21. Januar 2024
Die Presseschau

Ein Thema sind die Massenproteste in Deutschland gegen Rechtsextremismus.

Ein älterer Mann hät ein Schild auf dem steht "AfD Verbot for future" bei einer Demonstration der Bewegung Fridays for Future unter dem Motto 'Demokratie verteidigen' am Brandenburger Tor.
Kundgebung gegen die AfD am Brandenburger Tor in Berlin (picture alliance / Geisler-Fotopress / Bernd Elmenthaler / Geisler-Fotopr)
Dazu schreibt der TAGESSPIEGEL AM SONNTAG: "Viele werden mit einem guten Gefühl nach Hause gehen. Sie haben Kante gezeigt und klargemacht, dass sie sich, anders als von der AfD oft behauptet, keinesfalls durch sie vertreten fühlen. Sie haben etwas getan für die Demokratie. Und so sind die Bilder der vielen Menschen eine große Beruhigung. Sie demonstrieren freundlich-sympathische Wehrhaftigkeit in krisenhaft-unfreundlichen Zeiten. Das ist toll, doch sollte nicht unerwähnt bleiben, dass es vor allem eine Rückversicherungsbewegung ohnehin Gleichgesinnter ist. Es bleibt das Problem, dass die mit den anderen Meinungen so kaum erreicht werden. Demokratie kommt nicht ohne Bereitschaft zum Dialog aus. Es geht darum, Menschen zu erreichen, sie zu überzeugen. Demokratie verteidigen könnte schon darin bestehen, die rhetorische Aufrüstung gegenüber allem, was mit der AfD zu tun hat, herunterzufahren. Die verbale Skandalisierung hat sich längst abgenutzt. Sie wirkt einfallslos oder verzweifelt. Demokratie verteidigen könnte heißen, die vielfache Ankündigung, man werde die AfD 'in der Sache stellen', in die Tat umzusetzen", betont der TAGESSPIEGEL AM SONNTAG.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG befasst sich mit der neu gegründeten Partei Bündnis Sarah Wagenknecht. "Mit dem Entwurf für ihr Europawahlprogramm zeigen Wagenknecht und ihre Mitstreiter, dass sie mehr sind als nur die fünfte Kolonne Moskaus. Ihr Bündnis will nicht nur Putin den Stopp aller westlichen Waffenlieferungen an die Ukraine anbieten, um ihn an den Verhandlungstisch zu bringen, also 'Frieden' um fast jeden Preis. Es will auch das Europa abschaffen, wie wir es kennen. Wer den Programmentwurf liest, bekommt Zweifel, dass Wagenknechts Partei die EU nur reformieren möchte, so wie sie es behauptet. Es wirkt eher so, als wolle sie sie zersetzen. Gleiches gilt für die Kritik an Politikern und Journalisten. Denen unterstellt sie die 'Attitüde eines modernen Wahrheitsministeriums' und suggeriert so, dass sie vorsätzlich lügen. Damit schürt die Partei Misstrauen gegenüber dem Gemeinwesen. Sie wandelt also auf den Pfaden der AfD. Da ändert es auch nichts, wenn sich Wagenknecht jeden zweiten Tag von ihr distanziert. Genauso wie von ihrem Kontakt zu dem rechtsextremen Aktivisten Gernot Mörig, der das Geheimtreffen in Potsdam organisierte, auf dem es um Massendeportationen ging. Von dessen Gesinnung will Wagenknecht nichts gewusst haben." Das war die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG.
Thema in den LÜBECKER NACHRICHTEN ist der Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof, der erneut ein Insolvenzverfahren beantragt hat: "Auf die Mitarbeiter wartet ein Arbeitsmarkt, auf dem händeringend Fachkräfte gesucht werden. Und wer nicht im Einzelhandel bleiben möchte, muss sich auch keine allzu großen Sorgen machen. Es ist die Chance da, sich beruflich umzuorientieren. Klar ist, dass die Warenhäuser und der Handel insgesamt nicht mehr die Menschen in die Innenstädte locken - gerade für die Jüngeren bietet das keinen Reiz. Die Digitalisierung zeigt ihre Wirkung. Und das ist vollkommen in Ordnung: Denn die Digitalisierung ist kein einfacher Trend, sondern die Gegenwart und die Zukunft - nicht nur für die Wirtschaft", kommentieren die LÜBECKER NACHRICHTEN.
Nun nach Nahost. Diplomaten bemühen sich um eine Friedenslösung nach dem Ende des Gazakriegs. Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG AM SONNTAG führt aus: "Ministerpräsident Netanjahu hat diese Woche öffentlich verkündet, dass er eine Zweistaatenlösung ablehnt. Israel müsse das gesamte Gebiet vom Jordan bis zum Mittelmeer kontrollieren. Damit hat der israelische Regierungschef die USA brüskiert, den wichtigsten Verbündeten. Außenminister Blinken reist seit Wochen in den Nahen Osten, mit immer derselben Botschaft: Es braucht eine Zweistaatenlösung. Nur so sei die Sicherheit Israels zu gewährleisten, nur so könne die Region beruhigt werden. Israel dürfe den Gazastreifen nach dem Krieg nicht mehr besetzen. Doch Netanjahu kümmert das wenig. Er ist nur darauf bedacht, seine eigene Haut zu retten. Und dafür braucht er seine rechtsextremen Minister, die genau das planen, wovor Blinken warnt: die Wiederbesetzung und -besiedelung des Gazastreifens. Wenn die Palästinenser keine Hoffnung auf einen eigenen Staat mehr haben, wird die Gewalt weitergehen und schlimmer werden. Netanjahus Idee, dass man diese eindämmen könnte, wurde am 7. Oktober auf tragische Weise ad absurdum geführt", ist die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG AM SONNTAG überzeugt.
Die österreichische Zeitung DIE PRESSE AM SONNTAG gibt zu bedenken: "Auf dem Reißbrett nimmt sich das US-Friedenskonzept schlüssig aus. Die Realität ist deutlich komplizierter. Ohne Sicherheitsgarantien wird keine Regierung in Jerusalem, egal welcher Couleur, der Errichtung eines palästinensischen Staates zustimmen, erst recht nicht nach dem Trauma vom 7. Oktober. Die bittere Lehre aus dem Gaza-Rückzug 2005 lautet für die Israelis, dass der Dank Raketen und Terror waren. Und selbst wenn sie – in einer Post-Netanjahu-Ära – verhandeln wollen, fehlt ein durchsetzungsstarker Partner auf palästinensischer Seite. Die Autonomiebehörde müsste sich davor erneuern. Das diplomatische Engagement der USA verdient Respekt. Und bisher hatte auch niemand eine bessere Friedensidee als eine Zweistaaten-Lösung. Doch derzeit ist sie noch eine Zweistaaten-Illusion", meint DIE PRESSE AM SONNTAG aus Wien.
Die WELT AM SONNTAG erinnert: "Angebote für eine Zwei-Staaten-Lösung, das letzte unter Premier Ehud Olmert im Jahr 2008, scheiterten auch am Widerstand arabischer Staaten und der Palästinenser selbst. Aber das ist nur eine Wahrheit. Die andere ist, dass Netanjahus Langzeitstrategie, die palästinensischen Gebiete über militärische Macht zu kontrollieren, anstatt politische Lösungen anzustreben, mit dem Versagen des Sicherheitsapparates und dem Massaker der Hamas am 7. Oktober gescheitert ist. Israel muss eine politische, keine militärische Lösung finden, damit seine Bürger friedlich neben ihren Nachbarn leben können. Auch wenn Netanjahu und seine rechtsextremen Koalitionspartner versuchen, in der Hoffnung auf eine Wiederwahl solche Debatten zu verhindern. Damit Politiker der Mitte eine Zwei-Staaten-Lösung wieder in den politischen Raum tragen können, muss sich eine Bedingung ändern, die oft übersehen wird. Auch die palästinensische Seite muss ein Angebot machen, das eine Perspektive auf ein Leben ohne Terror gibt. Das gibt es derzeit nicht. Auch das ist die Wahrheit", unterstreicht die WELT AM SONNTAG.
Einen Frieden in Form einer Zwei-Staaten-Lösung unter Ministerpräsident Netanjahu hält die israelische Zeitung HAARETZ für ausgeschlossen. "Er ist eine gescheiterte Führungspersönlichkeit. Der Gedanke, Netanjahu sei in der Lage, die Folgen seiner falschen Politik zu beheben, ist eine Illusion. Die Amerikaner müssen begreifen: Der 'Tag danach' bezieht sich nicht nur auf den Tag nach dem Krieg, sondern auch auf den Tag nach ihm. Er muss seine Rolle in der Geschichte Israels beenden und anderen die Möglichkeit geben, das Land aus der Katastrophe, die er hinterlassen hat, zu retten." Das war die israelische Zeitung HAARETZ.
Der britische OBSERVER resümiert: "Vielleicht glaubt Netanjahu tatsächlich, dass eine Zwei-Staatenlösung nicht funktionieren kann. Vielleicht hofft er, die Israelis durch seine harte Haltung davon überzeugen zu können, dass nur er für Sicherheit sorgen kann. Womöglich denkt Netanjahu aber auch, dass er seinen Job retten kann, bis eine zweite Präsidentschaft von Donald Trump ihn rettet. Er irrt sich in allen Punkten. Netanjahu ist kein Partner für den Frieden. Jetzt ist der Moment für die USA, Großbritannien und alle Freunde Israels gekommen, ihm zu sagen, dass er den Weg frei machen soll. Jetzt ist der Moment für die Israelis gekommen, sich von Netanjahu abzuwenden", empfiehlt der OBSERVER aus London.