14. Juli 2024
Die Presseschau

Themen sind die aktuellen Situationen von US-Präsident Biden sowie Frankreichs Präsident Macron und der Verzicht der Grünen-Politikerin Baerbock auf eine erneute Kanzlerkandidatur. US-Medien greifen außerdem bereits das Attentat auf Donald Trump während einer Wahlkampfveranstaltung in Pennsylvania auf.

14.07.2024
Donald Trump blutet am Ohr und hebt die Faust, er ist umringt von Sicherheitspersonal.
Das Attentat auf Ex-US-Präsident Trump ist Thema vieler US-Meinungsseiten. (Evan Vucci / AP / dpa / Evan Vucci)
Die NEW YORK TIMES schreibt dazu: "Den Amerikanern wurde auf ernüchternde Weise vor Augen geführt, welche Gefahr politische Gewalt für unsere Demokratie darstellt. Es ist ein großes Glück, dass Donald Trump nicht ernsthaft verletzt wurde, und zugleich ist es eine Tragödie, dass mindestens eine Person auf der Veranstaltung getötet wurde. Jeder Versuch, eine Wahl durch Gewalt zu entscheiden, ist verabscheuungswürdig. Gewalt ist mit der Demokratie unvereinbar. Meinungsverschiedenheiten sollten mit Wahlzetteln, nicht mit Kugeln, ausgetragen werden. Es liegt nun an den politischen Führern und allen Amerikanern, Gewalt und den Aufrufen dazu zu widerstehen. Der Anschlag sollte nicht als Provokation oder Rechtfertigung verstanden werden", mahnt die NEW YORK TIMES.
"Das Attentat auf den ehemaligen Präsidenten Trump lässt die Nation fassungslos zurück", notiert das Politikmagazin THE HILL aus Washington und führt aus: "Am schockierendsten ist jedoch, dass es nicht annähernd so überraschend war, wie es hätte sein sollen. Monatelang haben Politiker, Presse und Experten die rücksichtlose Rhetorik in diesem Wahlkampf auf beiden Seiten eskalieren lassen. Dazu gehören insbesondere auch viele Behauptungen von Trump selbst."
THE ARIZONA REPUBLIC aus Phoenix urteilt: "Es ist ein ekelerregender Tag ins Amerika. Der Mordversuch an Donald Trump ist ein erschütternder Moment für unser geliebtes Land. Ein Moment, der uns allen Gelegenheit bietet, in unserem nationalen Käfigkampf innezuhalten, durchzuatmen, und sich die Frage zu stellen: Was zum Teufel tun wir hier eigentlich?"
Die WASHINGTON POST stellt fest: "Die dunkelsten Stunden der amerikanischen Geschichte wurden durch politische Gewalt geprägt. Sie erinnern uns daran, dass Aufstacheln und Hass ständig bekämpft und niemals toleriert werden dürfen. Die Privilegien der freien und offenen Meinungsäußerung, öffentlicher Kundgebungen und der politischen Arbeit hängen von einer gesellschaftlichen Atmosphäre ab, die frei von Angst und Einschüchterung ist. Wir müssen akzeptieren, dass wir alle von toxischer Politik betroffen sind - unabhängig von unseren Überzeugungen oder unserer Positionen. Kann dies ein Moment sein, um innezuhalten? Was wollen wir sein, Amerikaner?" fragt die WASHINGTON POST.
Ein Kommentar des Nachrichtenportals YAHOO! greift Trumps Reaktion auf der Bühne kurz nach den Schüssen auf: "Donald Trump hat eine der ikonischsten Posen der US-Geschichte produziert. Mit seinem trotzigen Gruß mit erhobener Faust, während ihm das Blut über das Gesicht läuft und er vom Secret Service umringt ist, geht er in die Historie ein - unabhängig vom Ausgang der Wahl. Der Schuss, der Trump nur gestreift hat, könnte sich als einer der folgenreichsten Momente in der amerikanischen Politikgeschichte erweisen", vermutet das US-Portal YAHOO!.
Auch in Ozeanien wird das Attentat bereits kommentiert. "Die Schüsse auf Trump werden die USA fordern wie nie zuvor. Die Attacke wird in die Geschiche eingehen und die US-Wahlen neu prägen", ist im australischen DAILY TELEGRAPH aus Sydney zu lesen.
"Die Schüsse auf Trump werden den Wahlkampf unwiderruflich verändern", titelt THE POST aus Neuseeland. "Es wird die Paranoia der Amerikaner verstärken, dass sich bei jeder Großveranstaltung nun ein Schütze im Publikum befinden könnte. Das wird sehr wahrscheinlich zu mehr Schutzmaßnahmen und zu einer politischen Klasse in den USA führen, die durch das Sicherheitspersonal noch weiter von den Wählern abgeschottet wird. Das wird sich nicht nur auf den Wahlkampf auswirken, sondern auch auf die gesamte Polarisierung in den Vereinigten Staaten - und das mit ziemlicher Sicherheit nicht positiv", erwartet THE POST aus Wellington.
Themenwechsel. Die türkische Zeitung CUMHURIYET geht auf die Aufrufe von demokratischen Politikern und Prominenten an US-Präsident Biden ein, auf eine erneute Kandidatur zu verzichten: "Sogar Hollywood-Star George Clooney hat ihn zum Verzicht aufgefordert. Der US-Präsident kämpft jetzt gegen die Zeit, um im Rennen zu bleiben. Er kontrolliert die meisten Delegierten, die im nächsten Monat auf dem Parteitag der Demokraten über den Kandidaten entscheiden werden, und er ist überzeugt, dass es niemand wagen wird, den Kandidaten kurz vor den Wahlen im November zu ändern. Sein Selbstbewusstsein ist ungebrochen. Überheblichkeit und Arroganz spielen eine Rolle. Aber auch Altersstarrsinn. Dass für diesen surrealen Starrsinn die US-Demokratie enorme Risiken eingeht, dass der Putschist Trump wieder auf dem Weg ist, Präsident zu werden, all das ist ihm egal", kritisiert CUMHURIYET aus Istanbul.
Auch ein anderer Präsident steht weiter im Mittelpunkt - und zwar Frankreichs Staatschef Macron. In der Zeitung ZHONGGUO SHIBAO aus Taipeh analysiert ein Gastkommentator die Handlungsfähigkeit Macrons nach den vorgezogenen Wahlen in Frankreich: "Zwar wurde der Vormarsch des rechtspopulistischen Rassemblement National gestoppt, aber Macrons Partei muss die Parlamentssitze mit den linken und den rechten Flügeln teilen. Doch der risikofreudige junge Präsident gibt sich keinesfalls geschlagen. Noch vor der Reise nach Washington zum NATO-Gipfel gab er bekannt, keine Koalition mit dem Linksbündnis bilden zu wollen. Während des Gipfels verhielt er sich dann ungewöhnlich zurückhaltend. Kein Wort zu seiner Ambition, eine europäischen Armee zu bilden, mit der er sein Land außenpolitisch stärker positionieren und innenpolitisch aus der Krise holen möchte. Seine unklare Linie und der Umgang mit den Linken lassen einen zweifeln, ob er in seiner restlichen Amtszeit den nationalen sowie internationalen Herausforderungen gewachsen ist". So weit ein Gastkommentar in der taiwanischen Zeitung ZHONGGUO SHIBAO.
Zwei deutsche Sonntagszeitungen setzen sich mit der Ankündigung der Grünen-Politikerin Baerbock auseinander, auf eine erneute Kanzlerkandidatur zu verzichten. Die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG stellt einen Vergleich auf: "Annalena Baerbock musste sich immerhin nicht zum Frühstück zu Familie Habeck begeben, um ihm die Kanzlerkandidatur anzutragen. Sie wählte stattdessen die weltpolitische Bühne, den NATO-Gipfel in Washington, um ihre Botschaft zu überbringen: Ich bin raus, die Welt braucht mehr Diplomatie, keine Zeit für die Kandidatur. So macht sie den Weg frei für Habeck, wie Angela Merkel einst für Edmund Stoiber. Nur war für Merkel das Risiko viel größer, dass Stoibers Weg tatsächlich ins Kanzleramt führt. Habeck hingegen könnte in einer Sackgasse landen, so schlecht steht es um die Grünen. Und Baerbock wäre danach immer noch da - versehen mit dem gerade aufgestockten innerparteilichen Kapital der 'Teamspielerin', wie sie Grüne nach ihrem Rückzug allerorten loben. So ist Baerbocks Rückzug nicht nur gut für die Grünen, er ist auch gut für sie. Sie hat noch Zeit", erläutert die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG.
Die WELT AM SONNTAG meint: "Die Drecksarbeit, und nichts anderes wird der grüne Wahlkampf des kommenden Jahres, überlässt Baerbock gerne den anderen. In diesem Fall mit hoher Wahrscheinlichkeit dem alten Rivalen Robert Habeck. Der sollte sich allerdings gut überlegen, ob er sich den verschlissenen Mantel, den die Außenministerin ihm so großzügig hinhält, tatsächlich überstreift. Es gibt ja wenig zu gewinnen. Ein Unterschied zwischen Baerbock und Habeck ist, dass der Bundeswirtschaftsminister sich selbst bei aller auch ihm eigenen Eitelkeit nicht wichtiger nimmt als das Land, dass er mehr ertragen kann als er selbst austeilt. Insofern bleibt es zumindest spannend, wie Habeck die Aufgabe angeht, der er sich jetzt zwangsläufig, nicht freiwillig und ohne Aussichten auf größeren Beifall, stellen wird." Das war zum Abschluss der Presseschau die WELT AM SONNTAG.