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Die Nick Moss Band
Chicago Blues mit Rock-Attitüde

Nick Moss ist einer dieser Protagonisten, die den Blues konservieren, indem sie ihn erneuern: Zwar klingt Moss mit seiner Band klar nach Tradition, nach den Ursprüngen des elektrischen Blues - doch wenn er mit seiner Band spielt, dringt deutlich der Rockeinfluss durch und es grüßen groovende Elemente von Funk und Soul.

Am Mikrofon: Tim Schauen | 18.03.2016
    Zwei Gitarristen, ein Bassist und ein Trommler stehen auf einer Bühne und spielen Bluesmusik.
    Die Nick Moss Band mit dem Namensgeber links auf der Bühne des Bluesfestival Schöppingen. (Deutschlandradio / Tim Schauen)
    An Gitarre und Gesang unterstützt von Michael Ledbetter und von Bluesgitarrist Josh Smith, der in Schöppingen kurz auf der Bühne vorbeischaute, bot die Nick Moss Band authentischen Blues alter Schule - mitten aus dem Leben.
    Aufnahme vom 24.5.15 beim Bluesfestival in Schöppingen

    Die Nick Moss-Band
    Die Nick Moss-Band (Deutschlandradio / Tim Schauen)
    "Es geht nur um die Show!" - Nick Moss im Interview (07:04)
    "Eine Show ist eine Show, die Leute wollen unterhalten werden! Das habe ich vor langer Zeit in Chicago von einem Mann namens Buddy Scott gelernt, als ich in seiner Band spielte, Buddy Scott & The Rib Tips. Und Buddy war soetwas wie ein Testgelände für junge Musiker, viele junge Talente sind mal in seiner Band gewesen. Unter anderem Chaka Kahn hat mal bei ihm gesungen. Mein Bruder und ich haben eine Zeitlang in seiner Band gespielt, und er hat immer wieder Leute eingeladen, darunter waren oft auch ganz furchtbar schlechte und wir fragten ihn: Buddy, warum lässt die so furchtbare Musiker auf die Bühne? Und da sagte er eines der wichtigsten Dinge, die ich je gelernt habe: es geht nur um die Show! Leute kommen, um uns anzuhören und sehen gute Musiker, dann sagen sie: "Boah, ist die Band gut!" Und wenn sie schlechte Musiker hören sagen sie: Boah, guck mal wie gut Buddy Scott im Gegensatz zu den anderen ist" Ich kann also nur gewinnen.Es geht nur um die Unterhaltung!
    Ich selbst bin nicht so ein Showtyp, mein Sänger Michael kann das viel besser, er hat die bessere Bühnenpräsenz. Ich war immer eher der Typ am Rand, ich kann bloß zu lang Gitarrensoli spielen, um die Leute zu langweilen. Ich bin vielleicht soetwas wie der Banddirektor, bin für die Dynamik verantwortlich und kann sehen, dass wir insgesamt gut klingen.
    Ich bin jetzt erst zum zweiten Mal auf Tour in Deutschland, in den Jahren zuvor habe ich bloß ein oder zweimal hier gespielt, einmal auf einem Festival, das andere Mal in einem Club, ich war jedoch nie zwei, drei Wochen am Stück in Deutschland so wie jetzt. Hier müssen wir erst noch bekannter werden. In Norwegen und einigen anderen Ländern läuft das schon besser, aus irgendwelchen Gründen habe ich in Norwegen mehr Erfolg als bislang hier.
    Wer bescheiden schläft, der spielt auch bescheiden
    Doch ganz egal wo wir spielen, auch in den USA gilt das: mir ist am wichtigsten, meine Band bezahlen zu können! Meine Frau verdient auch Geld und daher kann und muss ich zuerst auf die Band gucken. Selbst in den Staaten verdiene ich persönlich bei manchem Konzert nichts, aber die Band muss bezahlt werden! Das geht natürlich nicht immer, aber manchmal eben doch. Und daher kann ich im Moment noch einiges riskieren, muss nicht bei jedem Gig genau sehen, dass ich auch ja genug Geld verdiene. Dieses Mal nicht, aber hoffentlich beim nächsten Mal. Wie gesagt: Wichtig ist, dass die Jungs ordentlich bezahlt werden, dass wir in vernünftigen Unterkünften schlafen, damit die Leute in den Konzerten eine glückliche Band sehen, die sich freut, auf der Bühne zu stehen! Wer bescheiden schläft, der spielt auch bescheiden. Daher ist mir am wichtigsten, dass die Band gut zurecht kommt, und das überträgt sich dann auch auf die Leute.
    Nieren-Op mit 18
    Als ich jung war und mich für die Musik entschieden habe, habe ich mir keinerlei Illusionen gemacht, eines Tages reich zu sein. Klar, habe ich das insgeheim gehofft, aber ich war mir doch sehr klar darüber, was möglich ist. Ich habe erst American Football gespielt und war Ringer, Griechisch-Römischer Stil. Aber als ich 18 Jahre alt war, habe ich 80 Prozent meiner Nieren verloren - ich hatte eine Anomalie, von der niemand etwas wusste - dewegen konnte ich nicht aufs Sportcollege gehen.
    Musik als Heilmaßnahme
    Und für mich als 18-Jähriger brach eine Welt zusammen, ich wollte aufs College, wollte Sport machen und Mädchen kennenlernen – also habe ich mir überlegt, dass ich doch mit Musik Mädchen kennenlernen konnte. Aber der Wendepunkt, der wahre Grund war ein anderer: Kurz nachdem ich einigermaßen wieder hergestellt aus dem Krankenhaus kam, ging ich mit meinem Bruder eine Band in Chicago angucken. Es waren dort sieben Zuschauer, zusammen mit meinem Bruder und mir, die Band kam also auf die Bühne, topgekleidet, auf der Bühne edelste Vintage-Instrumente und Verstärker – und sie haben Gas gegeben, als wäre die Hütte voll. Phantastische Musiker, die wahres Entertainment geboten haben. Und da kam ich dann auf die Idee: Du kannst nicht mehr Football spielen, Du kannst nicht aufs College, wenn ich aber Musik machen könnte und damit Rechnung bezahlen, dann wäre ich sich sehr glücklich. Musik ist seitdem mehr Heilmaßnahme als Broterwerb – ich kann nicht nicht spielen. Auch wenn ich damit nichts verdienen würde, ich muss spielen!"
    Dieses Konzert können Sie bis zum 18.9.2016 online nachhören.