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Die NPD und die europäische Rechte

Auch wenn sich die Ideologie der Rechtsextremisten durch ausländerfeindliche Parolen auszeichnet, die Blut-und-Boden-Ideologen der europäischen Länder sind durchaus miteinander vernetzt. Als eine Führungsperson in der internationalen rechtsextremen Szene gilt der Schwede Patrik Brinkmann. Mit der von ihm gegründeten "Kontinent Europa"-Stiftung gibt er den Ultrarechten von Madrid bis Moskau einer Plattform, auf der sich auch deutsche NPD-Aktivisten bewegen. Für dieses Wochenende plant die NPD ihren Bundesparteitag in Berlin. Und auch dabei spielt die Definition des eigenen Landes innerhalb Europas eine wichtige Rolle.

Von Almuth Knigge |
    Auf den ersten Blick scheint es ein ganz normales Rockfestival, auf den zweiten Blick ist es ein Festival der Radikalen. Auf der Bühne ein Transparent - "Europe awake" - "Europa erwache". Die europäische Rechte feiert sich selbst

    Musiktext: "Wir sehen uns in die Europa - Europa, die Jugend, Revolution."

    Jedes Jahr im Sommer erzittert das beschauliche Thüringen unter einem Schauspiel ganz besonders gruseliger Art - einem Nazi-Happening für Rechtsextremisten aus ganz Europa: dem "Fest der Völker", einem der größten Neonazi-Vernetzungstreffen in ganz Europa. NPD-Größen, Schweizer Skinheads, tschechische, italienische, spanische Neonazis, Mitglieder des verbotenen Blood-and-Honour-Netzwerks - alle sind sie da und tauschen untereinander Grußworte aus. Ihr Credo: für die Identität der Völker - gegen die internationale Großfinanz, laut Nazi-Ideologie eine jüdische Weltverschwörung. Über das Internet haben sich die Kameraden gegenseitig mobilisiert:

    "Warst du schon einmal in Europa unterwegs? Es herrschen überall die gleichen Probleme: der Kapitalismus und seine Fratze ..."

    Einer der Vordenker der europäischen Rechten ist Andreas Molau. Der ehemalige Pressesprecher der NPD-Landtagsfraktion in Schwerin wollte sich eigentlich am kommenden Wochenende zum neuen Bundesvorsitzenden der NPD wählen lassen - doch dann zog er seine Kandidatur zurück - auch seine Europavision kommt bei vielen NPD-Mitgliedern noch nicht an. Vor allem NPD-Bundesgeschäftsführer Eckart Bräuniger kritisiert Molau, weil er sich, "nicht mehr an den Interessen unseres Volkes, sondern an den Interessen einer nicht existenten 'europäischen Nation'" orientiere. Der so genannte "Ethnopluralismus, der Menschen anderer Herkunft rigoros aus der eigenen Nation fern halten oder auch verbannen soll, geht ihnen nicht weit genug. Rassistisch ist diese Haltung allemal. Auch wenn theoretisch kein Wertunterschied zwischen den Nationen gemacht wird, geht es doch um eine rabiate Ausgrenzungspolitik. Doch viele Rechtsextremen sind mittlerweile im 21. Jahrhundert angekommen. Rassismus und völkisches Denken sind geblieben - aber in europäischer Zusammenarbeit:

    "Wenn die NPD als Hauptpunkt ihrer politischen Arbeit den Kampf gegen die Globalisierung ins Blickfeld rückt, dann ist das absolut sonnenklar, wenn die verschiedenen nationalen Bewegungen in Europa zusammenarbeiten. Selbst Kritiker, die mir vorwerfen, ich sei zu europäisch, die liebäugeln ja auch und fahren nach Ungarn und Spanien und versuchen da Kontakte zu bekommen, ich denke, dass die Frage des europäischen Nationalismus überzeugend sein wird."

    Andreas Molau ist ständig auf Reisen durch Europa. Seit einiger Zeit ist er Vorstandsmitglied und Deutschland-Beauftragter der "Kontinent Europa"-Stiftung des Schweden Patrik Brinkmann. Im Vorstand und Kuratorium auch einige Herrschaften, deren politische Verortung in der extremen Rechten allzu bekannt ist. Da ist Pierre Vial, ein langjähriger Parteigänger des "Front National" oder auch der Spanier Enrique Ravello, Chef der rechten Gruppe "Tierra y pueblo" (Land und Volk). Der leistete für Andreas Molau Wahlkamphilfe, als dieser versuchte, im letzten Jahr in den niedersächsischen Landtag einzuziehen. Die "Kontinent Europa"-Stiftung will, so schätzen Experten, eine Art ideologische Dachorganisation für die rechtsextremen Parteien und die unabhängigen sogenannten nationalen Kräfte Europas einschließlich Russlands werden.

    "Das ja nicht heißt, dass es jetzt einen gemeinsamen europäischen Nationalismus gibt. Der gemeinsame Interesse dieser nationalen Bewegung, das ist der Kampf gegen Islamisierung und der Kampf gegen die USA."

    Die NPD verspricht sich von einer Annäherung an die "Kontinent Europa"-Stiftung einerseits eine intellektuelle Aufwertung, der schwerreiche Brinkmann könnte aber auch ein möglicher Geldgeber der finanziell schwer angeschlagenen NPD - sollte sich Udo Pastörs beim Kampf um den Vorsitz durchsetzen. Volk statt Staat - besser noch - weiße Völker - das ist der zentrale Begriff der europäischen Rechten.