24. November 2024
Die Presseschau

Kommentiert werden die internationalen Haftbefehle gegen den israelischen Premierminister Netanjahu und seinen früheren Verteidigungsminister Gallant, die Entwicklungen in der deutschen Politik nach dem Auseinanderbrechen der Ampel-Koalition sowie die Krise der deutschen Wirtschaft.

    Menschen gehen durch den Eingang auf das Gelände der Welt-Klima-Konferenz in Baku.
    Die Weltklimakonferenz in Baku konnte sich doch noch auf ein Abschlussdokument einigen. (picture alliance / NurPhoto / Dominika Zarzycka)
    Zunächst geht es aber um die Weltklimakonferenz in Baku, die sich doch noch auf ein Abschlussdokument einigen konnte. Dazu schreibt DER SPIEGEL in seiner Online-Ausgabe: "Das Abschlussdokument sieht höhere Klimahilfen in Höhe von jährlich 300 Milliarden Dollar ab 2035 für arme Staaten vor. Damit bleibt man aber deutlich hinter dem zurück, was Fachleute für nötig erachten. Diplomaten betonten immer wieder, dass Baku eine 'Arbeitskonferenz' gewesen sei. Viele Agendapunkte seien verhandelt worden, vor allem technische Details des Abkommens. Die Kombination aus hohen Erwartungen und einer schlechten Ausgangslage haben Erfolge in Baku schwierig gemacht. Schon jetzt blicken die Verhandler auf die Klimakonferenz im kommenden Jahr in Brasilien, dort soll dann wieder über Emissionen gesprochen werden. In Baku ist das wichtigste Dokument zu den Emissionsminderungen vertagt worden, weil viele Länder es als viel zu lasch bewerteten. Doch die Staaten müssen bereits nächsten Februar neue, ehrgeizigere Klimaziele abgeben. Bisher haben das nur wenige getan – bleibt abzuwarten, ob die COP im brasilianischen Amazonas, in Bélem, erfolgreicher wird. Baku war in diesem Sinne nur eine Zwischenstation. Nun sollten sich die Länder endlich wieder auf das konzentrieren, worum es auf den Konferenzen geht: Den weltweiten Treibhausgasausstoß zu senken", fordert DER SPIEGEL.
    In einem Gastkommentar der japanischen Zeitung NIHON KEIZAI SHIMBUN ist zu lesen: "Auch wegen des bevorstehenden Regierungswechsels in den USA waren die Erwartungen an die diesjährige Weltklimakonferenz nicht groß. In diesem Sinne hat die nun erzielte Einigung über die Unterstützung für die Entwicklungsstaaten ein großes Lob verdient. Baku war aber in erster Linie ein großer Erfolg für den Gastgeber Asberbaidschan. Das Land konnte seinen Status als 'Großmacht der Region' festigen. Zudem zeigte es sich mit seiner deutlichen und antikolonialen Rhetorik als Interessensvertreter der Staaten des Globalen Südens. Nach der Weltklimakonferenz ist zu erwarten, dass Aserbaidschan in Zukunft eine größere Rolle in der Weltpolitik spielen wird", meint NIHON KEIZAI SHIMBUN aus Tokio.
    Themenwechsel. Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag hat Haftbefehle gegen den israelischen Premier Netanjahu, seinen früheren Verteidigungsminister Gallant sowie gegen Hamas-Militärchef Deif erlassen. Die WELT AM SONNTAG analysiert: "Die Haftbefehle gegen Netanjahu und Gallant sind rechtlich unhaltbar und politisch dumm. Hätte der Internationale Strafgerichtshof ein Interesse daran gehabt, die Situation in Gaza zu untersuchen, hätte er Haftbefehle gegen die gesamte Hamas-Führung erlassen müssen. Sollte es ihm Rahmen des Verteidigungskriegs gegen den Terror der Hamas und der Hisbollah zu Verletzungen des Kriegsrechts gekommen sein, werden die Verantwortlichen vor israelischen Gerichten zur Rechenschaft gezogen. Den Haag gibt dem Drängen korrupter Führer des 'globalen Südens' nach, die am liebsten den ganzen Westen auf die Anklagebank setzen würden. Wie in der Geschichte 'der Jude', muss Israel als Sündenbock herhalten. Die deutsche Antwort auf die Haftbefehle gegen Netanjahu und Gallant kann nur deren Nichtbeachtung sein. Wenn die Staatsräson jetzt nicht gilt, gilt sie nie", unterstreicht die WELT AM SONNTAG.
    Die NZZ AM SONNTAG aus der Schweiz ist folgender Meinung: "Der Haftbefehl ist für Netanjahu ein diplomatischer Rückschlag, wird er vom Internationalen Strafgerichtshof doch auf die gleiche Stufe gestellt wie der Hamasterrorist Deif oder der russische Präsident Putin. Doch Den Haag hat sich mit diesem Schritt keinen Gefallen getan. Die Frage ist, ob das Gericht zu diesem Zeitpunkt überhaupt dafür zuständig ist, die Geschehnisse in Gaza juristisch zu beurteilen. Zudem akzeptieren weder Israel noch Russland den ICC. China und die USA übrigens ebenso wenig. Dem Strafgerichtshof fehlt letztlich die Macht, seine Entscheide durchzusetzen. Er scheint heute eher zu einer Art moralischen Instanz geschrumpft. Und das sollte ein Gericht nie sein", findet die NZZ AM SONNTAG.
    Die türkische Zeitung STAR sieht es so: "Wir können davon ausgehen, dass Netanjahu und Gallant nicht verhaftet werden. Es ist aber offensichtlich, dass ihre Bewegungsfreiheit stark eingeschränkt ist. Eine Frage ist aber zu stellen: Warum werden nur Netanjahu und Gallant für die Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantwortlich gemacht, die seit mehr als einem Jahr in Gaza stattfinden und sich auf den Libanon und die Westbank ausgeweitet haben? Sind nicht auch das gesamte israelische Kabinett, die Armeekommandeure und die bewaffneten Siedler mitverantwortlich?" So weit die Meinung von STAR aus Istanbul.
    Nun ins Inland. Die BILD AM SONNTAG thematisiert den bevorstehenden Wahlkampf in Deutschland: "Wofür Olaf Scholz steht, hat der SPD-Kanzlerkandidat am Freitag in einer sozial-populistischen Rede vor Kommunalpolitikern seiner Partei ungewohnt emotional rausgehauen: Kein Einsatz deutscher Waffen auf russischem Territorium und keine Taurus an die Ukraine, die gerade gegen den russischen Ansturm unterzugehen droht – die SPD als Friedensengel in Kriegszeiten. Keine Abstriche bei Renten, Bürgergeld, Gesundheit und Pflege trotz höherer Ausgaben für die Bundeswehr – die SPD als Partei der sozialen Sicherheit in Zeiten enger Haushalte. Gesetzlicher Schutz von Mietern vor heftigen Mietpreissteigerungen – die SPD als Partei der Mieter in Zeiten der Wohnungsnot. Kurzum: Olaf Scholz zieht trotz Krieg und wirtschaftlicher Stagnation mit einem angeblichen Sorglosprogramm für die Bürger in den Wahlkampf – finanziert vor allem durch höhere Schulden. Und wofür steht der CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz? Im Prinzip für Tauruslieferung an die Ukraine, Einhaltung der Schuldenbremse, Steuersenkungen, weniger Migration, weniger Bürgergeld. Ansonsten ist viel Schweigen in der Union. Dabei müsste ein mutiger Merz den Bürgern doch jeden Tag erklären, warum sein Programm auch mit Zumutungen das Land besser fährt als mit den Schlaraffenlandversprechungen der SPD. Stattdessen freut man sich in CDU und CSU vor allem über das SPD-Desaster und verteilt schon mal Ministerposten", bemerkt die BILD AM SONNTAG.
    Die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG blickt auf die Wirtschaftskrise: "Deutschlands größte Industriebranche rutscht immer tiefer in die Krise. Hinter uns liegt eine weitere Woche mit deprimierenden Nachrichten aus der Autoindustrie: In Wolfsburg drohten am Mittwoch die Belegschaftsvertreter von Volkswagen mit einem Arbeitskampf, 'den die Republik noch nicht erlebt hat'. Der Betriebsrat wehrt sich gegen geplante Kostensenkungen und die erstmals drohenden Schließungen von VW-Fabriken in Deutschland. In Stuttgart kündigte Mercedes am Donnerstag ein milliardenschweres Sparprogramm an. Am Freitag gab der weltgrößte Autozulieferer Bosch den Abbau von 5.500 weiteren Arbeitsplätzen bekannt.Die Lage ist ernst, so ernst wie seit vielen Jahrzehnten nicht mehr. Lange schon wird darüber gesprochen, wie sehr die zwei großen Megatrends im Automobilbau die Branche verändern werden: der Wechsel vom Verbrennungsmotor zum batterieelektrischen Antrieb und die immer größere Bedeutung von Software und Digitaltechnik in den Autos. Jetzt erreicht der Wandel mit voller Wucht die Zentralen der deutschen Autobauer und ihre Fabriken. Die im Wettbewerb entscheidende Antriebsform wird das batterieelektrische Auto sein. Auch wenn sie sich in Deutschland derzeit schlecht verkaufen: Ohne konkurrenzfähige E-Autos sind die deutschen Hersteller über kurz oder lang auf dem Weg ins Industriemuseum." Das war zum Ende der Presseschau die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG.