Monika Seynsche: Spricht man über den Klimawandel, gibt es selten Positives zu berichten. Die Temperaturen steigen und die Niederschläge werden unzuverlässiger: Dürren könnten sich häufen, genauso wie Überflutungen durch Starkregenfälle. Letztere aber scheinen auch ihr Positives zu haben. Britische Forscher berichten heute im Fachmagazin "Nature Climate Change", dass Starkregenfälle eine besonders große Rolle für die Grundwasseranreicherung spielen. Sie stützen sich dabei auf eine 55 Jahre lange Datenreihe aus ihrem Untersuchungsgebiet in Zentraltansania. Vor der Sendung habe ich den Leiter der Studie, Richard Taylor vom University College London, zuerst gefragt, wie sie an diese Daten gekommen sind.
Richard Taylor: Die Daten über den Grundwasserspiegel stammen aus dem Makutapora-Brunnenfeld. Die Niederschlagsdaten sind Beobachtungen, keine Modelldaten, von einem Regenfang am Makutapora-Brunnenfeld. Es sind also alles Messdaten, sowohl die Grundwasserspiegel- als auch die Niederschlagsdaten.
Seynsche: Aber ist dieses Ergebnis nicht unlogisch? Würde man nicht davon ausgehen, dass bei einem Extremniederschlag das meiste Wasser oberflächlich abfließt und letztendlich im Ozean landet?
Taylor: Ja, genau, es ist ... lassen Sie es mich so formulieren: Es ist unlogisch für Menschen, die nicht viel Zeit in diesen trockenen Gebieten, hier Afrika, verbracht haben. Die meisten Experten gehen davon aus, dass eine Zunahme von Extremniederschlägen generell zu stärkerem Oberflächenabfluss führen sollte und nicht zu einem Anstieg des Grundwasserspiegels. Das gründet auf der logischen Annahme, dass wenn wir mehr Oberflächenabfluss haben, dieses Wasser in Flüsse und das Meer gelangt, aber nicht versickert. Aber hier in Tansania werden durchaus große Gebiete überschwemmt und wenn sie ein semiarides Gebiet mit Wasser überschwemmen, verdunstet natürlich viel davon, und viel fließt an der Oberfläche ab, aber ein sehr großer Anteil geht auch nach unten. Der Wasserbedarf der Vegetation hier ist nicht sonderlich groß – hier gibt es ja keine Waldgebiete oder ähnliches. Wenn Sie eine solche Landschaft unter Wasser setzen, in der durchlässige, also etwa sandige Böden vorherrschen, sickert der überwiegende Teil des Wassers nach unten.
Seynsche: Und können Sie diese Ergebnisse übertragen auf andere Regionen des Planeten? Ist das ein für Ostafrika typisches Phänomen oder laufen diese Prozesse auch in anderen semiariden oder ariden Regionen ab?
Taylor: Nun, das ist es, was ich vermute. Nehmen wir zum Beispiel die Überflutungen in Pakistan vor wenigen Jahren. Die Leute hatten mit einer ganzen Reihe tragischer Folgen zu kämpfen: Todesopfer, zerstörte Häuser, verlorene Ernte. Aber es gibt auch Hoffnung für sie: Die Leute in Pakistan werden vermutlich das gesamte nächste Jahrzehnt von dem Wasser profitieren, dass durch diese Flut ihre Grundwasserspeicher aufgefüllt hat. Diese großen Flutereignisse haben also auch ihr Gutes dort, wo die obersten geologischen Schichten wasserdurchlässig sind. Denn dort kommt es zu einer gezielten Grundwasseranreicherung. Die Gebiete werden überflutet, aber mit der Zeit sammelt sich das Wasser in ehemals trockenen Flussbetten. In den trockenen und sehr trockenen Regionen der Welt gibt es viele solcher Trockenflussbetten, die nur nach starken Regenfällen Wasser führen. Und gerade diese Flussbetten bestehen in der Regel aus gröberen Sandkörnern, die eine Versickerung des Wassers nach unten erleichtern. Besonders in trockenen Regionen fließt das Wasser der Regenfälle also nicht einfach ins Meer, sondern sammelt sich in den Trockenflüssen und sickert von dort aus nach unten, um die Grundwasserleiter aufzustocken. Theoretisch ist dieser Prozess schon länger bekannt - etwa aus dem Südwesten der USA oder Australien. Aber wir konnten mit unserer Studie zum ersten mal anhand langjähriger Messreihen beweisen, dass gerade die Starkregenfälle extrem bedeutend für die Auffüllung der Grundwasserspeicher sind. Als nächstes wollen wir jetzt Gebiete kartieren, die unserem Untersuchungsgebiet ähneln, Gebiete also, in denen nach Überflutungen viel Wasser versickert und die Grundwasserspeicher auffüllt.
Seynsche: Und wo wären solche Gebiete? Die meisten Klimamodelle prognostizieren ja mehr Extremniederschläge. Welche Regionen könnten also davon profitieren?
Taylor: Nun, als erstes haben wir uns natürlich die Klimaprognosen für unser Untersuchungsgebiet in Zentraltansania angeschaut. Dort gehen die Modelle von einer Zunahme der Niederschläge aus. Es gibt aber auch Regionen wie den Mittelmeerraum, die vermutlich trockener werden. Und da wird es kurios: denn wenn der gesamte Niederschlag über einer solchen Region abnimmt aber es gleichzeitig zu mehr Starkregenereignissen kommt, könnte das trotz des geringeren Niederschlags zu einer verstärkten Grundwasseranreicherung führen. Das klingt erstmal unlogisch. Aber Regenwasser kann nur dann die Grundwasserspeicher auffüllen, wenn mehr Wasser zur Verfügung steht, als gleichzeitig verdunstet oder von der Vegetation benötigt wird. Und besonders in tropischen und subtropischen Regionen haben Sie diesen Überschuss fast nur nach Starkregenereignissen.
Seynsche: Und wie könnten die Menschen in solchen Regionen von diesem Prozess profitieren? Sollten sie zum Beispiel mehr Brunnen bohren um ans Grundwasser zu gelangen?
Taylor: Ja das ist richtig. Aus unserer Studie kann man eine Reihe wichtiger Schlussfolgerungen ableiten. Zum einen müssen wir noch genauer untersuchen, welche Regionen von mehr Starkregenereignissen profitieren könnten. Zum anderen wissen wir jetzt, dass diese sporadischen Starkregenereignisse von fundamentaler Bedeutung für die Hydrologie einer Region sind. Wir sollten also die Versickerungsmöglichkeiten verbessern, damit möglichst viel Wasser aus diesen Fluten ins Grundwasser gelangen kann. Das ist viel sinnvoller als das Wasser etwa in Stauseen aufzufangen. Denn unter der Erde ist das Wasser viel besser vor Verdunstung geschützt. Wenn die Regenfälle immer seltener werden, sind die Bauern darauf angewiesen, ihre Felder stärker zu bewässern. Da nützt ihnen das gleichmäßig über die Region verteilte Grundwasser viel mehr, als ein, im Zweifelsfall viele Kilometer entfernter Stausee, von dem aus sie das Wasser erst mühsam zu ihren Feldern transportieren müssten. Beim Grundwasser müssen sie einfach nur so viele Brunnen bauen, wie sie brauchen um ihren Wasserbedarf zu decken.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Richard Taylor: Die Daten über den Grundwasserspiegel stammen aus dem Makutapora-Brunnenfeld. Die Niederschlagsdaten sind Beobachtungen, keine Modelldaten, von einem Regenfang am Makutapora-Brunnenfeld. Es sind also alles Messdaten, sowohl die Grundwasserspiegel- als auch die Niederschlagsdaten.
Seynsche: Aber ist dieses Ergebnis nicht unlogisch? Würde man nicht davon ausgehen, dass bei einem Extremniederschlag das meiste Wasser oberflächlich abfließt und letztendlich im Ozean landet?
Taylor: Ja, genau, es ist ... lassen Sie es mich so formulieren: Es ist unlogisch für Menschen, die nicht viel Zeit in diesen trockenen Gebieten, hier Afrika, verbracht haben. Die meisten Experten gehen davon aus, dass eine Zunahme von Extremniederschlägen generell zu stärkerem Oberflächenabfluss führen sollte und nicht zu einem Anstieg des Grundwasserspiegels. Das gründet auf der logischen Annahme, dass wenn wir mehr Oberflächenabfluss haben, dieses Wasser in Flüsse und das Meer gelangt, aber nicht versickert. Aber hier in Tansania werden durchaus große Gebiete überschwemmt und wenn sie ein semiarides Gebiet mit Wasser überschwemmen, verdunstet natürlich viel davon, und viel fließt an der Oberfläche ab, aber ein sehr großer Anteil geht auch nach unten. Der Wasserbedarf der Vegetation hier ist nicht sonderlich groß – hier gibt es ja keine Waldgebiete oder ähnliches. Wenn Sie eine solche Landschaft unter Wasser setzen, in der durchlässige, also etwa sandige Böden vorherrschen, sickert der überwiegende Teil des Wassers nach unten.
Seynsche: Und können Sie diese Ergebnisse übertragen auf andere Regionen des Planeten? Ist das ein für Ostafrika typisches Phänomen oder laufen diese Prozesse auch in anderen semiariden oder ariden Regionen ab?
Taylor: Nun, das ist es, was ich vermute. Nehmen wir zum Beispiel die Überflutungen in Pakistan vor wenigen Jahren. Die Leute hatten mit einer ganzen Reihe tragischer Folgen zu kämpfen: Todesopfer, zerstörte Häuser, verlorene Ernte. Aber es gibt auch Hoffnung für sie: Die Leute in Pakistan werden vermutlich das gesamte nächste Jahrzehnt von dem Wasser profitieren, dass durch diese Flut ihre Grundwasserspeicher aufgefüllt hat. Diese großen Flutereignisse haben also auch ihr Gutes dort, wo die obersten geologischen Schichten wasserdurchlässig sind. Denn dort kommt es zu einer gezielten Grundwasseranreicherung. Die Gebiete werden überflutet, aber mit der Zeit sammelt sich das Wasser in ehemals trockenen Flussbetten. In den trockenen und sehr trockenen Regionen der Welt gibt es viele solcher Trockenflussbetten, die nur nach starken Regenfällen Wasser führen. Und gerade diese Flussbetten bestehen in der Regel aus gröberen Sandkörnern, die eine Versickerung des Wassers nach unten erleichtern. Besonders in trockenen Regionen fließt das Wasser der Regenfälle also nicht einfach ins Meer, sondern sammelt sich in den Trockenflüssen und sickert von dort aus nach unten, um die Grundwasserleiter aufzustocken. Theoretisch ist dieser Prozess schon länger bekannt - etwa aus dem Südwesten der USA oder Australien. Aber wir konnten mit unserer Studie zum ersten mal anhand langjähriger Messreihen beweisen, dass gerade die Starkregenfälle extrem bedeutend für die Auffüllung der Grundwasserspeicher sind. Als nächstes wollen wir jetzt Gebiete kartieren, die unserem Untersuchungsgebiet ähneln, Gebiete also, in denen nach Überflutungen viel Wasser versickert und die Grundwasserspeicher auffüllt.
Seynsche: Und wo wären solche Gebiete? Die meisten Klimamodelle prognostizieren ja mehr Extremniederschläge. Welche Regionen könnten also davon profitieren?
Taylor: Nun, als erstes haben wir uns natürlich die Klimaprognosen für unser Untersuchungsgebiet in Zentraltansania angeschaut. Dort gehen die Modelle von einer Zunahme der Niederschläge aus. Es gibt aber auch Regionen wie den Mittelmeerraum, die vermutlich trockener werden. Und da wird es kurios: denn wenn der gesamte Niederschlag über einer solchen Region abnimmt aber es gleichzeitig zu mehr Starkregenereignissen kommt, könnte das trotz des geringeren Niederschlags zu einer verstärkten Grundwasseranreicherung führen. Das klingt erstmal unlogisch. Aber Regenwasser kann nur dann die Grundwasserspeicher auffüllen, wenn mehr Wasser zur Verfügung steht, als gleichzeitig verdunstet oder von der Vegetation benötigt wird. Und besonders in tropischen und subtropischen Regionen haben Sie diesen Überschuss fast nur nach Starkregenereignissen.
Seynsche: Und wie könnten die Menschen in solchen Regionen von diesem Prozess profitieren? Sollten sie zum Beispiel mehr Brunnen bohren um ans Grundwasser zu gelangen?
Taylor: Ja das ist richtig. Aus unserer Studie kann man eine Reihe wichtiger Schlussfolgerungen ableiten. Zum einen müssen wir noch genauer untersuchen, welche Regionen von mehr Starkregenereignissen profitieren könnten. Zum anderen wissen wir jetzt, dass diese sporadischen Starkregenereignisse von fundamentaler Bedeutung für die Hydrologie einer Region sind. Wir sollten also die Versickerungsmöglichkeiten verbessern, damit möglichst viel Wasser aus diesen Fluten ins Grundwasser gelangen kann. Das ist viel sinnvoller als das Wasser etwa in Stauseen aufzufangen. Denn unter der Erde ist das Wasser viel besser vor Verdunstung geschützt. Wenn die Regenfälle immer seltener werden, sind die Bauern darauf angewiesen, ihre Felder stärker zu bewässern. Da nützt ihnen das gleichmäßig über die Region verteilte Grundwasser viel mehr, als ein, im Zweifelsfall viele Kilometer entfernter Stausee, von dem aus sie das Wasser erst mühsam zu ihren Feldern transportieren müssten. Beim Grundwasser müssen sie einfach nur so viele Brunnen bauen, wie sie brauchen um ihren Wasserbedarf zu decken.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.