28. Juli 2024
Die Presseschau

Die WELT AM SONNTAG kommentiert die jüngsten Blockaden von Flughäfen durch Aktivisten der Gruppe "Letzte Generation":

28.07.2024
Fraport-Mitarbeiter stehen an dem zerstörten Zaunabschnitt (l), durch den die Klimaaktivisten auf das Flughafengelände in Frankfurt am Main eingedrungen sind.
Fraport-Mitarbeiter stehen an dem zerstörten Zaunabschnitt (picture alliance / dpa / Andreas Arnold)
"Hunderte Flüge mussten gestrichen werden, Tausende Passagiere blieben am Boden. Es reichten sieben Leute, um den deutschen Flugverkehr zu lähmen. Deutschland braucht ein zentrales Sicherheitszentrum zum Schutz seiner kritischen Infrastruktur. In diesem Zentrum sollten Abwehrmechanismen entwickelt und verbessert, Präventivmaßnahmen geplant und Einsatzkräfte geschult werden. Es könnte Sitz für einen Krisenstab im Notfall sein. Haftstrafen wirken offenbar nicht abschreckend. Aber wer sein Leben lang für die Folgen einer Tat zahlen muss, wird sich überlegen, ob er erneut auf dem Rollfeld zum Kleber greift", kommentiert die WELT AM SONNTAG.
Die schweizerische Zeitung NZZ AM SONNTAG bemerkt: "Klimaschutz funktioniert mit den Menschen und nicht gegen sie, mit dem Geist einer liberalen Demokratie und nicht gegen ihn. Der Glaube der Aktivisten, dass der Zwang zum Verzicht, dass das Diffamieren der Inanspruchnahme individueller Freiheiten zu mehr Klimaschutz führe, wirkt naiv – und erreicht das Gegenteil."
Nach einem Urteil des nordrhein-westfälischen Oberverwaltungsgerichts zur Sicherheitslage in Syrien und dem subsidiären Schutz von Flüchtlingen hat Bundesinnenministerin Faeser erneut Abschiebungen islamistischer Gewalttäter angekündigt. Die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG bemerkt: "Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig. Aber eine Neubewertung der Lage in Syrien, nicht nur von einem Gericht, sondern am besten vom Auswärtigen Amt, könnte dazu beitragen, die Migration nach Deutschland wieder besser zu steuern und Vertrauen in die Handlungsfähigkeit des Staats zurückzugewinnen. Wenn die Behörden nicht mehr pauschal subsidiären Schutz gewähren, senden sie das Signal nach Syrien: Macht euch nicht auf den Weg. Und wenn die Politik wenigstens wieder Straftäter zurück in Assads Reich schickt, sendet sie das Signal an die Deutschen: Wir sorgen für Ordnung. Isolation und Ächtung des syrischen Diktators waren moralisch richtig, konnten ihn aber nicht von der Macht vertreiben. Diese Realität ist bitter, aber wenn sich Deutschland und seine Partner ihr stellen, könnten sie wenigstens in der Migrationsfrage ein Stück vorankommen", ist sich die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG sicher.
Zum Präsidentschaftswahlkampf in den USA schreibt die österreichische Zeitung PRESSE AM SONNTAG: "Europa sollte sich keinen Illusionen hingeben: Eine Niederlage Trumps und seiner autoritären Agenda wäre zwar ein Glücksfall, aber noch kein Happy End. Die innere Spaltung der USA und das tiefe Misstrauen in ihre Institutionen würden fortbestehen. Es ist deshalb nicht ausgeschlossen, dass Amerika auf Jahre der Instabilität und vielleicht sogar der politischen Gewalt zusteuert. Europas mächtigster Verbündeter könnte früher oder später in einer Phase der Selbstbeschäftigung versinken. Mit ihrer Waffenliebe, Hyperpolarisierung und Geschichte politischer Gewalt tanzen die USA zwar aus der Reihe. Aber Europa sollte dennoch genau hinsehen. Denn auch hier nimmt die Polarisierung zu. Und auch hier wackelt der Grundsatz, dass es zwar ein Recht auf eine eigene Meinung gibt, aber nicht auf eigene Fakten. Die US-Zustände sind eine Warnung, wohin das führen kann", betont die PRESSE AM SONNTAG aus Wien.
Die türkische Zeitung MILLIYET erläutert: "Es ist bekannt, dass US-Präsident Biden seiner Stellvertreterin Harris nicht viel politischen Spielraum gelassen hat. Dass Biden nach seinem Rückzug aus dem Präsidentschaftsrennen sie als seine Nachfolgerin vorschlug, löste in Europa Verwunderung, aber auch Hoffnung aus. Bislang war Harris keine Politikerin, deren Ansichten in den Bereichen Wirtschaft, Verteidigung und Außenpolitik bekannt waren. Auf der Münchner Sicherheitskonferenz verlas sie einen guten Text, der von Experten des Außen- und des Verteidigungsministeriums verfasst worden war. Wir wissen nicht, was Harris tatsächlich über das Weltgeschehen denkt, auch nach fast vier Jahren in der US-Regierung", konstatiert MILLIYET aus Istanbul.
Der britische SUNDAY TELEGRAPH zeigt sich skeptisch: "Nachdem die Demokraten lange geleugnet haben, dass Präsident Biden dem Amt nicht gewachsen ist, stellt sich nun die Frage, ob die Partei mit Harris den gleichen Fehler begeht. In einer Erklärung nach dem Treffen mit dem israelischen Premier Netanjahu betonte Harris zwar ihre Unterstützung für den jüdischen Staat. Sie untermauerte dies mit einer Anekdote über ihre Zeit als 'junges Mädchen, das Geld sammelte, um dort Bäume zu pflanzen'. Doch auf die Frage von CNN, ob Harris sich selbst als Zionistin betrachte, kam eine klare Antwort von ihrem Stab: Nein. Führungsqualitäten erfordern mehr als Geschichten über Bäume. Während andere US-Politiker die Proteste in den USA gegen den Besuch von Netanjahu sofort verurteilten, kam Harris Erklärung erst nach 24 Stunden. Hatte sie Angst, den progressiven Flügel ihrer Partei zu verärgern?", fragt THE SUNDAY TELEGRAPH aus London.
Bei einem Raketenangriff auf die von Israel besetzten Golanhöhen wurden mindestens zwölf Menschen getötet, davon viele Kinder und Jugendliche. Die JERUSALEM POST führt aus: "Bisher wurden alle Attacken, die vom Libanon ausgingen, sehr schnell der Hisbollah zugeschrieben und von der Terrororganisation auch nicht dementiert. Das Dorf Majdal Shams auf den Golanhöhen hat eine drusische Gemeinde, ein Ableger des schiitischen Islam. Plötzlich leugnet die Hisbollah den Angriff. Das zeigt uns genau das, was die Israelis schon immer wussten: die Hisbollah benutzt den Antizionismus als Vorwand, um Juden zu ermorden. Die Tötung der Kinder von Drusen auf den Golanhöhen war ein großer Fehler. Israel hat alle notwendigen Beweise, um zu wissen, dass der Angriff von der Hisbollah durchgeführt wurde. Die Frage ist, ob Israels Gegner nun aufwachen und vor nichts zurückschrecken, wenn es um die Unterstützung von Terrororganisationen und die Leugnung des Rechts Israels auf Selbstverteidigung geht", schreibt die JERUSALEM POST.
Die israelische Zeitung HAARETZ befasst sich mit der USA-Reise des Premierministers und macht Netanjahu schwere Vorwürfe: "Er flog nach Washington, weil er den Demonstrationen in Israel entgehen wollte. Auch wollte Netanjahu mit seiner Rede vor dem US-Kongress Respekt und Beifall erhalten, um sein Ansehen bei seinen Anhängern in der Heimat zu festigen. Aber es gab noch einen weiteren Grund: Netanjahu wollte das Wochenende in Miami verbringen, um dort den Geburtstag seines Sohnes Yair zu feiern. Deshalb hat er sein Treffen mit Donald Trump auf Freitag verschoben. Ein anständiger Premierminister hätte seine derzeitige Reise in die USA verkürzt, anstatt sie zu verlängern. Schließlich befinden wir uns mitten im Krieg und die Geiseln sind immer noch in Gaza. Aber Netanjahu lässt sich nur von seinem Vergnügen leiten", meint HAARETZ aus Tel Aviv.
In Venezuela ist die Bevölkerung heute zur Wahl eines Präsidenten aufgerufen. Dazu schreibt die schwedische Zeitung DAGENS NYHETER: "Die Menschen sehnen sich nach einem Wandel. Meinungsumfragen deuten auf einen Sieg der Opposition hin. Die Frage ist nur, ob die Richter dem zustimmen. Tun sie es, wäre es ein Sieg für die Venezolaner und ein Signal, dass die Welle des autoritären Populismus gestoppt werden kann. Schließlich war es Venezuela, wo alles seinen Ausgang nahm. Es war Hugo Chávez, der die Methoden entwickelte, die in den nächsten 25 Jahren weltweit nachgeahmt wurden. Er wurde zum Präsidenten gewählt, weil er von einer korrupten Elite sprach, die das Volk verraten habe. An der Macht unterdrückte er die Pressefreiheit, hebelte die Gewaltenteilung aus und ließ eine neue Verfassung ausarbeiten. Das ist derselbe Werkzeugkasten, aus dem sich Männer wie Putin, Erdogan, Orbán und Trump bedienen. Bei den heutigen Wahlen steht unglaublich viel auf dem Spiel. Was ist, wenn die Menschen diese Diktatur stürzen? Das wäre ein Grund zum Feiern für uns alle", meint DAGENS NYHETER aus Stockholm.