Archiv

Die nächste EU-Kommission
Weiblicher, politischer, geeinter?

Die designierte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat ihr vorläufiges Team vorgestellt, Namen und Ressorts benannt. Einzelne Schwerpunkte werden deutlich: etwa Klima, Digitales und Verteidigung. Was bedeutet das in den kommenden fünf Jahren für die EU-Politik?

Diskussionsleitung: Bettina Klein, Deutschlandfunk |
Die desingnierte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen stellt ihre Wunschkandidaten für die Ressorts vor.
Die desingnierte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen stellt ihre Wunschkandidaten für die Ressorts vor. (dpa-Bildfunk / AP / Virginia Mayo)
Ursula von der Leyen will an ihren Zielen für die kommende EU-Kommission festhalten:
Unter anderem gehen 13 Kommissionsplätze an Politikerinnen, wodurch von der Leyens Team fast zur Hälfte aus Frauen besteht. Mit einem neuem grünen Ressort, will sie dem Thema Klimaschutz einen besonderen Stellenwert einräumen.
Und dann soll unter von der Leyen die Verteidigungspolitik in der EU ausgebaut werden – ein mögliches Zeichen, dass die nächste Kommissionschefin Pläne für eine europäische Verteidigungsunion vorantreiben will.
Für die Diskussionsgäste ist die Ressortverteilung bemerkenswert gewesen. ZDF-Korrespondentin Anne Gellinek war überrascht, dass Margrethe Vestager ihr Ressort "Wettbewerb" behält – dies sei ungewöhnlich. Die Journalsitin räumt jedoch auch ein: "Sie war der Star der letzten Kommission aus meiner Sicht. Und sie wird der Star der kommenden Kommission sein."
Das macht Gellinek auch daran fest, weil es Vestager geschafft hat, Milliardenstrafen gegen US-Konzerne wie Google zu verhängen. Der Journalistin zufolge könnte die EU-Kommission so künftig auch globalpolitisch ein Zeichen setzen – vor allem gegenüber den USA und deren Präsidenten Donald Trump.
"Nahezu paritätische Kommission – zum ersten Mal in der Geschichte der EU"
Ausbalanciert nennt Niklas Nuspliger die bisherige angedachte Zusammensetzung der nächsten Kommission: "Das Parteipolitische ist relativ gut ausgeglichen. Es ist eine nahezu paritätische Kommission – zum ersten Mal in der Geschichte der EU."
Laut dem Korrespondenten der "Neuen Zürcher Zeitung" hat Ursula von der Leyen allerdings ein Team präsentiert, das allen Erwartungen entsprechen soll: "Sobald es dann konkret wird, wird sie Leute natürlich auch enttäuschen müssen." Etwa bei der Anhörung der Kandidaten vor dem Europäischen Parlament. Und die große Frage in den kommenden fünf Jahren sei, so Nuspliger: Wird von der Leyen die Balance in ihrerm jetzt vorgestellten Kommission behalten können?
Denn manche angedachten Kommissare müssten damit rechnen, dass die EU-Abgeordneten sie in wenigen Wochen ablehnen, ist sich Sophie Pornschlegel sicher. Sie ist Politologin am Brüsseler Think Tank European Policy Centre. Ungarn und Polen etwa würden keine Kandidaten nach Brüssel entsenden, die europäische Werte wie Rechtsstaatlichkeit vertreten. "Also das ganz typisch Basische, was eigentlich die Europäische Union - mehr als nur ein Binnenmarkt - ausmacht", so Pornschlegel.
Wackelkandidaten seien die Regel
Ihr zufolge darf man jedoch nicht vergessen, "dass es praktisch keine Kommission gab, bei der es keine Wackelkandidaten gab. Das heißt bei 27 Kommissaren ist es meistens so, dass zwei, drei wackeln."
Änhlich denkt auch Peter Müller, EU-Korrespondent für das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Er kritisiert zudem, dass Ursula von der Leyen einen Fehler ihres Amtsvorgängers Jean-Claude Juncker wiederhole: Innerhalb der Kommission Mitglieder aus bestimmten Mitgliedsstaaten zusammenarbeiten zu lassen: "Und immer diese Idee, die Gegenseitigkeiten aufeinander los zu schießen - dann wird es schon irgendwann oben bei Frau von der Leyen landen und sie wird es entscheiden. Ich glaube nicht, dass man sich damit einen Gefallen tut," so Müller mit Blick auf die Kandidaten aus Italien und Lettland.
Über die nächste EU-Kommission unter Ursula von der Leyen haben unter der Leitung von Deutschlandfunk-Korrespondentin Bettina Klein diskutiert:
Es diskutieren:
  • Anne Gellinek, ZDF
  • Peter Müller, Der Spiegel
  • Niklaus Nuspliger, Neue Zürcher Zeitung
  • Sophie Pornschlegel, European Policy Centre