Wenn, wie in den letzten Monaten, Ausstellungen nahezu ungesehen wieder abgebaut werden, so ist das nach den blanken Zahlen eine Katastrophe. Über Jahre vorbereitete Transporte von Exponaten, manchmal aus aller Welt, Honorare, Versicherungs- und Leihgebühren - alles für die Katz.
Traurig liegen die fertig gedruckten Kataloge in den geschlossenen Museumsshops. Die wenigen festangestellten Mitarbeiterinnen ziehen sich in ihre Büros zurück und beugen sich über liegengebliebene Schreibtischarbeit. Für alle anderen - die Saalwachen, die Studierenden, die Führungen anbieten, die Pädagoginnen, die Kinder betreuen - ist es aber, als sei ein Biotop trockengelegt worden, das ihnen bislang das blanke Überleben sichert.
Wenn sich, wie bei Corona üblich, ohnehin alles nur noch um Zahlen dreht, dann kann man Museen auch als Vergnügungsanstalten neben Spielhallen und Bordellen einordnen. Auch diese werden schließlich an ihren Zahlen gemessen.
Und so könnten auch den Museen in den nächsten Jahren die Gelder zusammengestrichen werden, wenn Landesrechnungshöfe – formal natürlich korrekt – darauf verweisen, während der Coronakrise hätte eindeutig viel zu wenig Publikum die teuren Ausstellungen gesehen.
Sponsoren als Retter?
Dann bliebe den Museen nur noch der Bittgang zu privaten Sponsoren, zum Beispiel bei der Pharmaindustrie, die ja gerade eine besondere Blüte erlebt. Dumm nur, dass die Museen in den letzten Jahren so ihre Mühe mit Sponsoren nicht nur aus dem Pharmabereich hatten und doch eigentlich unabhängiger von wirtschaftlichen Interessen werden wollten.
Kunsthallen-Direktorin: "Wir können logistisch innerhalb von zwei Tagen öffnen"
Museen bieten weitläufige Räumlichkeiten und viel Wissen für Schüler. "Viele unserer Inhalte sind auch in einem Schulcurriculum vorhanden", sagte Christina Végh, Direktorin der Bielefelder Kunsthalle, im Dlf.
Museen bieten weitläufige Räumlichkeiten und viel Wissen für Schüler. "Viele unserer Inhalte sind auch in einem Schulcurriculum vorhanden", sagte Christina Végh, Direktorin der Bielefelder Kunsthalle, im Dlf.
Wenn dann plötzlich, wie Anfang dieses Monats, doch wieder Publikum kommen darf, und ein paar Wochen später, wie jetzt gerade, alles wieder geschlossen wird oder manchmal auch nicht geschlossenen wird - je nach Bundesland, Kommune, Stadtverwaltung -, dann ist das Erwachen aus dem Dornröschenschlaf für die Museen besonders schlimm.
Ein gewisses nihilistisches Grundgefühl breitet sich aus. Museumsdirektorinnen, die sich bislang trotzig gegen die notverordnete Nachbarschaft ihrer Häuser mit dem horizontalen Gewerbe gewehrt hatten, schwant plötzlich die resignierte Einsicht, dass es die Politik mit der systematischen Entwertung der Kultur in Notzeiten vielleicht doch ernst meinen könnte. Der Schlaf der Vernunft gebiert eben wahre Ungeheuer.
Ruhe kann auch guttun
Aber was bedeutet das für die Kunst selbst? Manche behaupten ja, die Bilder spüren es, wenn sie gesehen werden: Sie glänzen, wenn sie sich dem Publikum zeigen und verblassen im Depot, wenn sie niemand beachtet. Aber im Gegensatz zu den Museen muss sich um die Kunst nun wirklich niemand Sorgen machen: Manchen Werken tut der Zwangsurlaub vom Kulturrummel auch mal ganz gut. Vielleicht entsteht dadurch sogar bessere Kunst.