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Die neue Hoffnung der Kommunisten

Frankreichs Kommunisten erreichten bei der letzten Wahl nur 1,9 Prozent der Stimmen. Nun sieht es besser für sie aus. Denn Jean-Luc Mélenchon, der Präsidentschaftskandidat der Kommunisten und der Linkspartei, kommt bei den jüngsten Umfragen auf zwölf Prozent der Wähler.

Von Ursula Welter |
    Der Mann mit dem kantigen Gesicht und der roten Nelke im Knopfloch hat gut Lachen. Der Platz an der Bastille in Paris ist voller Menschen, rote Fahnen werden geschwenkt, und immer noch strömen die Massen zur Kundgebung des "Front de Gauche".

    100.000 Zuschauer, vielleicht 120.000 - das hatten die Organisatoren der Linksfront nicht erwartet, und auch Jean-Luc Mélenchon scheint überrascht vom großen Zuspruch, nicht davon, dass die Leute "Résistance" rufen, Widerstand:

    "Diesen Marsch haben wir am Platz der Nation gestartet, jetzt die Bastille, eine Etappe zur Revolution, zur sechsten Republik."

    Jean-Luc Mélenchon will den Regimewechsel. Die präsidiale Monarchie Frankreichs gehöre abgeschafft, er werde der letzte Präsident der Fünften Republik sein, um den Schlüssel des Elysée-Palastes in die Seine zu werfen. Aufwertung des Parlaments und ein neuer Führungsstil des Präsidenten, das unter anderem verspricht Mélenchon. Und ein neues Europa, über die Wirtschaftspolitik entscheide künftig das Volk, nicht eine Troika.

    Schlagt mit Eurem Votum eine Bresche. Erst Frankreich, dann Griechenland, und bald auch unsere Freunde in Deutschland, die unter dem liberalen Wirtschaftsdiktat leiden, ruft Mélenchon den Wählern auf dem Platz der Bastille zu und dekliniert damit die anstehenden Wahlen in Europa durch. Die Menge jubelt und die Meinungsforscher sehen Mélenchon im Aufwind. Zum Verdruss der Sozialisten mit ihrem Spitzenkandidat François Hollande.

    "Alles hängt davon ab, wie viel Stimmen Mélenchon bekommt." Sagt der Politologe Alfred Grosser, und: "Wenn er zehn oder zwölf Prozent der Stimmen bekommen würde, dann ist Hollande wahrscheinlich kaputt."

    Die Umfragen schwanken, aber Mélenchon hat die zwölf Prozent längst erreicht.

    Natürlich gibt es eine Konkurrenz zwischen dem "Front de Gauche", der Linksfront, und den Sozialisten, sagt Mélenchon, der bis 2008 selbst Mitglied der "Parti Socialiste" war und als langjähriger Rivale von François Hollande gilt. Gegner der europäischen Verträge, Europaabgeordneter, das sind die beiden Seiten der Medaille Mélenchon. Gemeinsam mit den Kommunisten will er im ersten Wahlgang am 22. April möglichst viele Stimmen sammeln. Die Mathematiker in Frankreich spekulieren nun, was Mélenchon bewirken könnte: Würde er im ersten Wahlgang den Kandidaten der Sozialisten so weit schwächen können, dass dieser auf Platz drei zurückfiele - hinter Amtsinhaber Sarkozy und die Chefin des rechtsradikalen Front National?

    Ich will besser als Hollande abschneiden, sagt Mélenchon entschieden und freut sich über die Tendenz in den Meinungsumfragen. Denn: Sollte der Spitzenkandidat der Sozialisten Hollande die Wahl am Ende doch gewinnen, wäre die Linksfront das Zünglein an der Waage und könnte den Kurs mitbestimmen: Mit einem simplen Nachverhandeln des europäischen Fiskalpaktes, wie es die Sozialisten planen, sei es dann nicht mehr getan, dann werde es ein Referendum in Frankreich geben; und auch der Mindestlohn müsse angehoben werden, auf 1700 Euro monatlich, fordert die Linksfront. Die Sozialisten sagen: unrealistisch und nicht finanzierbar.

    Er spielt den Volkstribun, beschwichtigt François Hollande die Bedrohung, die da von links auf ihn zukommt. Die konservativen Wahlkämpfer schauen sich das Spektakel mit Genugtuung an. Nicolas Sarkozy steigt in den Umfragen, womöglich auch, weil mancher potenzielle Wähler des Sozialisten Hollande nun befürchtet, Mélenchon und ein Teil der Kommunisten könnten mit am Regierungstisch sitzen.

    In den kommenden Tagen will die Wahlmannschaft der Linksfront weiter durchs Land ziehen. Alles sei möglich, sagt auch Mélenchon, der Fluss sei über das Ufer getreten, seine Botschaft verbreite sich.

    Und so sollen in den kommenden Tagen noch auf vielen Plätzen Frankreichs rote Fahnen wehen und die Internationale erklingen, stets bevor die Marseillaise gesungen wird.