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Die Pandemie ist offiziell vorbei

Medizin.- Lange war es still um die sogenannte Schweinegrippe, die im Sommer 2009 die Menschen in Angst und Schrecken versetzte - ob berechtigt oder nicht. Nun hat die Weltgesundheitsorganisation zu einer Pressekonferenz zum Thema geladen.

Wissenschaftsjournalist Martin Winkelheide im Gespräch mit Monika Seynsche |
    Monika Seynsche: Im April 2009 erkrankten in Mexiko ungewöhnlich viele junge Menschen an Lungenentzündung. Dann zog die damals als Schweinegrippe bezeichnete Epidemie um die Welt. Horrorszenarien wurden an die Wand gemalt und im Juni 2009 verkündete die Weltgesundheitsorganisation die höchste Pandemiestufe sechs. Heute Nachmittag nun hat die WHO erneut zu einer Pressekonferenz eingeladen, bei der Martin Winkelheide zugehört hat. Herr Winkelheide, was genau hat die WHO denn jetzt gesagt?

    Martin Winkelheide: Dr. Margaret Chan, die Generaldirektorin der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat nicht explizit das Ende der Schweinegrippepandemie verkündet. Aber sie hat gesagt, die Pandemie ist vorbei, es beginnt jetzt eine neue Phase. Die Weltgesundheitsorganisation nennt das das die Post-Pandemiephase, also Phase sieben sozusagen. Das heißt: Man muss weiter das Virus im Auge behalten, gucken: Verändert es sich? Wird es schwächer? Wird es aggressiver? Wird es unempfindlich gegen Medikamente und gibt es kleinere oder größere lokale Ausbrüche? Der Grund, warum man nun die Pandemie doch für beendet erklärt hat, ist, dass man gesagt hat: Das Virus in seiner Ausbreitung hat das Muster einfach verändert. Am Anfang hat es alle anderen Influenzaviren verdrängt. Jetzt ist es ein Virus von vielen mehreren Influenzaviren, die im Umlauf sind. Und vergangene Woche hat ja zum Beispiel auch die Ständige Impfkommission hier in Deutschland schon reagiert und die Impfung sozusagen als Mischimpfung für geboten erklärt, also wo dann gegen mehrere Stämme geimpft wird ab Herbst. Also es ist ein ganz normales Influenzavirus geworden sozusagen.

    Seynsche: Aber sagen Sie, kommt diese Verkündung nicht ein bisschen spät? Es redet doch eigentlich überhaupt gar niemand mehr von einer Pandemie.

    Winkelheide: Aus der Sicht der Länder des Nordens, also von Europa und den USA, könnte man eigentlich sagen, die Pandemie ist spätestens seit Dezember, Januar vorbei. Aber Margaret Chan hat gesagt, das mag so sein. Und viele Länder haben ihre Aktivitäten ja auch schon zurückgeschraubt. Aber sie sagt, die Weltgesundheitsorganisation ist eben für die ganze Welt verantwortlich. Und das H1N1-Virus ist nicht verschwunden. Es gibt auch noch größere Ausbrüche, zum Beispiel zurzeit in Neuseeland und in Indien. Und deswegen hat man so lange gewartet, die Post-Pandemiephase auszurufen.

    Seynsche: Die WHO war ja heftig in die Kritik geraten, dass sie überhaupt eine Pandemiestufe sechs ausgerufen hatte. Hatten sie sich dazu jetzt heute geäußert?

    Winkelheide: Sehr zurückhaltend. Die Kritik war ja sehr heftig und sie war auch berechtigt. Das Problem war ein bisschen, dass die Weltgesundheitsorganisation das Vogelgrippevirus, das ja sehr viel aggressiver ist als das Schweinegrippevirus, als Modell genommen hat. Und wenn man nach den Kriterien der Weltgesundheitsorganisation geht, hat sie alles richtig gemacht. Das Problem ist nur, dass durch ein Virus, was eben schwächer ist und was nicht so stark krank macht, plötzlich die Position der Weltgesundheitsorganisation sehr viel schwächer geworden ist. Und sie hat an Glaubwürdigkeit verloren. Und hier muss sie sehr viel tun und sehr viel lernen. Und ein kleines Zeichen dafür, dass sie auch willig ist zu lernen hat es heute schon gegeben: Margaret Chan hat gesagt: Ja, wir müssen vielleicht nicht immer von dem Worst-Case-Szenario, vom Schlimmsten ausgehen, sondern verschiedene Modelle entwickeln, wie man flexibel auf Pandemien und Viren, die sich weltweit verbreiten, reagieren kann.

    Seynsche: Vielen Dank, das war Martin Winkelheide.