"Good Morning!"
Da steht der New Yorker Kardinal Timothy Dolan im Metropolitan Museum und fragt sich: warum eigentlich? Schließlich gehe es um eine Modeausstellung.
"Sie mögen sich fragen: was macht die Kirche hier? Warum ist sie Teil all dessen? Sie mögen sich fragen: was macht der Kardinal und Erzbischof von New York hier?"
"Heavenly Bodies", Himmlische Körper, so heißt die jüngste Modeausstellung des Met. Kurator Andrew Bolton ist damit ein echter Coup gelungen, der ihm und dem riesigen Museumskomplex am Central Park viel Aufmerksamkeit einbringen dürfte.
"Vier Anläufe hat es gebraucht"
Zum einen hat Bolton es vermocht, das Labyrinth des Vatikans zu durchdringen und 40 päpstliche Kleidungsstücke aus Rom nach New York zu holen. Darunter etwa ein üppig golden schimmernder Mantel von Papst Pius IX. aus dem 19. Jahrhundert, bestickt mit zahlreichen Bibelszenen, oder auch die ungleich schlichtere weiße Soutane von Johannes Paul II. und seine purpurnen Schuhe.
"Es gab so viele falsche Anfänge. Wir drangen einfach nicht zu den richtigen Leuten durch. Vier Anläufe hat es gebraucht. Dann erst habe ich verstanden: die Kleidungsstücke gehören nicht zum Vatikanischen Museum. Sondern zur Sakristei der Sixtinischen Kapelle."
Der Durchbruch für den Museumsmann kommt dank Georg Gänswein. Kurienerzbischof der Römisch-Katholischen Kirche, Präfekt des Päpstlichen Hauses und einer der beiden Privatsekretäre Benedikts XVI.. Gänswein genehmigt das Projekt.
Galliano und Gaultier ließen sich inspirieren
Die päpstlichen Gewänder, je nach Lesart prunkvoll-überladene Insignien der Macht oder Ausdrucks des göttlichen Schönen, kombiniert Bolton - ausgerechnet - mit John Galliano oder mit Jean Paul Gaultier. Das ist sein zweiter Coup. Im Metropolitan am Central Park genauso wie in den Cloisters im Norden von Manhattan, effektvoll ausgeleuchtet, prunkvoll in Szene gesetzt, umgeben von mittelalterlicher Kunst, musikalisch untermalt.
Es sind - wie es heißt: katholisch inspirierte - Roben und Engelsgewänder, teils freizügig ausgeschnitten, teils Gewändern für Päpstinnen ähnlich. Blasphemie?
"Ja, diesen Gedanken gab es natürlich. Zwar sind 90 Prozent der Modedesigner in unserer Ausstellung katholisch, aber sie nutzen diese Bildwelten aus unterschiedlichen Gründen. Einige sicher zur Provokation, Konfrontation. Für andere, wie Balenciaga, ist es eine Feier des Schönen im Katholizismus. Er war tiefgläubiger Katholik, ging jeden Tag zur Kirche. Für die meisten Designer aber scheint sich mir hier Nostalgie auszudrücken."
"Der perfekte Dreier"
Kreuze, Kronen, Engelsflügel - zur großen Eröffnungs-Gala spielten viele Stars mit dem Bilderschatz der Kirche. Sängerin Rihanna war da, Designer Marc Jacobs, George Clooney und - natürlich - Madonna. In einer schwarzen Robe von Jean Paul Gaultier, dazu eine Krone mit Kreuzen. Madonna sagt:
"Religion und Spiritualität prägen die Arbeit meiner gesamten Karriere. Auch Mode - das zu kombinieren ist die perfekte Ehe. Und hier ist Jean Paul - und dann ist es der perfekte Dreier."
Blasphemie einerseits, der barocke Prunk der Katholischen Kirche andererseits, dazu der Glanz der Stars - all das garantiert der Ausstellung öffentlichkeitswirksame Kontroversen. Und was sagt der New Yorker Kardinal zu alledem? Die Kirche und die katholische Fantasie der Ausstellung stünden für Dreierlei: Wahrheit, das Gute und die Schönheit.