14. Januar 2024
Die Presseschau

Kommentiert werden die Militärschläge gegen die Huthi-Miliz im Jemen und die politische Lage in Deutschland. Zentrales Thema aber ist die Präsidentschaftswahl in Taiwan.

Präsidentschaftswahl in Taiwan: Lai Ching-te bedankt sich bei Anhängern nach dem Wahlsieg. Er winkt, vor ihm steht ein Mikrofon.
Präsidentschaftswahl in Taiwan: Lai Ching-te bedankt sich bei Anhängern nach dem Wahlsieg. (picture alliance / Associated Press / Ichito Ohara)
Dazu heißt es in der spanischen Zeitung ABC aus Madrid: "Aus den Präsidentschaftswahlen in Taiwan ist der bisherige Vizepräsident Lai Ching-te der Demokratischen Fortschrittspartei als Sieger hervorgegangen. Er war unter den Kandidaten derjenige, der am kritischsten gegenüber dem Regime in Peking eingestellt ist, und sein Triumph ist eine gute Nachricht für die Freiheit. Schließlich ist Taiwan der einzige Ort, an dem Chinesen frei wählen und über ihre Zukunft bestimmen können. Lai will, dass Taiwan weiter seinen souveränen Weg beschreitet. Aber damit verlängert er auch dessen heiklen Status quo, denn China betrachtet Taiwan als abtrünnige Provinz und beansprucht die Insel für sich. Deshalb muss Taiwan seit Jahren mit der Bedrohung durch eine chinesische Invasion leben, und das umso mehr, seit Putin die Ukraine überfallen hat", analysiert ABC aus Madrid.
"Das Signal der Bevölkerung Taiwans an die Diktatur in Peking hätte nicht deutlicher ausfallen können", betont die dänische Zeitung POLITIKEN: "Kümmert ihr euch um eure eigenen Angelegenheiten, dann tun wir das auch. Der Sieg des bisherigen Vizepräsidenten Lai war eine mutige Entscheidung, denn vermutlich wird die Konfrontation mit Festlandchina jetzt erst einmal zunehmen. Vielleicht steigt sogar das Risiko eines umfassenden zerstörerischen Krieg, denn Xi, der mächtige Herrscher in Peking, will sich Taiwan unbedingt einverleiben. Aber es war eben Taiwans eigene Wahl, und es ist in vieler Hinsicht ganz besonders wichtig und imponierend, dass ein kleiner Inselstaat mit 23 Millionen Einwohnern im Schatten eines immer totalitäreren Chinas eine solide Demokratie aufgebaut hat", meint POLITIKEN aus Kopenhagen.
Die japanische Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN fordert: "China muss den Willen der Wähler in Taiwan respektieren und auf seine militärischen Drohungen verzichten. In Taiwan hat die Demokratie bereits seit über einem Vierteljahrhundert Bestand. Vor dieser Realität sollte China nicht die Augen verschließen. Chinas Staatschef Xi Jinping soll vorhaben, bis 2027 ein gegen die USA gerichtetes Militärsystem aufzubauen – das Projekt fällt genau in die erste Amtszeit des neuen Präsidenten von Taiwan, Lai. Ihm ist zu wünschen, dass er es schafft, einen kühlen Kopf zu bewahren, um auf die Provokationen aus Peking nicht leichtsinnig zu reagieren", hält NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio fest.
THE PHILIPPINE STAR aus Manila bemerkt: "Ein Grund für die weltweite Aufmerksamkeit für die Wahlen in Taiwan ist die Sorge um die Eskalation des Konflikts in der Taiwanstraße. Aus der taiwanesischen Opposition gab es einige warnende Stimmen, dass die Gefahr größer sei, wenn der Präsident jemand ist, der ganz offen mit der Unabhängigkeit Taiwans flirtet, so wie Lai. Unter anderem wegen des Vorwurfs, er könnte China unnötig provozieren, hat Lai erklärt, er werde die Politik der früheren Präsidentin Tsai Ing-wen fortsetzen. Auch sie konnte Peking nicht leiden, hat sich aber mit Provokationen gegenüber China zurückgehalten", erklärt THE PHILIPPINE STAR .
Themenwechsel. Der TAGSESSPIEGEL aus Berlin widmet sich dem Nahost-Krieg und stellt die Frage, was Israel - 100 Tage nach dem Großangriff der Terrororganisation Hamas - erreicht hat: "Israel will die Hamas auslöschen. Die Täter entkommen zu lassen, ist keine Option. Nicht für den jüdischen Staat, dessen Maxime, nie wieder Opfer zu sein, einer DNA gleichkommt. Wer kann das Israel verdenken? Doch die Verwüstung des Gazastreifens als Reaktion auf den 'Schwarzen Schabbat' einschließlich der gezielten Tötungen von Hamas-Anführern wird Israel nicht mehr Sicherheit bringen. Dies zu glauben, ist eine gefährliche Illusion. Israels militärische Machtdemonstration fordert unfassbar viele Opfer. Sie schafft Leid, Wut und Verzweiflung. Daraus resultiert bestenfalls eine kurzfristige Scheinruhe, aber kein langfristiger Schutz. Denn die Trümmer der Häuser werden Generationen von Dschihadisten hervorbringen, deren alleiniges Ziel es sein wird, Verderben über Israel zu bringen. Damit ist die Rechnung der Hamas aufgegangen und Israel in die Falle der Islamisten getappt", moniert der TAGESSPIEGEL.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG merkt an: "Zum vierten Mal seit dem Terrorangriff des 7. Oktober ist Bundesaußenministerin Baerbock in die Region gereist. Der Grund für die Pendeldiplomatie ist einfach: Die Lage ist dramatisch. Da ist die Gefahr durch die Hamas, die die israelischen Streitkräfte zu zerschlagen versucht. Da ist das Leid der Palästinenser im Gazastreifen und jenes der etwa 130 Geiseln. Da ist die Angst vor einer Eskalation an der Grenze zu Libanon, da sind die Angriffe der Huthi-Milizen, und da bleibt die Ungewissheit, was Iran zu tun bereit ist. Deutschland steht klar ein für das Selbstverteidigungsrecht Israels. Diese Botschaft vergisst Baerbock auf keiner Pressekonferenz ihrer Reise. Sie macht aber noch etwas: Sie kritisiert Israel immer deutlicher. Sie stellt klare Forderungen mit Blick auf mehr humanitäre Hilfe für Gaza. Das steht nicht im Gegensatz zur Staatsräson. Deutschland sieht sich neben den USA als einer der wenigen Staaten, die das Vertrauen Israels genießen und in dieser Gewissheit mit den Ländern der Region über eine Lösung des akuten Konflikts reden können - und über einen Weg in das Morgen", folgert die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG.
Die aserbaidschanische Zeitung MÜSAVAT legt den Fokus auf die Militärschläge gegen die Huthi-Miliz: "Es war klar, dass die westlichen Länder den Angriffen der Huthis gegen zivile Schiffe nicht länger tatenlos zusehen würden. Denn es besteht die Gefahr einer globalen Krise. Als der ägyptische Präsident Nasser einst versuchte, den Suezkanal zu verstaatlichen, endete dieses Abenteuer, als London und Paris ihm den Krieg erklärten. Genauso ist es jetzt mit den Huthis. Die Euro-Atlantiker versuchen, das Problem mit Waffengewalt zu lösen, statt durch Verhandlungen. Das Ergebnis dürfte in etwa das gleiche sein wie 1956. Experten gehen davon aus, dass ein militärischer Sieg über die Huthis unweigerlich zu einer politischen Niederlage führen und die ohnehin extrem antiwestliche Stimmung im Nahen Osten verschärfen dürfte", fürchtet MÜSAVAT aus Baku.
Nun noch ein Blick auf die politische Lage in Deutschland. Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG am Sonntag sieht die Arbeit der Bundesregierung kritisch: "Die Signale der Ampelregierung verwirren den Maschinenraum. Kapitän Scholz und seine Offiziere dachten, sie könnten die Migration ignorieren, Verzicht predigen, das Land zu Tode regulieren und über die Verhältnisse leben. Nun werden sie bestraft. Die Bauern gehen als Vorhut des Volkes auf die Strasse. Dieses vermisst aber nicht mehr nur Subventionen, sondern vor allem professionelles Management. Der Kanzler liefert weder Führung noch Visionen. Und während Gerhard Schröder einst mit Besuchen bei Hochwasseropfern seine grössten Erfolge feierte, strahlt ein Scholz in Gummistiefeln die Grandezza eines Platzwartes aus. Die AFD dankt. Die Elitenverdrossenheit erreicht einen neuen Höhepunkt. Sogar die Sehnsucht nach der Dystopie grassiert, nicht wenige wünschen sich eine Frontalkollision mit dem Eisberg – in der irrigen Annahme, danach kehre die gute alte Normalität zurück", bilanziert die NZZ am Sonntag.
Die WELT AM SONNTAG befasst sich mit der Rolle der SPD und führt aus: "Die Sozialdemokraten stehen unter Druck. Gerade ist ihre mehrtägige Fraktionsklausur zu Ende gegangen, die kaum unter schlechteren Vorzeichen hätte stehen können. Der Bundeskanzler ist in der Bevölkerung so unbeliebt wie nie, mehrere Ministerpräsidenten der SPD haben ihren Unmut über den Sparkurs der Regierung gezeigt, und manche Genossen sind in tiefer Sorge, was aus der Partei angesichts anhaltender Krisen und massiv einbrechender Umfragewerte wird. Der nach außen proklamierte Optimismus einiger Genossen grenzt mitunter an Realitätsverweigerung", kritisiert die WELT AM SONNTAG.