Die Bildung der neuen EU-Kommission hat etwas länger gedauert als ursprünglich geplant, weshalb der für 1. November vorgesehene Amtsantritt auf den 1. Dezember verschoben werden musste. Der Widerstand gegen die Kandidaten aus Frankreich, Ungarn und Rumänien war im Europaparlament zu groß, sie mussten ersetzt werden. Großbritannien hat wegen des angestrebten Austritts aus der EU keinen Kandidaten mehr für die Kommission benannt.
Am Ende bestätigte das Europaparlament das Team von Ursula von der Leyen, der ersten Frau an der Kommissionsspitze, mit großer Mehrheit. Seine Amtszeit beträgt fünf Jahre.
Die Liste der EU-Kommisare mit ihren Zuständigkeiten:
Frans Timmermans: Der Sozialdemokrat und ehemalige niederländische Außenminister soll sich um die EU-Klimapolitik kümmern. Eigentlich wollte Timmermans Kommissionschef werden. Er ist schon seit 2014 Erster Vizepräsident der Kommission. Die besonders wichtige Rolle soll er behalten. Der Diplomat, der sieben Sprachen beherrscht, war bisher unter anderem für Bürokratieabbau und Rechtsstaatlichkeit zuständig.
Margrethe Vestager: Auch die dänische Liberale hatte selbst Kommissionspräsidentin werden wollen - und bekommt nun als "exekutive Vizepräsidentin" eine besondere Stellung. Bislang hat sie sich als Wettbewerbskommissarin unter anderem Google, Facebook und Amazon vorgeknöpft. Diesen Posten soll sie behalten.
Josep Borrell: Der spanische Sozialist wird EU-Außenbeauftragter und ebenfalls Vizepräsident der EU-Kommission. Der Ökonom ist seit Juni 2018 spanischer Außenminister. Zuvor hatte er seit Ende der 70er-Jahre diverse Regierungsposten und war von 2004 bis 2007 Präsident des EU-Parlaments. Der Katalane gilt als temperamentvoll und neigt zu unverblümten Aussagen.
Didier Reynders: Der belgische Liberale soll künftig für den Bereich Justiz und Rechtsstaatlichkeit in der Kommission zuständig sein. Reynders ist seit 2011 belgischer Außenminister. Zuletzt sondierte er im Auftrag des belgischen Königs für eine mögliche neue Regierung nach der Parlamentswahl vom Mai.
Marija Gabriel: Die bulgarische Konservative soll den Posten der Kommissarin für Jugend und Innovation bekommen. Seit Juli 2017 ist sie als jüngstes Mitglied der EU-Kommission unter Jean-Claude Juncker für das Ressort Digitale Wirtschaft und Gesellschaft zuständig. Zuvor war die Philologin von 2009 bis 2017 Europaabgeordnete. Gabriel gehört zur in Sofia regierenden bürgerlichen Partei GERB.
Kadri Simson: Die Estin ist Wunschkandidatin von Regierungschef Jüri Ratas und soll sich in der Kommission um das Ressort Energie kümmern. Bis 2016 war sie Fraktionsvorsitzende der Zentrumspartei im estnischen Parlament. Von November 2016 bis April 2019 hatte die studierte Politologin das Amt der Ministerin für Wirtschaft und Infrastruktur inne.
Jutta Urpilainen: Die Finnin soll Kommissarin für internationale Partnerschaften werden. Urpilainen war früher Vorsitzende der finnischen Sozialdemokraten und Finanzministerin. 2014 musste die studierte Pädagogin die Parteiführung an den heutigen Ministerpräsidenten Antti Rinne abgeben. Vor ihr hat es noch nie eine weibliche Kommissarin aus Finnland gegeben.
Thierry Breton: Der Unternehmer und frühere Finanzminister wurde von Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron als Ersatz für die abgelehnte Kandidatin Sylvie Goulard für den Posten des französischen EU-Kommissars nominiert. Er soll sich um den großen Bereich Industriepolitik, Binnenmarkt und Verteidigungsindustrie in der Kommission kümmern.
Margaritis Schinas: Der griechische Jurist soll sich um den Schutz dessen kümmern, "was Europa ausmacht". Schinas ist seit 1990 Karrierebeamter bei der EU-Kommission - unterbrochen von 2007 bis 2009 durch ein Mandat als EU-Abgeordneter der konservativen Partei Nea Dimokratia. 2014 wurde er Chefsprecher von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker.
Phil Hogan: Der irische Christdemokrat soll EU-Handelskommissar werden. Seit 2014 ist Hogan EU-Agrarkommissar. Anfang der 80er-Jahre hatte der Ökonom vorübergehend den Bauernhof seiner Familie geführt, bevor er Parlamentsabgeordneter und später unter anderem Umweltminister wurde.
Janusz Wojciechowski: Er gehört zur rechtskonservativen polnischen Regierungspartei PiS und soll Kommissar für Landwirtschaft werden. Wojciechowski war ursprünglich Richter und leitete lange den polnischen Rechnungshof, bevor er 2004 EU-Abgeordneter wurde. Wegen möglicher Unregelmäßigkeiten bei Reisekostenabrechnungen während seiner Zeit im Europaparlament ermittelt die EU-Anti-Betrugsbehörde Olaf gegen ihn.
Oliver Varhelyi: Der parteilose Ungar soll sich als Kommissar um die EU-Erweiterung kümmern. Varhelyi ist seit 2015 Ungarns Botschafter bei der EU und gilt als Anhänger von Ministerpräsident Victor Orban. Er wurde benannt, nachdem das Europaparlament den früheren Justizminister Laszlo Trocsanyi abgelehnt hatte.
Paolo Gentiloni: Der italienische Sozialdemokrat soll das Ressort Wirtschaft bekommen. Gentiloni war in Italien mehrfach Minister und schließlich von 2014 bis 2016 Regierungschef. Nach dem Start der Populistenkoalition in Rom blieb er bis zum erneuten Regierungswechsel Abgeordneter der Partei PD. Der Römer hat Politikwissenschaften studiert und spricht fließend Englisch.
Valdis Dombrovskis: Der lettische Christdemokrat wird wohl Kommissar für Wirtschaft, Finanzdienstleistungen und Kapitalmarktunion. Dombrovskis ist seit 2014 einer der Kommissionsvizepräsidenten, zuständig für den Euro. Vorher war er von 2009 bis 2013 lettischer Regierungschef.
Johannes Hahn: Der österreichische Politiker der konservativen ÖVP soll für den EU-Haushalt und die Verwaltung zuständig sein. Hahn ist schon seit zehn Jahren österreichischer EU-Kommissar, zuletzt zuständig für Nachbarschafts- und Erweiterungspolitik mit Blick auf den Westbalkan. Früher war er unter anderem bei einem Glücksspielkonzern tätig.
Maros Sefcovic: Der ehemalige slowakische Präsidentschaftskandidat soll sich in der Kommission um die interinstitutionellen Beziehungen kümmern. Sefcovic ist seit 2009 Mitglied der EU-Kommission und seit 2010 einer ihrer Vizepräsidenten. Zuletzt war er für die Energieunion zuständig. Der Jurist mit langjähriger diplomatischer Erfahrung ist formell parteilos, steht aber den Sozialdemokraten nahe.
Vera Jourova: Die aktuelle EU-Kommissarin für Justiz, Verbraucherschutz und Gleichstellung kommt aus Tschechien und soll sich künftig um Werte und Transparenz in der Kommission kümmern. Jourova ist Mitbegründerin der populistischen Partei ANO von Ministerpräsidenten Andrej Babis, die zur liberalen Fraktion im EU-Parlament gehört. Babis selbst wird EU-Subventionsbetrug vorgeworfen.
Dubravka Suica: Die Kroatin ist Mitglied der konservativen Regierungspartei HDZ und soll für Demokratie und Demografie in der Kommission zuständig sein. Suica war seit 2013 Europaabgeordnete - also seit dem EU-Beitritt ihres Landes. Zuvor war die Deutsch- und Englischlehrerin lange Bürgermeisterin von Dubrovnik.
Virginijus Sinkevicius: Der Litauer soll sich in der Kommission um die Umwelt kümmern. Sinkevicius kommt vom litauischen Bund der Bauern und Grünen, ist der jüngste Minister in der Geschichte seines Heimatlandes. Seit 2017 ist er zuständig für Wirtschaft und Innovation. Nun könnte der Ökonom und Jurist auch jüngstes Mitglied der EU-Kommission werden. Seine Partei steht den europäischen Grünen nahe, ist eher in der politischen Mitte angesiedelt.
Nicolas Schmit: Der luxemburgische Sozialdemokrat soll das Ressort Beschäftigung bekommen. Schmit war Luxemburgs Botschafter bei der EU und von 2009 bis 2018 Arbeitsminister. Im Mai 2019 wurde er ins Europaparlament gewählt. Schmit hätte schon 2014 EU-Kommissar werden sollen, musste aber wegen Junckers Ernennung zum Kommissionspräsidenten verzichten.
Helena Dalli: Die maltesische Sozialdemokratin soll Kommissarin für Bürgerrechte und Gleichstellung werden. Sie ist langjährige Abgeordnete im Parlament des Inselstaates. Von 2013 bis 2017 war die promovierte Soziologin Sozial- und Verbraucherschutzministerin, danach Ministerin für EU-Angelegenheiten und Gleichberechtigung.
Elisa Ferreira: Die portugiesische Sozialistin soll sich als Kommissarin um Kohäsion und Reformen kümmern. Ferreira war zuletzt Vize-Gouverneurin der portugiesischen Zentralbank. Die Sozialistin war in den 90er-Jahren unter anderem Umweltministerin, später war sie Abgeordnete im nationalen und im europäischen Parlament.
Ylva Johansson: Die schwedische Sozialdemokratin soll sich um den Bereich Innenpolitik kümmern. Johansson war bisher Arbeitsmarktministerin, hatte vorher aber auch schon andere Ministerämter. Nach ihrem Lehramtsstudium in Lund arbeitete sie früher als Mathe-, Physik- und Chemielehrerin.
Janez Lenarcic: Der slowenische Karrierediplomat soll sich um das Krisenmanagement der EU kümmern. Lenarcicwar nicht nur Botschafter Sloweniens bei der EU, sondern auch Vertreter bei der OSZE und den Vereinten Nationen. Zwischendurch war er Berater des Außenministeriums und der Regierung.
Adina Valean: Die rumänische Politikerin ist seit 2007 Mitglied des Europäischen Parlaments. Zuletzt leitete sie dort den Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie. Sie soll nun das Ressort Verkehr übernehmen. Valean ist Mitglied der Liberal-konservativen Partei in Rumänien. Sie war nachnominiert worden, nachdem Rovana Plumb vom EU-Parlament als Kommmissarin abgelehnt worden war.
Stella Kyriakidou: Die zypriotische Konservative soll EU-Gesundheitskommissarin werden. Kyriakidou ist langjährige Parlamentsabgeordnete auf Zypern, zwischen 2017 und 2018 war sie auch Präsidentin der Parlamentarischen Versammlung des Europarates. Die Kinderpsychologin gilt als Vertraute von Präsident Nikos Anastasiades, der ihr den Vorzug vor dem bisherigen zyprischen EU-Kommissar Christos Stylianides gab.
Zurückgezogen wegen Bedenken des Europaparlaments wurden:
Sylvie Goulard: Die französische Liberale sollte sich um den Bereich Industriepolitik, Binnenmarkt und die Verteidigungsindustrie in der Kommission kümmern. Sie wurde abgelehnt, weil noch ein Verfahren wegen der möglichen Scheinbeschäftigung gegen sie läuft.
Rovana Plumb: Die Vizepräsidentin der in Rumänien regierenden Sozialdemokratischen Partei sollte ursprünglich das Ressort Verkehr übernehmen. Wegen mutmaßlicher Interessenkonflikte wurde Plumb vom Rechtsausschuss des EU-Parlaments als Kommmissarin abgelehnt.
Laszlo Trocsanyi: Der ehemalige ungarische Justizminister und Mitglied der rechtspopulistischen Fidesz-Partei sollte sich um die EU-Erweiterung kümmern. Er wurde wegen mutmaßlicher Interessenkonflikte vom Rechtsausschuss des EU-Parlaments als Kommmissar abgelehnt.