25. August 2024
Die Presseschau

In den Sonntagszeitungen, die uns vorliegen, geht es um den tödlichen Angriff von Solingen, um die Haltung der Ampelkoalition zur AfD und um den US-Wahlkampf.

Das Bild ist etwas unscharf. Es ist dunkel. Zwei Polizeiautos stehen auf einer Straße. Polizisten bringen den kaum erkennbaren Täter zu einem der Fahrzeuge.
Der tödliche Messerangriff von Solingen ist auch Thema in den Sonntagszeitungen. (Christoph Reichwein / dpa )
Die jüngsten Entwicklungen im Fall von Solingen mit der Festnahme des mutmaßlichen Täters kamen für die Kommentatoren zu spät. ZEIT ONLINE bemerkt aber: "Über den Umgang mit Taten dieser Art kann man schon jetzt seriös reden. Über die Wirksamkeit von Waffenverbotszonen und Videoüberwachung, über strengere Waffengesetze.Unabhängig vom Motiv des Mörders wird Bundesinnenministerin Nancy Faeser ihren Vorstoß zu einem strengeren Waffengesetz inklusive Messerverbot wiederholen und vorantreiben. Kritiker werden einwerfen, dass keine dieser Maßnahmen dazu in der Lage wäre, solche Taten grundsätzlich zu verhindern. Die Öffentlichkeit wird ein weiteres Mal austarieren müssen, wo sie sich zwischen Freiheit und Sicherheit verortet", betont ZEIT ONLINE.
"Mit dem Gerede von der wehrhaften Demokratie muss Schluss sein", steht für die BILD AM SONNTAG fest. "Unsere Demokratie, unser Land muss endlich wirklich wehrhaft werden. Maximale Sicherheit der Bürger vor Terror, Gewalt und Kriminalität ist die wichtigste Aufgabe eines Staates. Davon sind wir in Deutschland weit entfernt. Das erleben wir jede Woche wieder." Die Zeitung fordert eine, Zitat, "nationale Kraftanstrengung innere Sicherheit" und listet auf, was dazugehören sollte: "Eine umfassende Aufrüstung der Sicherheitskräfte mit deutlich mehr Polizisten und deren Ausstattung mit modernster Ausrüstung und Technologie.︎ Wir brauchen eine Politik der 'Null Toleranz', wie sie in New York in den 90er-Jahren erfolgreich umgesetzt worden ist. Das bedeutet: hartes Vorgehen gegen jede Art der Kriminalität, massive Polizeipräsenz und Fahndungsdruck. Ein Messerverbot in der Öffentlichkeit, das durch Kontrollen durchgesetzt wird." Das Blatt schließt mit folgendem Fazit: "Wenn die Politik – also Ampelparteien und Union – bei der inneren und äußeren Sicherheit jetzt keine Wende hinbekommen, kann die AfD demnächst ganze Bundesländer allein regieren."
"Die AfD hat sich professionalisiert, und die Wähler haben das belohnt", schreibt die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG. "Bei der Ampelkoalition ist es andersherum: Sie hat sich entprofessionalisiert, und die Wähler haben das bestraft. Während die AfD selbst dann noch leidlich die Reihen geschlossen hält, wenn Funktionäre unter Spionageverdacht geraten, erklärt sich die Ampel inzwischen zur 'Übergangsregierung', wenn sie nicht noch ein paar weitere Milliarden zum Einsparen findet. Mit jedem Streit sinkt das Vertrauen in die Ampelparteien, und mit jedem Vertrauensverlust glauben diese, sich noch deutlicher von ihren Partnern abgrenzen zu müssen. Dabei könnten sie von der AfD lernen, dass es umgekehrt ist: Brächte die Koalition mal etwas ohne Getöse zu Ende, würden das die Wähler aller drei Parteien honorieren", betont die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG.
Die WELT AM SONNTAG schaut auf die AfD-Vorsitzende. "Wenn Alice Weidel im Bundestag ihre fundamentalistischen Angriffsreden hält, gibt man sich auf der Regierungsbank betont desinteressiert oder gar höhnisch. Das war und ist ein Fehler. Die AfD wird von einer großen Zahl von Bürgerinnen und Bürgern demokratisch gewählt. Deswegen sollte sie ernst und vor allem beim Wort genommen werden. Brandmauern helfen da nicht. Die AfD will gerade nach der Macht greifen. Das ist ein günstiger Moment, sich Stück für Stück mit den symbolpolitischen oder unsinnigen Forderungen der Partei auseinanderzusetzen. Und sie auf den Boden der komplexen Tatsachen zu holen. Das Gros der Funktionäre wird das nicht überzeugen. Einen Teil der AfD-Wählerschaft vielleicht aber schon." Sie hörten die WELT AM SONNTAG.
DIE PRESSE AM SONNTAG aus Wien befasst sich mit dem US-Wahlkampf und der Präsidentschaftskandidatin der Demokraten. "Nach dem Höhenflug beginnen für Kamala Harris nun die Mühen des Wahlkampfdschungels. In den TV-Duellen mit Trump muss sie erst unter Beweis stellen, wie schlagfertig und instinktsicher sie wirklich ist. Ihre bisherige Kampagne folgte einem Drehbuch. Sie wird auch improvisieren müssen. Und ob das zu ihren Stärken zählt? Die Unzufriedenheit im Land ist groß. Die Amerikaner klagen über unerschwingliche Lebenshaltungskosten und ungebremste Zuwanderung. Das sind für sie momentan die wichtigsten Themen. Und dafür, dass es nicht so läuft wie gewünscht, machen sie die Regierung verantwortlich", gibt DIE PRESSE AM SONNTAG aus Österreich zu bedenken.
Der britische OBSERVER geht näher auf die Frage ein, welche Voraussetzungen Kamala Harris mitbringt. "Schaut man auf ihren Lebenslauf, könnte man meinen, es fehle der früheren Staatsanwältin und Senatorin mit nur einer Amtszeit an Erfahrung und Wissen. Donald Trump hat ihre Eignung als Oberbefehlshaberin bereits in Frage gestellt und sie als Leichtgewicht mit niedrigem IQ bezeichnet. Das ist beleidigend und schlichtweg falsch. Harris hat ihre Zeit im Senat klug genutzt. Als Mitglied des Geheimdienstausschusses hat sie sich Fachwissen über die außenpolitischen Herausforderungen der Zukunft angeeignet - darunter KI, Cybersicherheit und der Weltraum. Als US-Vizepräsidentin trat sie federführend bei Veranstaltungen wie dem globalen Gipfeltreffen zur KI-Sicherheit und der Weltklimakonferenz in Dubai auf. In mancher Hinsicht ist Harris also eine Kandidatin, die für Kontinuität steht", bilanziert THE OBSERVER aus London.
Hören Sie nun eine der Kolumnistinnen der NEW YORK TIMES. "Kamala Harris stehen noch viele Prüfungen bevor - darunter bösartige Angriffe von Trump, möglicherweise schwierige Interviews in den Medien und das Fernsehduell im kommenden Monat. Sie muss zeigen, dass sie sich vom Teleprompter lösen kann. Schafft sie es, ohne größere Patzer durch ein Minimum an politischen Inhalten zu kommen? Kamala steht für die Hoffnung vieler Menschen im Land, die dafür beten, dass sie vor der Wahl nicht noch auf die Nase fällt. Sie kann sicher Mut daraus schöpfen, dass sie Trump geradezu in den Wahnsinn treibt. Er ist eifersüchtig auf ihr Aussehen, auf die Menge der Leute bei ihren Auftritten und auf ihre lebhafte Ausstrahlung. Das ist ein guter Anfang", urteilt die Kolumnistin der NEW YORK TIMES.
Der britische SUNDAY TELEGRAPH schreibt, es sei absolut notwendig, dass Harris die Wahl gewinne. "Das ist entscheidend für das Überleben des amerikanischen Selbstverständnisses als rationale Nation - und für die Rolle der USA in der NATO und der freien Welt. Paradoxerweise aber läge der unmittelbarste Effekt eines Sieges von Harris wohl darin, dass die Republikanische Partei den Wiederaufbau nach Trump in Angriff nehmen könnte. Denn den braucht sie für ihre Rolle als verantwortungsbewusste Opposition. Die Implosion des Phänomens Trump und die daraus folgende Rückkehr der Republikaner als legitimer Akteur im Verfassungsdialog könnte sich als die größte Errungenschaft einer Harris-Regierung erweisen." Das war ein Auszug aus dem SUNDAY TELEGRAPH, der in London erscheint.
Die türkische Zeitung YENI SAFAK blickt zurück auf den Parteitag der Demokraten in Chicago - und auf die Proteste in der Stadt. "In Chicago demonstrierten auch tausende Menschen für ein Ende der US-Waffenlieferungen an Israel. Die bedingungslose Unterstützung der Biden-Harris-Regierung für das militärische Vorgehen Israels in Gaza führte zu einer tiefen Spaltung des demokratischen Lagers. Vor allem bei der jungen Basis der Demokraten schwindet der Rückhalt für weitere US-Waffenlieferungen an Israel. Chicagos Bürgermeister Brandon Johnson sagte in einem Interview, was in Gaza geschehe, sei nicht nur schrecklich, sondern Völkermord. Weder Johnsons Stimme noch die der Protestgruppen in der Stadt spiegelte sich auf dem offiziellen Parteitag wider. Dort wurde die unerschütterliche Unterstützung Israels bekräftigt", kommentiert YENI SAFAK aus Istanbul.