"Die Welt und der Nahe Osten dürften kurz aufatmen. Israels Vergeltungsschlag ist nach ersten Berichten womöglich nicht so massiv ausgefallen, wie viele befürchtet hatten", schreibt der Berliner TAGESSPIEGEL zum ersten Thema und führt weiter aus. "Es wurden zwar militärische Einrichtungen wie Raketenbasen angegriffen – also jene Waffen, durch die sich der jüdische Staat bedroht fühlt – aber eben nicht Atom- oder Ölanlagen. Es scheint, als habe die Regierung in Jerusalem auf die USA als engstem Verbündeten gehört, maßvoll auf Irans Attacke vom 1. Oktober 2024 zu reagieren, damit die Lage in der Region nicht völlig aus dem Ruder läuft. Israel hat dann auch rasch nach den drei geflogenen Angriffswellen erklärt, die Mission sei erfüllt. Sie lautet: Abschreckung. Dem Feind zeigen, wozu man in der Lage ist.Ob es jetzt zu einem großen, offenen und sicherlich verheerenden Krieg zwischen dem Iran und Israel kommt, hängt allein von der Reaktion des Regimes in Teheran ab: Hält es sich zurück und nimmt von einem erneuten Angriff auf Israel Abstand oder kommt die nächste Runde von Schlag und Gegenschlag?", fragt DER TAGESSPIEGEL.
Der britische INDEPENDENT schreibt: "Man muss hoffen, dass Irans geistliches und politisches Oberhaupt, Chamenei, zu der Überzeugung kommt, dass er eine Eskalation des Konflikts ohne Gesichtsverlust vermeiden kann. Es gibt Gründe für die Annahme, dass das iranische Regime von weiteren Angriffen absehen wird - auch wenn sie mittelfristig nicht besonders beruhigend sind. Der Hauptgrund für diese Annahme, dass der Iran den Konflikt nicht eskalieren wird, besteht darin, dass Israel besser bewaffnet ist und über einen besseren Geheimdienst verfügt. Israel hat Anführer der iranischen Revolutionsgarden ermorden lassen und ist in der Lage, dem Iran mehr Schaden zuzufügen als umgekehrt", unterstreicht der Londoner INDEPENDENT.
Die türkische Zeitung SABAH ist der Ansicht: "Die ersten Reaktionen Israels und Irans zeigen, dass keine Seite einen unkontrollierten Krieg will. Es scheint, dass sich der chaotische Status quo zwischen den beiden Ländern trotz gegenseitiger Repressalien nicht ändern wird. Die Strategie konstanter Spannung wird noch eine Weile andauern. Bemerkenswert ist, dass Israel, das sich jahrelang aus strategischen Gründen über seine Attentate und Sabotageakte auf iranischem Territorium in Stillschweigen hüllte, zum ersten Mal zugegeben hat, Teheran angegriffen zu haben. Das Bild, das sich abzeichnet, zeigt, dass weder der Iran noch Israel gewinnen können. Die USA bestimmen das Tempo und den Verlauf des Konflikts. Von einem Sieg in Gaza und im Libanon ist Israel noch weit entfernt. Die USA und Großbritannien sind nicht in der Lage, die Raketen- und Drohnenangriffe der jemenitischen Huthis auf mit Israel verbundene Handelsschiffe im Roten Meer zu verhindern, geschweige denn die Macht des Iran zu brechen. Letztlich hat der Vergeltungsschlag gegen den Iran gezeigt, wie schwach Israel tatsächlich ist", meint SABAH aus Istanbul.
Die israelische Zeitung HAARETZ appelliert an die Regierung des Landes, Friedensverhandlungen zu führen. "Israel muss sich bemühen, den Krieg an allen Fronten zu beenden und dem Verhandlungsteam ein echtes Mandat zu erteilen, um bei den Gesprächen, die heute in Katar nach zweimonatiger Unterbrechung endlich wieder aufgenommen werden sollen, ein Geiselabkommen zu erzielen. Wenn die israelische Armee im Norden und im Süden ohne politisches Ziel weiterkämpft, wie sie es bisher getan hat, wird Israel die Geiseln endgültig aufgeben und sich an die tägliche Zahl der Toten gewöhnen müssen, die bereits zu einer makabren Routine geworden ist. In den letzten Tagen sind 15 Israelis getötet worden. Israel kann den Gazastreifen auch nicht weiter in eine humanitäre Katastrophe treiben. Die mehr als 40.000 Toten, die unzähligen Verwundeten, die Waisen, die Kranken, die Vertriebenen, der Hunger, die Krankheiten und die totale Zerstörung - all das muss aufhören. Dieser Krieg muss ein Ende haben", fordert HAARETZ aus Tel Aviv.
Nun in die USA, dort hat die demokratische Präsidentschaftskandidatin Harris im Endspurt des Wahlkampfs den Ton geändert. Statt Feel-Good-Ansprachen teile Harris nun gegen ihren Herausforderer Trump aus, notiert die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG "Die verstärkten Angriffe auf Trump in den vergangenen Tagen sind auch eine notwendige Kurskorrektur. Nach ihrem erfolgreichen Blitzstart im Sommer genoss Harris den Status des 'Underdog'. Dieses Label hatte seinen Reiz, als sie rasch die Umfragelücken zu Trump schloss und viele Amerikaner nach einem zähen Wettkampf zwischen zwei unbeliebten alten Männern einen politischen Neuanfang feierten. Doch seither ist es Harris nicht gelungen, sich von Trump abzusetzen.Mit der geänderten Wahlkampfstrategie versucht Harris, auf den letzten Metern ihre größte Schwäche auszubügeln: die fehlende Unterstützung der amerikanischen Männer, von denen viele Trumps Image des starken Mannes anhängen. An ihrem sechzigsten Geburtstag trat die Demokratin in Atlanta vor ein überwiegend schwarzes Publikum und appellierte eindringlich, alle möchten ihre Stimme abgeben. Am nächsten Tag reiste sie gemeinsam mit der Anti-Trump-Republikanerin Liz Cheney durch die 'Blue Wall'-Staaten Michigan, Wisconsin und Pennsylvania in der Hoffnung, noch einige republikanische Wähler zu überzeugen. Auch hier ging es viel um Trump und wenig um politische Inhalte", konstatiert die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG.
In der norwegischen Zeitung VERDENS GANG heißt es: "Schon 2016 fehlte es nicht an Warnungen, als Donald Trump für das Weiße Haus kandidierte. Nach seiner Abwahl vier Jahre später ging ein Mob zum Sturm auf das Kapitol über. Noch einmal vier Jahre später könnte eine dünne Mehrheit in einigen Bundesstaaten Trump zu einem zweiten Wahlsieg verhelfen - und das, obwohl selbst enge frühere Mitarbeiter vor ihm warnen. Nun ist Faschismus tatsächlich schwer zu definieren, und beim Phänomen Trump geht es nicht um eine kohärente politische Ideologie oder ein bestimmtes Wirtschaftssystem, sondern um eine prahlerische Respektlosigkeit vor der demokratischen Kultur, gepaart mit allgemeiner Inkompetenz. Die offenkundigen Lügen, die zahlreichen Beleidigungen und vieles andere wirken von außen betrachtet wie der pure Wahnsinn, nicht jedoch bei überzeugten Anhängern. Wenig historische Themen sind so gründlich untersucht worden wie das Vorfeld des Zweiten Weltkriegs, aber bis heute ist unklar, wie eine so bizarre Figur wie Hitler in der Kulturnation Deutschland an die Macht kommen konnte. Die Geschichte wiederholt sich nicht 1 zu 1, aber manche Mechanismen erscheinen bekannt: ein seltsamer Kandidat, der gegen Regeln und Konventionen verstößt und mit allem davon kommt, selbst mit einem versuchten Staatsstreich", erinnert VERDENS GANG aus Oslo.
Abschließend ein Blick in die NZZ AM SONNTAG. Die Schweizer Zeitung kommentiert Berichte, wonach über Tausende nordkoreanische Soldaten in Russland stationiert seien. "Dass Nordkorea Russland seit längerem mit Schiffsladungen von Munition unterstützt, war bekannt. Mittlerweile soll die Hälfte aller Artilleriegeschosse, die Russland im Ukraine-krieg benutzt, aus nordkoreanischer Produktion stammen. Das Regime liefert auch ballistische Raketen für Flächenbombardements gegen ukrainische Städte und zivile Einrichtungen. Und nun also Soldaten. Ihr Einsatz zeigt, dass der Konflikt in der Ukraine längst zu einem weltumspannenden Krieg geworden ist. Nicht nur, weil nun ein Staat aus Fernost immer tiefer in diesen Krieg involviert wird, sondern weil auch immer deutlicher wird, dass die derzeitigen Konflikte in der Welt zusammenhängen", analysiert die NZZ AM SONNTAG aus Zürich, mit der die Sonntagspresseschau endet.