"Nahezu eine halbe Million bester deutscher Männer stehen heute bereits unter unseren Fahnen. Nicht lange, und ihre Zahl wird sich verdoppelt haben. Die Führung dieses besten deutschen Blutes schließt eine ungeheure Verantwortung in sich. Wir Führer sind uns dieser Verantwortung voll bewusst. Unser Führer Adolf Hitler kann sich zu jeder Minute auf seine SA verlassen. Sie wird ihre Pflicht tun. Heil Hitler!"
Als Ernst Röhm am 29. Juni 1934 im Zimmer 7 des Kurheim Hanselbauer am Tegernsee zu Bett ging, war er einer der mächtigen Männer des Dritten Reiches: Als Parteigenosse der ersten Stunde und Teilnehmer am Hitlerputsch 1923 in München war er einer der wenigen Duzfreunde Hitlers. Inzwischen war Röhm Stabschef der SA - der Sturmabteilung - und Reichsminister ohne Geschäftsbereich; hinter ihm standen vier Millionen SA-Männer, die die nationalsozialistische Revolution auf der Straße mit brutalem Terror, Folter und hundertfachen Mord vorantrieben. Am Tegernsee war er, weil ihn Hitler aufgefordert hatte, dort eine Führertagung der SA abzuhalten. Danach, im Juli 1934, sollte die SA erst mal Urlaub machen, sich von den Strapazen des Machtkampfes auf der Straße erholen.
Als Ernst Röhm jedoch am nächsten Morgen aufwachte, stand der "Führer" persönlich vor seinem Bett, schreiend, gestikulierend, mit einer Pistole bewaffnet, ihn als "Verräter" beschimpfend. Hitler, der sich sonst immer aus aktiven Gewalttätigkeiten herausgehalten hatte, verhaftete seinen alten Kampfgenossen persönlich. Am nächsten Tag ließ Hitler Ernst Röhm erschießen. Die Begründung lieferte er zwei Wochen später vor dem gleichgeschalteten Reichstag.
"Meuternde Divisionen hat man zu allen Zeiten durch Dezimierung wieder zur Ordnung gerufen. Ich habe den Befehl gegeben, die Hauptschuldigen an diesem Verrat zu erschießen, und ich gab weiter den Befehl, die Geschwüre unserer inneren Brunnenvergiftung und der Vergiftung des Auslandes auszubrennen bis auf das rohe Fleisch."
Es ist viel spekuliert worden, was es mit diesem Ereignis auf sich hatte, das als "Röhm-Putsch" oder "Nacht der langen Messer" in die Geschichte eingegangen ist. Wenn der Rädelsführer jedoch schlafend im Bett überrumpelt wird, dann ist die These vom "Putsch" wohl schwer haltbar. Auch Hitlers gespielte Überraschung, dass Ernst Röhm homosexuell war, nahm schon damals niemand ernst, wie ein Witz aus dieser Zeit zeigt.
Der Führer zeigte sich schockiert, als er von Röhms Homosexualität erfuhr - wie schockiert wird er erst sein, wenn er erfährt, dass Göring dick ist und Goebbels humpelt.
Was also trieb Hitler an, im Sommer 1934, anderthalb Jahre nach der Machtübernahme, den Führer der Organisation zu ermorden, die ihm gerade erst zur Macht auf der Straße verholfen hatte?
Die Machtübernahme am 30. Januar 1933 war zunächst eine formal-politische gewesen: Reichspräsident Hindenburg hatte Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannt. Noch teilte sich die NSDAP die Regierungsmacht mit der Deutschnationalen Volkspartei. Drei nationalsozialistischen standen fünf konservative Minister gegenüber. Diese Konstellation barg die Hoffnung konservativer und deutschnationaler Kreise, dass die Nationalsozialisten durch die Einbindung ihr radikales Übermaß abschleifen würden, dass sich die Straßenkämpfe zwischen Rechts und Links beruhigen würden, dass die sozialrevolutionären Tendenzen der SA gezähmt würden.
Dieser von Hitler bevorzugte legalistische Weg zur Macht hatte unschätzbare Vorteile: Er verschaffte den Nazis Legitimität, gab ihnen die Möglichkeit, politische Schaltstellen mit eigenen Leute zu besetzen und Gegner auszuschalten. Die Reichstagsbrandverordnung und das Ermächtigungsgesetz machten den Weg frei, Deutschland bis zur Kapitulation 1945 unter einen weitgehenden Ausnahmezustand zu stellen.
Das war die Revolution von oben. Sie wäre aber nicht möglich gewesen ohne eine revolutionäre Bewegung von unten, ohne Straßenterror, Einschüchterung und physische Gewalt. Gerade im Frühjahr und Sommer 1933 wurde die Gewalt oft entfesselt. SA und SS erlangten nun überall Hilfspolizeifunktionen. Eine Armbinde machte aus einer Schlägertruppe kurzerhand vermeintliche Staatsdiener. Sie verhafteten Nazigegner, okkupierten Rathäuser, Redaktionen, Gewerkschaftsbüros, Finanzämter, Gerichte, zwangen Amtsträger aus dem Amt und besetzten Stellen mit Nationalsozialisten. Sie sprengten sogar Versammlungen der Deutschnationalen - mit denen sich die Nationalsozialisten noch die Regierungsmacht teilten. Der damalige Chef der Politischen Abteilung des Berliner Polizeipräsidiums, Rudolf Diels, berichtete über die Willkür auf den Berliner Straßen in den Wochen nach dem Reichstagsbrand:
Nicht nur die Kommunisten, sondern jeder, der sich einmal gegen Hitlers Bewegung ausgesprochen hatte, war gefährdet. SA-Männer zerstörten die Einrichtung der Wohnung des Sohnes des Reichspräsidenten Ebert. Sie drangen in die Wohnungen der Besitzer der Verlagshäuser Ullstein und Mosse ein. Von den Mitgliedern der Weltbühne verschleppten sie, wessen sie habhaft werden konnten. SA-Führer gingen nicht mehr zu Fuß. Die heiter gestimmten Sieger brausten in eleganten Autos über den Kurfürstendamm und die Linden. Fabrikanten oder Kaufleute hatten ihnen die Wagen zur Verfügung gestellt oder geschenkt, um ihre Protektion zu gewinnen. Juden und Demokraten waren die Wagen einfach weggenommen worden. In diesen Märztagen entstanden die Konzentrationslager um Berlin. In den einzelnen Stadtteilen entstanden "Privatgefängnisse". Die "Bunker" in der Hedemann- und Voßstraße wurden zu infernalischen Stätten der Menschenquälerei.
Hier tritt die Zwiespältigkeit der "Revolution von unten" offen zutage. Sie war für die NSDAP einerseits notwendig, um die Macht zu erringen und gegenüber den skeptischen konservativen Kräften zu festigen. Sie drohte andererseits aus dem Ruder zu laufen; so weit, dass das Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums nicht nur der Ausschaltung von Juden und politisch Missliebigen diente, sondern auch der Einführung einer bürokratischen Ordnung in diesem Prozess. Denn viele "alte Kämpfer" wollten nun den Lohn für den jahrelangen Kampf sehen, wollten Posten und Pfründe erheischen, wollten den großen "Tag der Rache" an allen Gegnern. Warum also nicht den Amtsinhaber verhaften und nach Dachau schicken - fragten sich viele Braunhemden. Auch davor warnte der neue Gauleiter der NSDAP und Reichsstatthalter von Baden, Robert Wagner, am Tag seiner Amtseinführung im März 1933.
"Meine lieben Volksgenossen und Volksgenossinnen, ich muss eine Bitte an Sie aussprechen! Die Bitte, den staatlichen Organen die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ausschließlich zu überlassen. Das heißt, nichts sich in einzelne Aktionen aufzulösen und zu verlieren oder aus den Bahnen der Disziplin, die wir Nationalsozialisten gewohnt sind, auszubrechen. Die nationalsozialistische Revolution ist die Revolution des Geistes und der Disziplin.
Sieg - Heil!
Sieg - Heil!
Sieg - Heil!"
Die Warnungen wiederholten sich, denn von Seiten der SA gab es viel Frust: Es ging nicht nur um Pfründe und Ämter, sondern auch um die Frage, wie weit die nationalsozialistische Revolution gehen sollte. Dabei gab es die unterschiedlichsten Interessen:
SA-Stabschef Ernst Röhm wollte die SA aus dem Staat heraushalten und zu einer Parallelarmee zur Reichswehr entwickeln, um selbst künftig Kriegsminister zu werden.
Dem sozialrevolutionären Flügel der SA ging die Revolution nicht weit genug: Stattdessen ging aber Hitler Bündnisse mit konservativen Kräften ein.
Anstatt dass sich die soziale Situation der SA-Männer mit der Machtübernahme schlagartig verbesserte, änderte sich an ihrer Lage erst einmal nichts. Da waren in der sogenannten "Kampfzeit" andere Erwartungen geschürt worden, Hoffnungen auf Arbeitsplätze oder auf Besoldung als eine Art Parteisoldaten. Sehr viele SA-Männer waren jung, frustriert und arbeitslos. Die SA-Führung propagierte die Weiterführung der nationalsozialistischen Revolution, wenn auch deren Zielrichtung verschwommen blieb. Klar wurde nur, dass sie ein Primat des Militärs über die Politik anstrebte.
Ernst Röhm warnte so im Juni 1933 in einem Artikel "Spießer, Nörgler und Gleichgeschaltete", die sich auf frisch ergatterte Posten zurückzogen und Ruhe und Ordnung verlangten, davor, die Revolution zu verraten:
Ob es ihnen passt oder nicht - wir werden unseren Kampf weiterführen. Wenn sie endlich begreifen, um was es geht: mit ihnen! Wenn sie nicht wollen: ohne sie! Und wenn es sein muss: gegen sie!
Dies war eine durchaus ernstgemeinte Warnung eines selbstbewussten Mannes, der vier Millionen weitgehend verarmte und potenziell gewalttätige Männer hinter sich wusste. Diese Warnung musste auch Hitler ernst nehmen. Der erklärte im Juli 1933 die nationalsozialistische Revolution offiziell für beendet.
Die wilden Konzentrationslager wurden "verstaatlicht", die Hilfspolizei aufgelöst. Damit war die SA ihrer Hauptaufgabe entkleidet. Sie sah die politische Führung der Partei Staatsämter einnehmen, sie sah, dass die SS besser finanziert wurde, sie sah sich beiseite gerückt und kaltgestellt. Ernst Röhm arbeitete aber weiter daran, die SA neben Reichswehr und Polizei als dritte bewaffnete Kraft im Land zu etablieren, als Volksheer zum Schutz des Nationalsozialismus. Seine Pläne scheiterten jedoch; und Röhm äußerte öffentlich Kritik an Hitler. Im Frühjahr 1934 lief alles auf eine Eskalation hinaus. Die deutsche Bevölkerung war ernüchtert nach der Aufbruchstimmung des Jahres 1933, der Aufschwung ließ auf sich warten. Die konservativ-nationalistischen Kräfte hofften angesichts der inneren Spannungen auf eine gemäßigter Herrschaft und suchten ein Bündnis mit Reichspräsident von Hindenburg. Hitler ließ Gestapo und Reichswehr belastendes Material gegen die SA sammeln.
"Diese Auseinandersetzungen führten zu sehr ernsten Aussprachen zwischen dem Stabschef und mir, in denen mir zum ersten Mal Zweifel an der Loyalität dieses Mannes aufstiegen. Es konnte von Monat Mai ab keinen Zweifel mehr geben, dass Stabschef Röhm sich mit ehrgeizigen Plänen beschäftigte, die im Falle ihrer Verwirklichung nur zu schwersten Erschütterungen führen konnten."
Zwar ließ auch Röhm Berichte über "Feindseligkeiten gegen die SA" sammeln, jedoch bestanden nach heute einhelliger Meinung keine Putschabsichten der SA. Dem würde auch der Urlaubsbefehl für die SA im August 1934 widersprechen. In dieser Zeit wurden auch die Konservativen und Deutschnationalen aktiv. Ihnen schwebte ein autoritärer Staat vor, vielleicht auch wieder eine Monarchie, jedenfalls kein Führerstaat. Der stellvertretende Regierungschef neben Hitler, Franz von Papen, hielt am 17. Juni 1934 eine offen regimekritische Rede, die Hitler brüskieren musste. Er warnte vor der Alleinherrschaft einer Partei und vor einem totalitären Staat. Hitler sah seine Macht von mehreren Seiten bedroht.
Gegen die Konservativen allein konnte Hitler jedoch nicht vorgehen, noch dazu, wenn sie sich in seiner Regierung befanden. Rudolf Heß, "Stellvertreter des Führers", hielt daraufhin ebenfalls eine Ansprache über alle deutschen Sender - als letzte Warnung an SA und Konservative oder schon in Vorbereitung der Mordaktion.
"Wenn sich die NSDAP zum Kampf gegen Kritikaster und Nörgler entschlossen hat, dann führt sie den Kampf entsprechend dem nationalsozialistischen Grundsatz: Wenn du schlägst, dann schlage hart!"
Der Countdown war angelaufen: Die NS-Führungsspitze stimmt SS und Reichswehr darauf ein, dass die SA einen Putsch plane. Es gelte, Abwehrmaßnahmen vorzubereiten. Wilde Gerüchte machen die Runde. Ernst Röhm wird aus dem "Verband der Deutschen Offiziere" ausgestoßen. In München ziehen am 29. Juni aufgebrachte SA-Leute randalierend durch die Straßen. Noch in der Nacht fliegt Hitler mit Goebbels nach München und fährt weiter nach Bad Wiessee, wo die SA-Spitze übernachtet.
"Da zweifelhaft war, ob angesichts der drohenden Zuspitzungen Stabschef Röhm überhaupt noch nach Berlin oder anderswo hingekommen wäre, entschloss ich mich, zu einer nach Bad Wiessee angesetzten SA-Führer-Besprechung zu fahren."
Röhm wird also verhaftet, mit ihm andere anwesende oder anreisende SA-Führer. Hitler lässt einige sofort erschießen, viele weitere am folgenden Tag. Auch Röhm wird erschossen - vom Kommandanten des KZ Dachau. Göring, Himmler, Goebbels und Heydrich hatten Hitler dazu gedrängt, seinen alten Freund nicht zu verschonen. In seiner Rechtfertigungsrede vor dem Reichstag zwei Wochen später wird Hitler die Mär von der Verschwörung der SA auftischen.
"Das ist Meuterei! Denn der Befehlshaber SA bin ich - und sonst niemand!"
Es sei um Stunden gegangen, erzählt er dem Reichstag. Stunden, in denen er, Hitler, das Land davor bewahrt habe, ein ungeheures Blutbad zu erleben. Hitler - der Retter der Nation. Auch als Retter vor Homosexuellen, deren Veranlagung zur Gefahr für Moral und Sicherheit geworden sei. Seine Rede vor dem Reichstag, der nur noch aus NSDAP-Abgeordneten bestand, dauerte zwei Stunden - streng bewacht von SS-Leuten mit Stahlhelm und aufgepflanztem Bajonett.
"Unter diesen Umständen konnte es für mich nur einen einzigen Entschluss geben: Wenn überhaupt das Unheil noch zu verhindern war, dann musste blitzschnell gehandelt werden! Nur ein rücksichtsloses und blutiges Zugreifen war vielleicht noch in der Lage, die Ausbreitung der Revolte zu ersticken. Und es konnte keine Frage sein, dass besser 100 Meuterer, Verschwörer und Konspiratoren vernichtet wurden, als 10.000 unschuldige SA-Männer auf der einen und 10.000 Unschuldige auf der anderen Seite verbluten zu lassen."
Es traf nicht nur etwa 50 SA-Leute. In einer wilden Aktion wurden vor allem in Bayern unter Hitler und in Berlin unter Göring und Himmler, aber auch im restlichen Reich insgesamt etwa 200 Menschen von SS, SD und Gestapo liquidiert: Innerparteiliche Gegner, Mitarbeiter des Vizekanzlers von Papen, deutschnationale Politiker, der General und ehemalige Vizekanzler von Schleicher und seine Frau, General von Bredow, Gregor Straßer, SS-Leute und sogar ein Musikkritiker - Opfer einer Verwechslung. Lokale SS-Führer nutzten - vor allem in Schlesien - die Gelegenheit, alte persönliche Rechnungen zu begleichen. Vizekanzler von Papen wurde nur unter Hausarrest gestellt. Ein Mord an ihm wäre wohl zu weit gegangen.
Das wirklich bemerkenswerte an diesen drei Mordtagen vom 30. Juni bis zum 2. Juli 1934 ist jedoch nicht die Anzahl der Opfer, sondern die Konsequenz. Hitler hatte gezeigt, dass er als alleiniger Führer sich selbst auch autorisieren konnte, Morde an politischen Gegnern zu befehlen, die keinerlei Widerstand gezeigt hatten.
"Meutereien bricht man nach ewig gleichem eisernen Gesetz. Wenn mir jemand einen Vorwurf entgegenhält, weshalb wir nicht die ordentlichen Gerichte zur Aburteilung herangezogen hätten, dann kann ich ihm nur sagen: In dieser Stunde war ich verantwortlich für das Schicksal der deutschen Nation und damit des deutschen Volkes oberster Gerichtsherr!"
Nach der Rede dankte der Reichstag Hitler für die entschlossene Rettung des Vaterlandes. Hitler hatte also nicht nur die Exekutive erobert und die Legislative mit dem Ermächtigungsgesetz ausgeschaltet, sondern sich auch zum obersten Gerichtsherrn ernannt. Wie zum Hohn ließ er die Verbrechen auch noch durch ein nachgeschobenes Gesetz legalisieren, dessen einziger Artikel lautete:
Die zur Niederschlagung hoch- und landesverräterischer Angriffe am 30. Juni, 1. und 2. Juli 1934 vollzogenen Maßnahmen sind als Staatsnotwehr rechtens.
Verabschiedet von der Reichsregierung - also von Hitler selbst. Mord wurde so zum legalen Staatsakt, gerechtfertigt unter anderem durch den renommierten Staatsrechtler Carl Schmitt:
Der Führer schützt das Recht vor dem schlimmsten Missbrauch, wenn er im Augenblick der Gefahr kraft seines Führertums als oberster Gerichtsherr unmittelbar Recht schafft. Aus dem Führertum fließt das Richtertum. In Wahrheit war die Tat des Führers echte Gerichtsbarkeit. Sie untersteht nicht der Justiz, sondern war selbst höchste Justiz.
Der Straßenterror wurde durch den organisierten Staatsterror ersetzt. Dass SA und konservative Kreise Deutschlands diese Morde hinnahmen, dass die Reichswehr die Ermordung zweier ihrer Generale schweigend akzeptierten, zeigt, dass Adolf Hitler es gelungen war, den konservativen Widerspruch und eigenmächtige Tendenzen der SA im Keim zu ersticken. Der Tod des Reichspräsidenten von Hindenburg einen Monat später tat sein übriges. Hitler übernahm auch noch dessen Amt und ließ die Reichswehr am gleichen Tag auf sich vereidigen. Ein letzter, verhängnisvoller Schritt zur absoluten Macht in Deutschland. Die SA wurde in den folgenden Jahren gründlich "gesäubert" und auf eine Hilfstruppe zurechtgestutzt. Machtansprüche stellte sie keine mehr.
Als Ernst Röhm am 29. Juni 1934 im Zimmer 7 des Kurheim Hanselbauer am Tegernsee zu Bett ging, war er einer der mächtigen Männer des Dritten Reiches: Als Parteigenosse der ersten Stunde und Teilnehmer am Hitlerputsch 1923 in München war er einer der wenigen Duzfreunde Hitlers. Inzwischen war Röhm Stabschef der SA - der Sturmabteilung - und Reichsminister ohne Geschäftsbereich; hinter ihm standen vier Millionen SA-Männer, die die nationalsozialistische Revolution auf der Straße mit brutalem Terror, Folter und hundertfachen Mord vorantrieben. Am Tegernsee war er, weil ihn Hitler aufgefordert hatte, dort eine Führertagung der SA abzuhalten. Danach, im Juli 1934, sollte die SA erst mal Urlaub machen, sich von den Strapazen des Machtkampfes auf der Straße erholen.
Als Ernst Röhm jedoch am nächsten Morgen aufwachte, stand der "Führer" persönlich vor seinem Bett, schreiend, gestikulierend, mit einer Pistole bewaffnet, ihn als "Verräter" beschimpfend. Hitler, der sich sonst immer aus aktiven Gewalttätigkeiten herausgehalten hatte, verhaftete seinen alten Kampfgenossen persönlich. Am nächsten Tag ließ Hitler Ernst Röhm erschießen. Die Begründung lieferte er zwei Wochen später vor dem gleichgeschalteten Reichstag.
"Meuternde Divisionen hat man zu allen Zeiten durch Dezimierung wieder zur Ordnung gerufen. Ich habe den Befehl gegeben, die Hauptschuldigen an diesem Verrat zu erschießen, und ich gab weiter den Befehl, die Geschwüre unserer inneren Brunnenvergiftung und der Vergiftung des Auslandes auszubrennen bis auf das rohe Fleisch."
Es ist viel spekuliert worden, was es mit diesem Ereignis auf sich hatte, das als "Röhm-Putsch" oder "Nacht der langen Messer" in die Geschichte eingegangen ist. Wenn der Rädelsführer jedoch schlafend im Bett überrumpelt wird, dann ist die These vom "Putsch" wohl schwer haltbar. Auch Hitlers gespielte Überraschung, dass Ernst Röhm homosexuell war, nahm schon damals niemand ernst, wie ein Witz aus dieser Zeit zeigt.
Der Führer zeigte sich schockiert, als er von Röhms Homosexualität erfuhr - wie schockiert wird er erst sein, wenn er erfährt, dass Göring dick ist und Goebbels humpelt.
Was also trieb Hitler an, im Sommer 1934, anderthalb Jahre nach der Machtübernahme, den Führer der Organisation zu ermorden, die ihm gerade erst zur Macht auf der Straße verholfen hatte?
Die Machtübernahme am 30. Januar 1933 war zunächst eine formal-politische gewesen: Reichspräsident Hindenburg hatte Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannt. Noch teilte sich die NSDAP die Regierungsmacht mit der Deutschnationalen Volkspartei. Drei nationalsozialistischen standen fünf konservative Minister gegenüber. Diese Konstellation barg die Hoffnung konservativer und deutschnationaler Kreise, dass die Nationalsozialisten durch die Einbindung ihr radikales Übermaß abschleifen würden, dass sich die Straßenkämpfe zwischen Rechts und Links beruhigen würden, dass die sozialrevolutionären Tendenzen der SA gezähmt würden.
Dieser von Hitler bevorzugte legalistische Weg zur Macht hatte unschätzbare Vorteile: Er verschaffte den Nazis Legitimität, gab ihnen die Möglichkeit, politische Schaltstellen mit eigenen Leute zu besetzen und Gegner auszuschalten. Die Reichstagsbrandverordnung und das Ermächtigungsgesetz machten den Weg frei, Deutschland bis zur Kapitulation 1945 unter einen weitgehenden Ausnahmezustand zu stellen.
Das war die Revolution von oben. Sie wäre aber nicht möglich gewesen ohne eine revolutionäre Bewegung von unten, ohne Straßenterror, Einschüchterung und physische Gewalt. Gerade im Frühjahr und Sommer 1933 wurde die Gewalt oft entfesselt. SA und SS erlangten nun überall Hilfspolizeifunktionen. Eine Armbinde machte aus einer Schlägertruppe kurzerhand vermeintliche Staatsdiener. Sie verhafteten Nazigegner, okkupierten Rathäuser, Redaktionen, Gewerkschaftsbüros, Finanzämter, Gerichte, zwangen Amtsträger aus dem Amt und besetzten Stellen mit Nationalsozialisten. Sie sprengten sogar Versammlungen der Deutschnationalen - mit denen sich die Nationalsozialisten noch die Regierungsmacht teilten. Der damalige Chef der Politischen Abteilung des Berliner Polizeipräsidiums, Rudolf Diels, berichtete über die Willkür auf den Berliner Straßen in den Wochen nach dem Reichstagsbrand:
Nicht nur die Kommunisten, sondern jeder, der sich einmal gegen Hitlers Bewegung ausgesprochen hatte, war gefährdet. SA-Männer zerstörten die Einrichtung der Wohnung des Sohnes des Reichspräsidenten Ebert. Sie drangen in die Wohnungen der Besitzer der Verlagshäuser Ullstein und Mosse ein. Von den Mitgliedern der Weltbühne verschleppten sie, wessen sie habhaft werden konnten. SA-Führer gingen nicht mehr zu Fuß. Die heiter gestimmten Sieger brausten in eleganten Autos über den Kurfürstendamm und die Linden. Fabrikanten oder Kaufleute hatten ihnen die Wagen zur Verfügung gestellt oder geschenkt, um ihre Protektion zu gewinnen. Juden und Demokraten waren die Wagen einfach weggenommen worden. In diesen Märztagen entstanden die Konzentrationslager um Berlin. In den einzelnen Stadtteilen entstanden "Privatgefängnisse". Die "Bunker" in der Hedemann- und Voßstraße wurden zu infernalischen Stätten der Menschenquälerei.
Hier tritt die Zwiespältigkeit der "Revolution von unten" offen zutage. Sie war für die NSDAP einerseits notwendig, um die Macht zu erringen und gegenüber den skeptischen konservativen Kräften zu festigen. Sie drohte andererseits aus dem Ruder zu laufen; so weit, dass das Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums nicht nur der Ausschaltung von Juden und politisch Missliebigen diente, sondern auch der Einführung einer bürokratischen Ordnung in diesem Prozess. Denn viele "alte Kämpfer" wollten nun den Lohn für den jahrelangen Kampf sehen, wollten Posten und Pfründe erheischen, wollten den großen "Tag der Rache" an allen Gegnern. Warum also nicht den Amtsinhaber verhaften und nach Dachau schicken - fragten sich viele Braunhemden. Auch davor warnte der neue Gauleiter der NSDAP und Reichsstatthalter von Baden, Robert Wagner, am Tag seiner Amtseinführung im März 1933.
"Meine lieben Volksgenossen und Volksgenossinnen, ich muss eine Bitte an Sie aussprechen! Die Bitte, den staatlichen Organen die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ausschließlich zu überlassen. Das heißt, nichts sich in einzelne Aktionen aufzulösen und zu verlieren oder aus den Bahnen der Disziplin, die wir Nationalsozialisten gewohnt sind, auszubrechen. Die nationalsozialistische Revolution ist die Revolution des Geistes und der Disziplin.
Sieg - Heil!
Sieg - Heil!
Sieg - Heil!"
Die Warnungen wiederholten sich, denn von Seiten der SA gab es viel Frust: Es ging nicht nur um Pfründe und Ämter, sondern auch um die Frage, wie weit die nationalsozialistische Revolution gehen sollte. Dabei gab es die unterschiedlichsten Interessen:
SA-Stabschef Ernst Röhm wollte die SA aus dem Staat heraushalten und zu einer Parallelarmee zur Reichswehr entwickeln, um selbst künftig Kriegsminister zu werden.
Dem sozialrevolutionären Flügel der SA ging die Revolution nicht weit genug: Stattdessen ging aber Hitler Bündnisse mit konservativen Kräften ein.
Anstatt dass sich die soziale Situation der SA-Männer mit der Machtübernahme schlagartig verbesserte, änderte sich an ihrer Lage erst einmal nichts. Da waren in der sogenannten "Kampfzeit" andere Erwartungen geschürt worden, Hoffnungen auf Arbeitsplätze oder auf Besoldung als eine Art Parteisoldaten. Sehr viele SA-Männer waren jung, frustriert und arbeitslos. Die SA-Führung propagierte die Weiterführung der nationalsozialistischen Revolution, wenn auch deren Zielrichtung verschwommen blieb. Klar wurde nur, dass sie ein Primat des Militärs über die Politik anstrebte.
Ernst Röhm warnte so im Juni 1933 in einem Artikel "Spießer, Nörgler und Gleichgeschaltete", die sich auf frisch ergatterte Posten zurückzogen und Ruhe und Ordnung verlangten, davor, die Revolution zu verraten:
Ob es ihnen passt oder nicht - wir werden unseren Kampf weiterführen. Wenn sie endlich begreifen, um was es geht: mit ihnen! Wenn sie nicht wollen: ohne sie! Und wenn es sein muss: gegen sie!
Dies war eine durchaus ernstgemeinte Warnung eines selbstbewussten Mannes, der vier Millionen weitgehend verarmte und potenziell gewalttätige Männer hinter sich wusste. Diese Warnung musste auch Hitler ernst nehmen. Der erklärte im Juli 1933 die nationalsozialistische Revolution offiziell für beendet.
Die wilden Konzentrationslager wurden "verstaatlicht", die Hilfspolizei aufgelöst. Damit war die SA ihrer Hauptaufgabe entkleidet. Sie sah die politische Führung der Partei Staatsämter einnehmen, sie sah, dass die SS besser finanziert wurde, sie sah sich beiseite gerückt und kaltgestellt. Ernst Röhm arbeitete aber weiter daran, die SA neben Reichswehr und Polizei als dritte bewaffnete Kraft im Land zu etablieren, als Volksheer zum Schutz des Nationalsozialismus. Seine Pläne scheiterten jedoch; und Röhm äußerte öffentlich Kritik an Hitler. Im Frühjahr 1934 lief alles auf eine Eskalation hinaus. Die deutsche Bevölkerung war ernüchtert nach der Aufbruchstimmung des Jahres 1933, der Aufschwung ließ auf sich warten. Die konservativ-nationalistischen Kräfte hofften angesichts der inneren Spannungen auf eine gemäßigter Herrschaft und suchten ein Bündnis mit Reichspräsident von Hindenburg. Hitler ließ Gestapo und Reichswehr belastendes Material gegen die SA sammeln.
"Diese Auseinandersetzungen führten zu sehr ernsten Aussprachen zwischen dem Stabschef und mir, in denen mir zum ersten Mal Zweifel an der Loyalität dieses Mannes aufstiegen. Es konnte von Monat Mai ab keinen Zweifel mehr geben, dass Stabschef Röhm sich mit ehrgeizigen Plänen beschäftigte, die im Falle ihrer Verwirklichung nur zu schwersten Erschütterungen führen konnten."
Zwar ließ auch Röhm Berichte über "Feindseligkeiten gegen die SA" sammeln, jedoch bestanden nach heute einhelliger Meinung keine Putschabsichten der SA. Dem würde auch der Urlaubsbefehl für die SA im August 1934 widersprechen. In dieser Zeit wurden auch die Konservativen und Deutschnationalen aktiv. Ihnen schwebte ein autoritärer Staat vor, vielleicht auch wieder eine Monarchie, jedenfalls kein Führerstaat. Der stellvertretende Regierungschef neben Hitler, Franz von Papen, hielt am 17. Juni 1934 eine offen regimekritische Rede, die Hitler brüskieren musste. Er warnte vor der Alleinherrschaft einer Partei und vor einem totalitären Staat. Hitler sah seine Macht von mehreren Seiten bedroht.
Gegen die Konservativen allein konnte Hitler jedoch nicht vorgehen, noch dazu, wenn sie sich in seiner Regierung befanden. Rudolf Heß, "Stellvertreter des Führers", hielt daraufhin ebenfalls eine Ansprache über alle deutschen Sender - als letzte Warnung an SA und Konservative oder schon in Vorbereitung der Mordaktion.
"Wenn sich die NSDAP zum Kampf gegen Kritikaster und Nörgler entschlossen hat, dann führt sie den Kampf entsprechend dem nationalsozialistischen Grundsatz: Wenn du schlägst, dann schlage hart!"
Der Countdown war angelaufen: Die NS-Führungsspitze stimmt SS und Reichswehr darauf ein, dass die SA einen Putsch plane. Es gelte, Abwehrmaßnahmen vorzubereiten. Wilde Gerüchte machen die Runde. Ernst Röhm wird aus dem "Verband der Deutschen Offiziere" ausgestoßen. In München ziehen am 29. Juni aufgebrachte SA-Leute randalierend durch die Straßen. Noch in der Nacht fliegt Hitler mit Goebbels nach München und fährt weiter nach Bad Wiessee, wo die SA-Spitze übernachtet.
"Da zweifelhaft war, ob angesichts der drohenden Zuspitzungen Stabschef Röhm überhaupt noch nach Berlin oder anderswo hingekommen wäre, entschloss ich mich, zu einer nach Bad Wiessee angesetzten SA-Führer-Besprechung zu fahren."
Röhm wird also verhaftet, mit ihm andere anwesende oder anreisende SA-Führer. Hitler lässt einige sofort erschießen, viele weitere am folgenden Tag. Auch Röhm wird erschossen - vom Kommandanten des KZ Dachau. Göring, Himmler, Goebbels und Heydrich hatten Hitler dazu gedrängt, seinen alten Freund nicht zu verschonen. In seiner Rechtfertigungsrede vor dem Reichstag zwei Wochen später wird Hitler die Mär von der Verschwörung der SA auftischen.
"Das ist Meuterei! Denn der Befehlshaber SA bin ich - und sonst niemand!"
Es sei um Stunden gegangen, erzählt er dem Reichstag. Stunden, in denen er, Hitler, das Land davor bewahrt habe, ein ungeheures Blutbad zu erleben. Hitler - der Retter der Nation. Auch als Retter vor Homosexuellen, deren Veranlagung zur Gefahr für Moral und Sicherheit geworden sei. Seine Rede vor dem Reichstag, der nur noch aus NSDAP-Abgeordneten bestand, dauerte zwei Stunden - streng bewacht von SS-Leuten mit Stahlhelm und aufgepflanztem Bajonett.
"Unter diesen Umständen konnte es für mich nur einen einzigen Entschluss geben: Wenn überhaupt das Unheil noch zu verhindern war, dann musste blitzschnell gehandelt werden! Nur ein rücksichtsloses und blutiges Zugreifen war vielleicht noch in der Lage, die Ausbreitung der Revolte zu ersticken. Und es konnte keine Frage sein, dass besser 100 Meuterer, Verschwörer und Konspiratoren vernichtet wurden, als 10.000 unschuldige SA-Männer auf der einen und 10.000 Unschuldige auf der anderen Seite verbluten zu lassen."
Es traf nicht nur etwa 50 SA-Leute. In einer wilden Aktion wurden vor allem in Bayern unter Hitler und in Berlin unter Göring und Himmler, aber auch im restlichen Reich insgesamt etwa 200 Menschen von SS, SD und Gestapo liquidiert: Innerparteiliche Gegner, Mitarbeiter des Vizekanzlers von Papen, deutschnationale Politiker, der General und ehemalige Vizekanzler von Schleicher und seine Frau, General von Bredow, Gregor Straßer, SS-Leute und sogar ein Musikkritiker - Opfer einer Verwechslung. Lokale SS-Führer nutzten - vor allem in Schlesien - die Gelegenheit, alte persönliche Rechnungen zu begleichen. Vizekanzler von Papen wurde nur unter Hausarrest gestellt. Ein Mord an ihm wäre wohl zu weit gegangen.
Das wirklich bemerkenswerte an diesen drei Mordtagen vom 30. Juni bis zum 2. Juli 1934 ist jedoch nicht die Anzahl der Opfer, sondern die Konsequenz. Hitler hatte gezeigt, dass er als alleiniger Führer sich selbst auch autorisieren konnte, Morde an politischen Gegnern zu befehlen, die keinerlei Widerstand gezeigt hatten.
"Meutereien bricht man nach ewig gleichem eisernen Gesetz. Wenn mir jemand einen Vorwurf entgegenhält, weshalb wir nicht die ordentlichen Gerichte zur Aburteilung herangezogen hätten, dann kann ich ihm nur sagen: In dieser Stunde war ich verantwortlich für das Schicksal der deutschen Nation und damit des deutschen Volkes oberster Gerichtsherr!"
Nach der Rede dankte der Reichstag Hitler für die entschlossene Rettung des Vaterlandes. Hitler hatte also nicht nur die Exekutive erobert und die Legislative mit dem Ermächtigungsgesetz ausgeschaltet, sondern sich auch zum obersten Gerichtsherrn ernannt. Wie zum Hohn ließ er die Verbrechen auch noch durch ein nachgeschobenes Gesetz legalisieren, dessen einziger Artikel lautete:
Die zur Niederschlagung hoch- und landesverräterischer Angriffe am 30. Juni, 1. und 2. Juli 1934 vollzogenen Maßnahmen sind als Staatsnotwehr rechtens.
Verabschiedet von der Reichsregierung - also von Hitler selbst. Mord wurde so zum legalen Staatsakt, gerechtfertigt unter anderem durch den renommierten Staatsrechtler Carl Schmitt:
Der Führer schützt das Recht vor dem schlimmsten Missbrauch, wenn er im Augenblick der Gefahr kraft seines Führertums als oberster Gerichtsherr unmittelbar Recht schafft. Aus dem Führertum fließt das Richtertum. In Wahrheit war die Tat des Führers echte Gerichtsbarkeit. Sie untersteht nicht der Justiz, sondern war selbst höchste Justiz.
Der Straßenterror wurde durch den organisierten Staatsterror ersetzt. Dass SA und konservative Kreise Deutschlands diese Morde hinnahmen, dass die Reichswehr die Ermordung zweier ihrer Generale schweigend akzeptierten, zeigt, dass Adolf Hitler es gelungen war, den konservativen Widerspruch und eigenmächtige Tendenzen der SA im Keim zu ersticken. Der Tod des Reichspräsidenten von Hindenburg einen Monat später tat sein übriges. Hitler übernahm auch noch dessen Amt und ließ die Reichswehr am gleichen Tag auf sich vereidigen. Ein letzter, verhängnisvoller Schritt zur absoluten Macht in Deutschland. Die SA wurde in den folgenden Jahren gründlich "gesäubert" und auf eine Hilfstruppe zurechtgestutzt. Machtansprüche stellte sie keine mehr.