17. November 2024
Die Presseschau

Mit Kommentaren zum Bundestagswahlkampf und der Weltklimakonferenz in Aserbaidschan. Zunächst geht es aber um die Personalentscheidungen des designierten US-Präsidenten Trump.

Donald Trump
Thema in den Sonntagszeitungen: Die Personalentscheidung von Donald Trump und die möglichen Folgen seiner Politik für den Nahen Osten und die Ukraine. (picture alliance / zz / Siegfried Nacion / STAR MAX / IPx / zz / Siegfried Nacion / STAR MAX / IPx)
DIE PRESSE aus Wien schreibt: "Diesmal weiß Donald Trump, was er will. Er ist im Gegensatz zu seiner ersten Amtsperiode inhaltlich und personell vorbereitet. Nach seinem Wahltriumph nominierte er im Eiltempo Gefolgsleute, die seinen rechtspopulistischen 'America first'-Kurs kompromisslos durchsetzen sollen. Auf Kompetenz und Führungserfahrung kommt es weniger oder auch gar nicht an. Wer davon überrascht ist, hat entweder den Wahlkampf und Trumps erste Amtszeit verschlafen oder leidet unter akuter Amnesie. Die Personalentscheidungen spiegeln in all ihren Farbtönen, die teilweise grell ins Bizarre changieren, schlicht und einfach die Prioritäten des künftigen US-Staatsoberhaupts wider. Er will die Disruption. Er will Amerika umwälzen", vermerkt die österreichische Zeitung DIE PRESSE.
Die israelische JERUSALEM POST notiert: "Der designierte US-Präsident Donald Trump hat starke Unterstützer Israels ausgewählt. Zu ihnen gehören Marco Rubio als Außenminister, Pete Hegseth als Verteidigungsminister oder Mike Huckabee als Botschafter in Israel. Auch wenn die Ernennungen schon als 'Dreamteam' für den jüdischen Staat gefeiert wurden, muss sich die israelische Regierung auf eine Zukunft einstellen, in der die neue Trump-Regierung zwar freundlich und unterstützend, aber auch streng und hart sein könnte. Letztendlich wird sie im Einklang mit den amerikanischen Interessen handeln, nicht mit denen Israels, und es könnte für Israel schwieriger sein, sich Trumps republikanischem Team zu widersetzen als der demokratischen Regierung von Präsident Joe Biden", mahnt die JERUSALEM POST.
Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG nimmt die Folgen für den Ukraine-Krieg in den Blick: "Donald Trumps Eitelkeit ist jetzt die größte Gefahr für die Ukrainerinnen und Ukrainer. Aber sie ist zugleich die größte Chance für das geplagte Volk und seine Armee in dem bald beginnenden vierten Kriegsjahr. Es kann in die eine wie die andere Richtung gehen: Trump kann den Stecker für die Militärhilfe an die Ukraine ziehen, wenn er in 65 Tagen sein Amt antritt. America first. Oder er kann Waffen und Munition in noch viel grösserem Umfang nach Kiew liefern, wenn er sich düpiert fühlt von der russischen Führung, nicht ernst genommen in seinem Wunsch nach einem raschen Friedensschluss. So gesehen ist nicht alles verloren für die Ukrainer. In Kiew deutet sich bereits ein Kurswechsel an. Die Rückeroberung des von Russland besetzten Gebietes – weiterhin ein Fünftel des ukrainischen Territoriums – wird vielleicht nicht länger die Priorität sein. Robuste Sicherheitsgarantien der USA und der anderen Natoländer sind wichtiger", erklärt die N.Z.Z. aus der Schweiz.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG meint: "Langsam wird klar, wie Trump Russlands Krieg gegen die Ukraine beenden möchte. Offenbar will er beiden Seiten zugleich die glühenden Zangen zeigen. Er könnte Putin damit drohen, die Ukraine so zu bewaffnen, dass Russland den Krieg verliert, und er könnte Selenskyj sagen, dass es keine Hilfe mehr gibt, wenn die Ukraine nicht nachgibt. Trump will möglicherweise eine Waffenruhe erzwingen, die beide Seiten nicht wollen", spekuliert die F.A.S.
"Es gibt keinen Zweifel mehr, dass der Krieg bald enden wird", ist die aserbaidschanische Zeitung MÜSAVAT überzeugt: "Der Krieg in der Ukraine ist zu einer zu großen Belastung für die NATO- und EU-Staaten geworden. Die westlichen Länder haben große Schwierigkeiten, finanzielle Mittel für die Ausrüstung der ukrainischen Armee aufzubringen. Dies führt nicht nur zu 'Finanzlöchern' in den Staatshaushalten dieser Länder, sondern verschärft auch die sozioökonomische Krise. Tatsache ist, dass das weitere Schicksal des Krieges in der Ukraine nun von der Trump-Regierung bestimmt wird." unterstreicht die Zeitung MÜSAVAT aus Baku.
Themenwechsel. Die FDP-Spitze hat Medienrecherchen zufolge den Bruch der Ampel-Koalition bereits vor Wochen gezielt vorbereitet. Die KLEINE ZEITUNG aus Österreich kommentiert: "Dass Lindner bewusst provozierte, war offensichtlich, doch die Akribie des Drehbuchs überrascht dann doch. Über Stimmen der Vernunft, die gegen den Plan waren (etwa Verkehrsminister Volker Wissing) wurde parteiintern drübergefahren. Die FDP dementiert nichts, Lindner selbst wiegelt ab: 'Es ist Wahlkampf. Wo ist die Nachricht?'. Die Nachricht ist, dass genau dieser Mangel an Verantwortung und die augescheinliche Unfähigkeit, überhaupt ein Problem darin zu sehen, das politische Klima weiter vergiften. Übrig bleibt vor der Wahl noch mehr Frust über das ganze Theater", befürchtet die KLEINE ZEITUNG aus Graz.
Die WELT AM SONNTAG sieht es so: "An der Frage, wie sich die Wirtschaftsmisere wirksam bekämpfen lässt, ist die Koalition zerbrochen. Nun wird der Wähler darüber entscheiden. Im Kern geht es darum, ob der bisherige Kurs in der Klima- und Sozialpolitik fortgesetzt wird, wie das Grüne und SPD wollen – allerdings mit höheren Schulden. Oder ob stattdessen die von Union und FDP angestrebte Wirtschaftswende eingeleitet wird, die nicht auf noch höhere Staatsausgaben gründet, sondern die Marktkräfte stärkt. Nach der Wahl wird die neue Regierung, wie auch immer sie sich zusammensetzt, der Bevölkerung ein ehrliches Bild der Lage liefern müssen. Die Zeitenwende kann nicht nur auf höhere Verteidigungsausgaben und die Ukrainehilfe beschränkt bleiben, sondern muss endlich auch in der Wirtschafts- und Sozialpolitik eingeleitet werden. Mancher Besitzstand wie etwa die Frührente wird dabei fallen müssen", fordert die WELT AM SONNTAG.
Die LÜBECKER NACHRICHTEN befinden: "In den USA hat Donald Trump gerade vorgemacht, wie sich Wahlen gewinnen lassen: mit Lügen, Drohungen und Verleumdungen. Die Trump-Masche hat das Land verrohen lassen und es ist kein Gewinn, beobachten zu können, wie Rückgratlosigkeit durch ihn zur Karrierebedingung wird. Nach der ersten Aufwallung durch den Koalitionsbruch ist es nun die Aufgabe aller, sicherzustellen, dass es in Deutschland nicht so läuft. Wer das Schüren von Ängsten zum Schwerpunkt macht, empfiehlt sich nicht für die Regierung. Und eine Abgrenzung zu Parteien, die mit der Demokratie nicht viel am Hut haben, ist erst dann glaubwürdig, wenn nicht deren Sprache übernommen wird", argumentieren die LÜBECKER NACHRICHTEN.
Die schwedische Zeitung SYDSVENSKAN zieht eine erste Bilanz der Weltklimakonferenz in Baku: "Halbzeit auf dem UNO-Klimagipfel COP29 in der Öl- und Gasdiktatur Aserbaidschan. Gewichtige Anführer wie die Präsidenten Chinas und der USA oder die EU-Kommissionschefin haben beschlossen, gar nicht erst anzureisen. Dafür sind die Taliban aus Afghanistan mit von der Partie. Das Energieministerium in Baku soll den Gipfel außerdem dazu genutzt haben, Investoren für die Erschließung neuer Gasfelder zu gewinnen, was im vollständigen Widerspruch zu früheren Vereinbarungen steht. Kann es sich die Welt eigentlich leisten, jahraus jahrein zwei Wochen lang über ein Dokument zu verhandeln, an das sich am Ende niemand hält? Weniger Worte und mehr Taten - so sollte die Forderung lauten“, kritisiert die Zeitung SYDSVENSKAN aus Malmö.
Der britische OBSERVER aus London stellt fest: "Es wäre unter diesen Umständen verlockend, über einen Neuanfang nachzudenken und eine völlig neue diplomatische Initiative in Betracht zu ziehen. Um auf diesem Weg schnellere und effektivere Wege zur Eindämmung des Klimawandels zu finden und so die immer schwereren Überschwemmungen, Dürren und Stürme abzuwenden, die auf unseren Planeten losgelassen werden. Ja, die Idee mag verlockend klingen, aber es wäre töricht, so voreilig zu handeln. Weltklimakonferenzen sind immer noch die einzigen Treffen, bei denen jede Nation – ob reich oder arm – einen Platz am Tisch bekommt, wenn es darum geht, die Erde zu retten." Mit dieser Stimme aus dem OBSERVER endet die Presseschau. Die Redaktion hatte Florian BarzSprecher/in war: