und Wroclaw, dem früheren Breslau, jetzt in Berlin auf dem Gelände des Bauhaus-Archivs aufgestellt, und danach über zahlreiche weitere Stationen durch Europa wandern. Ziel, so sagen die Initiatoren der "Internationalen Bauausstellung", sei es, eine Rekonstruktion in der Erinnerung zu schaffen.
Anders also, als im Fall der wiederhergestellten Stadtschlösser, Ortskerne und Kirchen nach der Wende, ist erst einmal nicht daran gedacht, die verlorenen modernen Bauten wiederzuerrichten. Viel wichtiger scheint, dass überhaupt wieder über sie gesprochen wird.