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Die Nacht wird immer heller

Die Erde wird immer heller. Schuld daran sind unter anderem Straßenbeleuchtungen, Autolampen und Leuchtreklamen. Vor allem Astronomen beklagen diese Art der Lichtverschmutzung. Die moderne Technik hat das Problem zwar geschaffen, sie kann aber auch helfen, es zu lösen.

Von Ann-Kathrin Horn |
    Wo es richtig dunkel ist, sieht man bei klarem Himmel ein helles Band - die Milchstraße. Vor einigen Jahrzehnten konnte man sie von den meisten Orten aus deutlich erkennen – heute nur noch abseits dicht besiedelter Gebiete. Dass sich der Nachthimmel langsam ändert, fiel vor etwa 30 Jahren Astronomen aus den USA auf. "Lichtverschmutzung" nannten sie das und gründeten die International Dark-Sky Association. Die Idee: Beleuchtung auf Straßen und öffentlichen Plätzen ließe sich leicht verringern – durch niedrigere Wattzahlen, abgeschirmte Birnen oder dimmbare LED-Leuchten. Bob Parks, Vorsitzender der Association, mit einem Beispiel:

    "Im Berufsverkehr braucht man natürlich viel Licht, aber um acht oder um neun Uhr Abends könnte man das Licht um 25 oder 30 Prozent reduzieren, weil weniger Autos und Fußgänger unterwegs sind. Und gegen Mitternacht könnte man es noch weiter runterfahren. Früher hatten wir keine andere Möglichkeit als: entweder Licht oder kein Licht, aber mittlerweile geht es auch anders."

    Ein dunklerer Nachthimmel soll nicht nur Astronomen zugute kommen. Licht greift in die Organismen von Mensch und Tier ein. Insekten und Vögel werden fehlgeleitet, bei vielen Tieren wird die Fortpflanzung gestört. Der Mediziner George Brainard von der Thomas Jefferson University forscht dazu, wie nächtliches Licht den Menschen beeinflusst.

    "Unser Auge hat zwei Systeme. Mit dem einen nehmen wir Licht und Dunkelheit wahr und Bewegung und Farben. Daneben nimmt das Auge das Licht und die Dunkelheit aber auch auf, damit der Körper den biologischen Rhythmus reguliert, die Hormone, und damit auch das Verhalten."
    Brainard untersucht vor allem die Veränderung des Hormons Melatonin. Es steuert den Tag-Nacht-Rhythmus des menschlichen Körpers. Durch Licht wird die Melatoninbildung gehemmt, besonders durch Licht mit hohem Blauanteil. Die Folge: Herzschlag und Körpertemperatur erhöhen sich, langfristig kommt es zu Schlafstörungen. Brainard führt in seinen Studien auch Brustkrebs und Prostatakrebs auf eine gestörte Melatoninbildung zurück. Der Mediziner ist überzeugt, dass wir uns bald mehr um gesundes Licht kümmern werden. Einer Technologie wie Energiesparlampen politisch den Vorzug zu geben, nur weil sie umweltfreundlich ist, hält er für falsch.

    "Aktuell will man Licht, das schön, effizient und umweltfreundlich ist. In den kommenden zehn oder 20 Jahren wird es aber immer mehr auch darum gehen, wie der Körper darauf regiert."

    Wie man neue Technologien nutzen kann, damit Beleuchtung in Zukunft sowohl schöner als auch gesünder wird, darum kümmern sich Lichtdesigner wie Mark Major. Er hat sich auch damit beschäftigt, was die Menschen am Licht so sehr fasziniert.

    "Es ist eine psychologische Sache: die Menschen haben Angst vor der Dunkelheit. Wir haben immer versucht, mehr Licht zu machen. Interessant ist: Wo das Licht immer effizienter wird, könnte man ja eigentlich weniger Lampen aufstellen. Aber stattdessen beleuchten wir einfach noch mehr. In gewisser Weise kann man sagen, dass das eine Art Missbrauch von Licht ist."

    Seine Devise: Weniger Licht, dafür besseres. Und es soll nicht in den Himmel strahlen, sondern dorthin leuchten, wo es gebraucht wird.

    "Man unterschätzt, wie wichtig Licht ist und deshalb wird auch nicht so viel darin investiert. Vor Jahren war es okay, da waren wir nicht im Dunklen unterwegs. Aber mittlerweile sind wir 24 Stunden am Tag aktiv. Und doch ist unser Anspruch an Licht sehr gering. Mit gutem Lichtdesign aber könnten wir unsere Städte richtig schön machen. Und das käme allen zugute."