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Die neuen Alten
Aktiv, leistungsfähig - aber oft von Armut bedroht

Der gesellschaftliche Blick auf das Alter hat sich in den vergangenen Jahrzehnten verändert, sagt die Soziologin Silke van Dyk im Deutschlandfunk. Ältere würden zunehmend als aktive und leistungsfähige Menschen wahrgenommen. Doch das Armutsrisiko steigt, insbesondere für Frauen.

Silke van Dyk im Gespräch mit Benedikt Schulz |
    Eine Gruppe von Rentnern walkt mit Nordic-Walking-Stöcken auf einem Weg durch einen Wald.
    Sport statt Kreuzworträtsel: Rentner von heute geben sich gerne sportlich aktiv. (dpa/picture alliance/Felix Kästle)
    Durch die in den letzten Jahrzehnten rasant gestiegene Lebenserwartung hat sich die Wahrnehmung des Alters verändert. Besonders das Leben der jüngeren Alten werde nicht mehr defizitär gesehen, sei nicht mehr negativ behaftet, sagt die Soziologin Silke van Dyk von der Universtät Jena im Deutschlandfunk. Die Phase der Hochaltrigkeit, die mit gesundheitlichen und mentalen Einschränkungen einhergehe, sei mit dem Eintritt ins Rentenalter noch lange nicht erreicht.
    Damit habe sich auch der gesellschaftliche Blick auf das Alter, auf den Ruhestand, deutlich verändert, sagte van Dyk. Die Idee vom Alters als Ruhestand ohne Pflichten verschwinde. Das sehe man auch daran, dass ältere Menschen als aktive und leistungsfähige Bürgerinnen und Bürger adressiert würden, die sich nicht nur ausruhen, sondern die auch was beitragen sollten zur Gesellschaft.
    Negativbegriff "Überalterung"
    Dabei schwinge oft ein negativer Blick auf den demografischen Wandel mit: Das viele ältere Menschen ein Problem seien. "Es wird nicht von Alterung, sondern von Überalterung gesprochen." Und wenn die Alten schon so eine Belastung für die Gesellschaft seien, dann sollen sie selbst die von ihnen verursachtern Lasten auch kompensieren. Es gebe da eine zunehmende Erwartungshaltung, einen zunehmenden Druck und Anspruch.
    Benachteiligung älterer Frauen
    Für die, die das erfüllen könnten, die sich engagieren möchten, sei das auch kein Problem, sagte van Dyk. Dabei werde übersehen, dass die Lebenslagen im Alter extrem ungleich seien. Viele vor allem ältere Frauen seien nicht gut versorgt. Sie könnten sich nicht aussuchen, ob sie aktiv sein wollten oder nicht, weil sie geringfügigbeschäftigt weiter arbeiten müssten. "Altersarmut wird das Thema der Zukunft werden", sagte van Dyk.
    Wenn es um die Alten gehe, werde oft mitgedacht, "wenn sie schon länger leben, dann können sie auch mehr leisten". Dabei gerate aber aus dem Blick, dass Lebenserwartung in Deutschland eine Klassenfrage sei. Bekannt sei, dass Frauen länger leben als Männer. Wenn die Frauen aber zu den oberen zehn Prozent gehören bei Bildung und Einkommen, dann leben sie zehn Jahre länger als die unteren zehn Prozent. "Darüber wird kaum gesprochen", sagte van Dyk. Für niedrigqualifizierte männliche Geringverdiener sinke die Lebenserwartung sogar.
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