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Die Miniermotte mit natürlichen Feinden bekämpfen

Bei der Bekämpfung der Rosskastanien-Miniermotte haben Schweizer Forscher um den Biologen Patrik Kehrli von der Universität Bern einen ersten Teilerfolg erzielt. Ihnen ist es gelungen, Laubcontainer als Massenschlupfanlagen zu verwenden, aus denen die Schlupfwespen, die natürliche Gegenspieler der Motten, in großen Mengen entweichen.

Von Lutz Reidt |
    Der Anteil von Motten, die parasitiert wurde durch die Nützlinge, durch die Schlupfwespen, war etwa doppelt so hoch wie in den letzten beiden Jahren, aber nicht höher als auf Bäumen, wo wir keine Container aufgehängt haben. Die Schlupfwespen haben sich in unseren Augen über die ganze Allee verteilt und nicht nur auf den Bäumen, wo wir sie aufgehängt haben. Das heißt, wenn wir isolierte Bäume hätten, hätten wir auch eher Möglichkeiten, dass sie dort bleiben und einen größeren Effekt erzielen. Und dann ist es mit Sicherheit so, dass der Einfluss größer wäre und einfacher festzustellen, wenn wir mehr Container mit mehr Laub aufhängen würden.

    Für die biologische Bekämpfung der Rosskastanien-Miniermotte sammeln die Schweizer Forscher um Patrik Kehrli im Herbst welkes Kastanien-Laub ein. Bislang ist es in der Praxis üblich, diese Blätter zu kompostieren oder zu verbrennen. Darin stecken nämlich viele Puppen der Miniermotte, die ansonsten im nächsten Frühjahr als Falter schlüpfen und die frisch belaubten Kastanienbäume befallen würden.

    Mit dem Laub verbrennen jedoch nicht nur die Puppen der Motten, sondern auch die Puppen von Schlupfwespen, die als natürliche Feinde die Schädlinge dezimieren könnten. Hier setzen die Schweizer Forscher an: sie stopfen das welke Laub mitsamt den verpuppten Bewohnern in die Laub-Container. Diese fassen etwa 200 Liter und sind gut ein Meter hoch. Mit Gummiseilen werden sie dann im Frühjahr im Astwerk der Kastanienbäume befestigt. Die Schlupfwespen entweichen daraus und suchen nach Nahrung in den Blättern der Kastanienbäume:

    Die Miniermotten fressen sich in das Blatt rein und haben dort praktisch Minen und dann gibt es Schlupfwespen, die suchen einfach nach Stellen, wo sie landen können und dann suchen sie die Mine und versuchen dann, in der Larve, die in dieser Mine ist, ein Ei abzulegen. Das heißt, sie durchdringen mit ihrem Stachel die obere Blatthaut und legen ein Ei rein. Und aus dieser Mine schlüpft dann eine kleine Larve, die sich dann aus der Schädlingslarve groß frisst.

    Und die Miniermotten-Larve kommt dabei um. Wichtig ist, dass eine feinmaschige Textilplane in den grünen Laubcontainern nur die winzigen Nützlinge entweichen lässt, nicht aber die dreimal so großen Miniermotten aus dem Vorjahr, die ebenfalls im Laub überwintert haben.

    Damit die Schlupfwespen möglichst viele Raupen der Miniermotte befallen, haben die Schweizer Wissenschaftler den Schlupf der Nützlinge verzögert. Und zwar durch Kühlen des Laubes. Denn normalerweise schlüpfen die Nützlinge von Natur aus bereits Ende April. Die erste Generation der Mottenlarven, in denen die Wespen ja dann ihre Eier ablegen sollen, taucht aber erst vier bis sechs Wochen später auf, wie Dr. Horst Bathon von der Biologischen Bundesanstalt in Darmstadt einwendet:

    Wenn wir jetzt diese Parasitoide einsetzen wollen, dann müssten wir die geschlüpften Individuen erst einmal über diese Durststrecke hinweg bringen, gegebenfalls gekühlt; dazu müssen mit Sicherheit noch eine ganze Reihe von Untersuchungen durchgeführt werden, um zu sehen ob das funktioniert. Auch dürfte es einen sehr großen Aufwand bedeuten, das entsprechende Fall-Laub in die Behälter hinein zu bringen, die mit Öffnungen versehen sind, die zum einen die schlüpfenden Falter zurückhalten, zum anderen die Parasitoide herauslassen.

    Inwieweit die Gartenämter in den Großstädten diesen Forschungsansatz aufgreifen, bleibt offen. In Berlin zum Beispiel sind viele tausend Rosskastanien befallen. In jede eine Tonne mit Nützlingen zu stellen, dürfte kaum machbar sein. Daher möchten die Schweizer Forscher die Effizienz ihrer Laubcontainer an kleineren Standorten optimieren, beispielsweise in Biergärten, wo nur wenige Rosskastanien isoliert von anderen Vorkommen stehen.