22. Oktober 2023
Die Presseschau

Im Mittelpunkt stehen die diplomatischen Bemühungen zur Entschärfung des Kriegs zwischen Israel und der Terrororganisation Hamas im Gazastreifen. Ein weiteres Thema ist die angekündigte Parteineugründung durch die Linken-Politikerin Wagenknecht.

Israelische Soldaten auf einem Panzer bei Sderot nahe der Grenze zum Gazastreifen.
Israelische Soldaten auf einem Panzer bei Sderot nahe der Grenze zum Gazastreifen. (picture alliance / dpa / Ilia Yefimovich)
Der britische GUARDIAN schreibt zum Nahen Osten: "UNO-Generalsekretär Guterres fordert einen 'humanitären Waffenstillstand' zwischen Israel und der Hamas. Ein solcher Waffenstillstand, so Guterres, würde genügend Zeit bieten, um die bedingungslose Freilassung aller im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln zu gewährleisten und gleichzeitig einen ungehinderten Zugang für Hilfslieferungen zu ermöglichen. Er könnte zudem die israelische Bodenoffensive weiter verzögern. Aus allen drei Gründen - Geiseln, Hilfsgüter, Deeskalation - ist ein solcher Waffenstillstand dringend erforderlich", meint THE GUARDIAN aus London.
Die Freilassung von zwei US-amerikanischen Geiseln durch die Hamas ist Thema in der norwegischen Zeitung DAGBLADET: "Vielleicht fiel der Schritt der Hamas gar nicht so schwer. Jetzt bietet sich der Terrororganisation die Möglichkeit, die Geiseln nacheinander freizulassen. In einer solchen Situation kann Israels Regierungschef Netanjahu unmöglich israelischen Panzern grünes Licht geben, in den Gazastreifen einzurollen. Die Amerikaner denken nicht nur an die Geiseln, wenn sie Druck auf Israel ausüben, auf der eigenen Seite der Grenze zu bleiben. Eine israelische Bodenoffensive mit tausenden palästinensischen Todesopfern könnte viel von dem Vertrauen zerstören, das die USA in den letzten Jahren mühsam in der arabischen Welt aufgebaut haben. Was die Amerikaner jedoch am allerwenigsten brauchen können, ist ein umfassender Krieg im Nahen Osten, in den auch noch der Iran involviert ist", hebt DAGBLADET aus Oslo hervor.
Die NEW YORK TIMES ruft zur Deeskalation auf: "Eine langwierige Bodenoffensive ist ein besonders riskanter Weg, bei dem wahrscheinlich viele israelische Soldaten, Geiseln und vor allem Zivilisten im Gazastreifen getötet werden. Städte dem Erdboden gleichzumachen ist das, was die syrische Regierung in Aleppo oder Russland in Grosny getan hat; es sollte kein von den Amerikanern unterstütztes Unterfangen Israels in Gaza sein. Die beste Antwort auf diese Prüfung besteht darin, dass wir versuchen, selbst angesichts der Provokation an unseren Werten festzuhalten. Das bedeutet, dass wir trotz unserer Befangenheit versuchen, alle Leben als gleichwertig zu betrachten. Wir dürfen keine Kinder aus dem Gazastreifen töten, um israelische Kinder zu schützen", unterstreicht die NEW YORK TIMES.
Die schweizerische NZZ AM SONNTAG betont: "Auch die arabischen Länder der Region stehen in der Verantwortung, diplomatisch in den Konflikt einzugreifen. Eine herausragende Rolle dabei spielt der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman, der vor dem Ausbruch des Konflikts bereit war, die Beziehung zu Israel zu normalisieren. Angesichts der Tausenden toten Palästinenser und des Drucks der Straße in der arabischen Welt gibt es Anzeichen, dass er sich von Israel abwendet. Klüger wäre es, das Gegenteil zu tun und den diplomatischen Weg mit Israel wieder einzuschlagen. Mit Israel könnten die Saudis etwas aushandeln, was weder iranische Drohnen noch Waffen für die Hamas je erzielen werden: eine Zukunft für die Palästinenser." Das war die NZZ AM SONNTAG.
Die jordanische JORDAN TIMES sieht nur eine mögliche Lösung: "Die Zweistaatenlösung ist nach wie vor die einzige praktikable Option, um die legitimen Bestrebungen sowohl der Israelis als auch der Palästinenser nach Sicherheit, Unabhängigkeit, Anerkennung und Würde zu erfüllen. Das bedeutet: Grenzen auf der Grundlage von 1967, Sicherheitsvereinbarungen zur Wahrung der Souveränität des künftigen palästinensischen Staates und zur Gewährleistung der Sicherheit Israels, eine gerechte Lösung des Flüchtlingsproblems und Vereinbarungen, die Jerusalem zur Hauptstadt beider Staaten machen", listet die JORDAN TIMES aus Amman auf.
Die JERUSALEM POST bewertet die Reaktion der Menschen in Israel auf den Terrorangriff durch die Hamas: "Es ist kein Geheimnis, dass die ersten zehn Monate dieses Jahres in der israelischen Gesellschaft durch eine noch nie dagewesene Spaltung infolge der Justizreform der Regierung gekennzeichnet waren. Das Land war zweifelsohne geschwächt. Israels Feinde - Hamas, Hisbollah und ihr iranischer Sponsor - freuten sich offen über diese Entwicklung. Aber sie haben die israelische Mentalität falsch eingeschätzt. Angesichts eines Feindes, der schlimmer war als der Islamische Staat, zog das Land schnell an einem Strang und zeigte denselben Kampfgeist wie in früheren Kriegen, Operationen und anderen schwierigen Situationen. Niemand weiß, welche Herausforderungen vor uns liegen. Aber eines wissen wir alle mit Sicherheit: Wir müssen zusammenhalten und uns dem gemeinsam stellen", verlangt die JERUSALEM POST.
Die BERLINER MORGENPOST geht auf die heutige Solidaritätskundgebung für Israel in Berlin ein: "Erschreckende Bilder gab es zuletzt in Berlin: Anti-israelische Proteste samt gewalttätigen Ausschreitungen, Brandanschlag auf eine Synagoge und Davidstern-Markierungen auf Haustüren. Es ist allerhöchste Zeit, dem etwas entgegenzusetzen. Die große Kundgebung, die an diesem Sonntag Solidarität mit den Menschen in Israel und allen Opfern der Hamas ausdrücken und ein Aufstehen gegen Antisemitismus, Terror und Hass signalisieren soll, kann dazu einen ersten Beitrag leisten, kann aufzeigen, wo die große Mehrheit unserer Gesellschaft steht. Dafür sollten aber auch tatsächlich zehntausend oder mehr Menschen dem Aufruf folgen", erklärt die BERLINER MORGENPOST.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG befasst sich mit der angekündigten Parteineugründung der bisherigen Linken-Politikerin Wagenknecht: "Wagenknecht ist bisher nicht durch akribische Programmarbeit im Dienste der Sache aufgefallen, sondern vor allem durch rücksichtslose Selbstvermarktung. Migrationspolitik, Klimaschutz, Impfpflicht oder Russland - in all diesen Fragen ging Wagenknecht so destruktiv und populistisch mit den eigenen Leuten um, dass schwer vorstellbar scheint, wieso sich das in ihrer neuen Partei ändern sollte. Auch Organisation und politische Kärrnerarbeit sind nicht Wagenknechts Sache. Sollte sie auch in ihrer neuen Partei weiter ihren Lieblingspart geben, den einer vom parteipolitischen Alltag entrückten Galionsfigur, dürfte der Zauber ihrer Parteigründung schnell verfliegen", erwartet die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG.
Die WELT AM SONNTAG ergänzt: "Wagenknecht hat völlig richtig erkannt, dass die etablierten Parteien eine Repräsentationslücke hinterlassen, die nicht nur die AfD füllen kann. Für die meisten Bürger sind die soziale Frage und die wirtschaftliche Stabilität entscheidend – und dazu gehört auch eine angemessene Migrationspolitik. Doch so zutreffend ihre Kritik an dieser Stelle auch ist: Das allein darf nicht darüber hinwegtäuschen, woher Wagenknecht kommt – sie war Mitglied der SED und gehörte zur linksextremistischen Kommunistischen Plattform – und wohin sie mit ihren linksautoritären Idealen geht. Und so ist Wagenknechts Partei keine Lösung, sondern Teil des Problems. Der einzig positive Effekt liegt darin, dass die Linkspartei damit Geschichte sein dürfte", findet die WELT AM SONNTAG.
Thema in den LÜBECKER NACHRICHTEN ist die Sturmflut an der Ostsee: "Dieses ungewöhnlich lange Hochwasser über bald drei Tage haben die Menschen an der Ostseeküste noch ziemlich routiniert abgewettert. Eine Laune der Natur, keine besonderen Vorkommnisse. Das wird sich ändern. Wir müssen vorbereitet sein: auf heftige Stürme, wie wir sie vermutlich noch nicht erlebt haben, und auf Wassermassen, die unsere Küsten und Küstenstädte zu überfluten drohen. Die Behörden wissen das und haben genügend Zeit, ihre Pläne für den Schutz vor Extremwetterereignissen anzupassen. Aber auch uns muss klar sein: Unser Umgang und Blick auf Sonne, Strand und Meer an unserer paradiesischen Küste wird sich ändern."