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Die Philosophie des Schenkens
Kultursoziologin Elfie Miklautz: "Geschenke sind Beziehungsangebote"

Schenken ist Kommunikation. "Wer schenkt, fordert sein Gegenüber auf, in eine Beziehung einzutreten", sagte die Kultursoziologin Elfie Miklautz im Dlf. Auf ein Geschenk könne man nicht nicht antworten – auch die Zurückweisung einer Gabe sei schließlich eine Antwort.

Elfie Miklautz im Gespräch mit Maja Ellmenreich |
Ein Geschenk wird eingepackt
Auch ein schnödes Massenprodukt erhält durch die passende Verpackung eine persönliche Note (imago images / Westend61)
Geschenke gehören zum Weihnachtsfest wie der geschmückte Baum, wie Kartoffelsalat oder Karpfen, wie Gottesdienstbesuch oder Familienkrach. Ob liebevoll erdacht, womöglich selbstgemacht, aufwändig verpackt und erwartungsvoll übergeben – oder als lästige Pflicht empfunden, in aller Eile besorgt und in letzter Sekunde unter den Baum gelegt - es wird geschenkt!
Ausdruck von Wertschätzung
"Mit Geschenken signalisiert man, jenseits der Sprache, dass man den anderen wertschätzt, ihn anerkennt, ihm Ehre erweist", sagt die Kultursoziologin Elfie Miklautz. Ein Geschenk sei eine Aufforderung, wahrgenommen zu werden. Das größte Geschenk sei eines, mit dem man sich tief im Innersten erkannt fühle. "Wenn das nicht der Fall ist, führt das zu einer Enttäuschung. Dann fühlt man sich verkannt, nicht angemessen wahrgenommen. Man hat den Eindruck, der andere versteht nicht, wer man eigentlich ist."
Regelwerk
Der Ursprung des Schenkens liege im Opfer an die Götter, erläutert Miklautz: "Mit Opfern wollte man die Götter günstig stimmen." Bis heute spiele der Aufbau von Vertrauen beim Schenken eine wichtige Rolle. Dabei gelte es, eine Vielzahl von Regeln zu beachten: "Man muss aufpassen, dass man keine zu großen Geschenke macht, aber auch keine zu kleinen, dass man keine zu bedeutungsvollen Geschenke übergibt und keine banalen. Das hängt ganz stark von der jeweiligen Beziehung ab."
Tauschgeschäft
Im Kern handele es sich beim Schenken um ein wechselseitiges Tauschgeschäft mit gesellschaftlichen Verpflichtungen. In der Welt des Schenkens aber solle vermeintlich ohne Erwartungen gegeben werden. Elfie Miklautz sieht darin eine "soziale Lüge". Man verbräme das Schenken zu einem freiwilligen, großzügigen Akt. "Wenn wir die Illusion nicht mehr hegen würden, dass es so etwas wie unentgeltliche, uneigennützige Handlungen gibt, dann wäre das Leben doch sehr kühl."
Individuelle Verpackung
Vor dem Einpacken gehört es sich, das Preisschild zu entfernen. "Natürlich wissen wir alle in etwa, wieviel das Geschenk wert ist, aber wir signalisieren, dass das Schenken kein normaler Tausch im ökonomischen Sinne ist", so Miklautz. Durch die Verpackung würden Massenprodukte, die einander gleichen, personalisiert. Elfie Miklautz spricht von einer "symbolischen Transformationsarbeit".
Ein Porträt der Kultursoziologin Elfie Miklautz
Die Kultursoziologin Elfie Miklautz ist Professorin an der Wirtschaftsuniversität Wien und Autorin des Buches "Geschenkt. Tausch gegen Gabe – eine Kritik der symbolischen Ökonomie".