03. März 2024
Die Presseschau

Themen sind der Krieg im Nahen Osten und der Umgang mit Russland nach der Beisetzung des Oppositionspolitikers Nawalny. Doch zunächst zur Taurus-Abhöraffäre. Das Bundesverteidigungsministerium hat bestätigt, dass der russische Geheimdienst ein vertrauliches Gespräch ranghoher Offiziere der Luftwaffe abgehört hat.

Ein Taurus-Marschflugkörper im Flug
Der Taurus-Marschflugkörper im Flug (Uncredited / south korea defense ministry)
Dazu schreibt die KLEINE ZEITUNG aus Graz: "Der Skandal ist nicht, dass hochrangige deutsche Militärs über die Möglichkeiten eines solchen Einsatzes sprechen. Alle denkbaren Szenarien durchzuspielen, gehört zu den Kernaufgaben eines jeden Generalstabs. Hochgradig bedenklich ist dagegen, wie Russland an die brisanten Informationen gekommen ist. Wenn sich Generäle auf einem nicht abhörsicheren Kanal über Staatsgeheimnisse so austauschen, als würden Mitarbeiter einer Marketing-Agentur über die neueste Kampagne sprechen, zeigt das nämlich vor allem eines: Sicherheitspolitisch steckt Deutschland nach wie vor in der unbeschwerten Zeit nach dem Mauerfall fest", notiert die KLEINE ZEITUNG aus Österreich.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG hebt hervor: "Die abgehörte Telefonkonferenz des Luftwaffeninspekteurs mit anderen hohen Offizieren, deren Verlauf bisher nicht dementiert worden ist, vergrößert sowohl die Blamage als auch den außenpolitischen Schaden, den der Umgang der Ampel-Koalition mit diesem Thema schon angerichtet hat. Nach diesem Geheimhaltungs-GAU, der bei den Verbündeten die alten Zweifel an der Zuverlässigkeit und Verschwiegenheit Deutschlands wiederbelebt, werden Köpfe rollen müssen. Dass Scholz seinen populärsten Minister Pistorius entlässt, ist jedoch nicht zu erwarten. Auch nicht, dass der Kanzler seine Entscheidung zum Taurus revidiert. Das hat Moskau mit der Veröffentlichung des Mitschnitts sichergestellt. Der Kreml weiß inzwischen gut, wie der Kanzler tickt. Und auch, wie man den Spieß beziehungsweise Marschflugkörper umdreht, so dass er für den zum Albtraum wird, der ihn nicht einsetzen wollte", unterstreicht die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG.
Der französische Präsident Macron hat den Einsatz von europäischen Bodentruppen in der Ukraine nicht gänzlich ausgeschlossen. Dazu heißt es in der spanischen Zeitung EL PAIS: "Deutschland, das Vereinigte Königreich, Schweden, Polen, Ungarn, die Tschechische Republik, Italien und Spanien haben Macrons Vorstoß umgehend zurückgewiesen. Der Vorschlag ist nicht realisierbar, denn: Die Hilfe für die Ukraine war immer an die Bedingung geknüpft, dass der Konflikt nicht zu einem Krieg zwischen Russland und den Verbündeten der Ukraine eskaliert. Die Antwort des russischen Präsidenten Putin auf Macron ließ nicht lange auf sich warten: Er drohte mit dem Einsatz von Atomwaffen. Da der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine die Sicherheitsstruktur Europas verändert hat, muss sich die EU auch dringend darum bemühen, ihre Reaktionsfähigkeit zu stärken. Sie muss sich darum bemühen, ihre strategische Autonomie zu verbessern. Das Engagement der Staaten in Verteidigungsstrukturen der NATO darf aber nicht reduziert werden", betont EL PAIS aus Madrid.
Die aserbaidschanische Zeitung MÜSAVAT geht auf den russischen Oppositionsführer Nawalny ein, der am Freitag beigesetzt wurde: "Viele sagen, Nawalny sei ein Nationalist gewesen. Natürlich, er war ein Patriot, er liebte sein Volk, er wollte, dass sein Staat mächtig ist und seine Bürger in Wohlstand leben. Doch Nawalny wollte dafür nicht mit den Nachbarländern und der Welt in Konflikt geraten. Er wollte keinen Krieg führen. Er hatte ähnliche Vorstellungen wie der Oppositionspolitiker Boris Nemzow, der bei einem Attentat ums Leben kam. Heute gibt es keinen Nemzow oder Nawalny mehr, die Putin herausfordern könnten. Nawalnys Beerdigung war auch die Beerdigung der russischen Demokratie. Niemand weiß, wann in diesem Land wieder kluge und ehrliche Politiker wie Nemzow und Nawalny heranwachsen werden", notiert MÜSAVAT aus Baku.
Die schwedische Zeitung GÖTEBORGS-POSTEN führt aus: "Die Szenen vom Begräbnis des russischen Oppositionsführers Navalny waren herzzerreißend. Tausende Menschen trotzten den Sicherheitskräften und der Repression, um Navalny zu gedenken. Eine Frau, die vor Ort interviewt wurde, sagte: Dieser Mann hat sich selbst geopfert, um das Land zu retten. Der andere - damit meinte sie Putin - hat das Land geopfert, um sich selbst zu retten. Es wirkt so, als ob Putin sicher im Sattel sitzt, als ob sein Regime auf einem soliden Fundament fußt. Aber ein Regime, dessen Überlebensstrategie auf Angst basiert, muss das Niveau ständiger Repressionen hoch halten. Putin ist nicht unverletzlich, er ist nicht unsterblich; genauso wenig wie sein Regime", konstatiert die GÖTEBORGS-POSTEN.
Die BILD AM SONNTAG erklärt zum Umgang des Westens mit den russischen Präsidenten: "Putin haben wir bislang null beeindruckt. Im Gegenteil dürfte er amüsiert sein darüber, wie der Westen sich in aller Öffentlichkeit zerlegt in der Frage der weiteren Hilfen für die Ukraine. Auf dem Schlachtfeld rücken seine Truppen vor. Und die russische Wirtschaft wächst trotz Sanktionspaketen; stärker als die Deutschlands übrigens. Es wird höchste Zeit, das zu ändern. Warum ziehen wir nicht rote Linien für Putin? Der Moskauer Diktator wird nur zu stoppen sein, wenn er befürchten muss, den Krieg und in der Folge seine Macht zu verlieren. Erst dann wird er zum Einlenken bereit sein. Eine Politik des Appeasements, der Beschwichtigung und der halbherzigen militärischen Unterstützung der Ukraine stacheln ihn nur an", ist die BILD AM SONNTAG überzeugt.
Nun zur Lage im Nahen Osten. Bei der Ankunft eines Hilfskonvois im Gazastreifen wurden mehr als 100 Menschen getötet. Die israelische Zeitung HAARETZ fragt: "Was muss noch passieren, damit Israelis von ihrer Selbstgefälligkeit abrücken und ihre moralischen Antennen aktivieren für das, was nach dem 7. Oktober geschah? Seit fast fünf Monaten steigt die Zahl der Toten, Verwundeten, Hungrigen und Kranken im Gazastreifen. Anscheinend sättigt nicht einmal der Tod von 30.000 Menschen, davon zwei Drittel Frauen und Kindern, den Rachehunger. Wenn nicht einmal der Tod von mehr als 100 Menschen bei einer ankommenden Hilfslieferung dazu führt, das die Menschen sich gegen den Krieg auflehnen, wird Israel nicht zu stoppen sein", meint HAARETZ aus Tel Aviv.
Die finnische Zeitung HELSINGIN SANOMAT vermerkt: "Während die Palästinenser behaupten, dass israelische Soldaten das Feuer auf die Menschen eröffnet hätten, erklärt Israel, die Opfer seien bei dem anschließenden Tumult ums Leben gekommen. Es ist schwierig, unabhängige Informationen über den Krieg zu bekommen, und die Zahl der Todesopfer schwankt je nach Quelle. Aber in den USA wird der Druck immer größer, einen Waffenstillstand zu erreichen, je näher die Präsidentschaftswahlen rücken. Viele Anhänger der Demokraten werfen Biden vor, sich zu stark für Israel einzusetzen, und das könnte ihn noch teuer zu stehen kommen. Zuletzt lehnte allerdings die Hamas einen Vorschlag für einen Waffenstillstand ab, weil sie die Geiseln erst herausgeben will, wenn der Krieg beendet wird. Israel will nicht zugeben, dass es nicht in der Lage ist, die Hamas zu eliminieren, weil das eine zu große Demütigung wäre. Also wird weitergekämpft", hält HELSINGIN SANOMAT aus Helsinki fest.
Der Kommentator der NEW YORK TIMES macht der US-Regierung Vorwürfe wegen ihrer Israel-Politik: "Natürlich hatte Israel das Recht, auf die Anschläge vom 7. Oktober militärisch zu reagieren. Natürlich sollten die Hamas-Führer ihre Geiseln freilassen. Aber nichts von alledem entschuldigt Israels 'wahllose' Bombardierung, wie Präsident Biden es ausdrückte, und das Vorenthalten von Lebensmitteln und anderer Hilfe. Da die USA die israelische Invasion unterstützen und sie bei den Vereinten Nationen diplomatisch geschützt haben, klebt dieses Blut auch an unseren Händen. Die USA verurteilen Russland, China oder Venezuela für ihre Menschenrechtsverletzungen, aber die Vereinigten Staaten unterstützen Israel und schützen es diplomatisch. Es ist also fair, von Doppelmoral zu sprechen."