01. Dezember 2024
Die Presseschau

Heute mit Kommentaren zur FDP, den Bemühungen in Australien zur Begrenzung von Social Media bei Jugendlichen und zu den Verhandlungen in Südkorea über ein internationales Plastikmüllabkommen. Doch zunächst der Blick nach Syrien.

Männer in Uniformen stehen in einer Reihe und posieren für ein Foto. Es ist Nacht. Die Männer stehen vor einer Zitadelle in der Stadt Aleppo im Land Syrien.
Dschihadisten vor einer Zitadelle in Aleppo in Syrien. (AFP / ABDULAZIZ KETAZ)
Die NZZ AM SONNTAG fragt sich, wie der Bürgerkrieg dort plötzlich wieder aufflammen konnte: "Der syrische Diktator Assad blieb auch Jahre nach der Hochphase des Krieges abhängig von den Russen und den Iranern. Er war der Herrscher über einen kaputten Staat, der sich nur mit Drogengeschäften über Wasser halten konnte. Sein Volk, das er weiter unterdrückte, lebte in bitterer Armut. All das wird ihm jetzt zum Verhängnis, da seine Verbündeten ebenfalls geschwächt sind. Iran war essenziell für die Sicherheit Assads, zusammen mit der libanesischen Hizbullah. Doch die schiitische Miliz ist seit dem Krieg mit Israel dezimiert worden. Die Frage ist, ob die Russen Assad wieder beistehen, die doch ihre Kämpfer und Waffen im Ukrainekrieg benötigen. Aleppo zu verlieren, wäre ein großer Rückschlag für Assad. Vielleicht kommt es aber noch schlimmer. Syrien ist wieder ein Pulverfass geworden", schreibt die NZZ AM SONNTAG aus der Schweiz.
Der britische SUNDAY TELEGRAPH ordnet die Entwicklung in Syrien vor dem Hintergrund des Nahostkonflikts ein: "Es ist klar, dass der Iran seine Entscheidung, den Konflikt mit Israel und dem Westen zu eskalieren, völlig falsch eingeschätzt hat. Teherans Stellvertreter im Libanon wurden vernichtet; die Hamas im Gazastreifen nahezu neutralisiert. Für den Westen bietet sich eine einmalige Gelegenheit, den bösartigen regionalen Einfluss des Iran für einen längeren Zeitraum zurückzudrängen", kommentiert THE SUNDAY TELEGRAPH aus London.
Der Präsident des Bundesnachrichtendienstes, Kahl, rechnet mit Einflussversuchen Russlands auf die vorgezogene Bundestagswahl im Februar. Die LÜBECKER NACHRICHTEN meinen: "Der Mann hat recht. Der Krieg Russlands gegen das demokratische Europa jenseits der Ukraine ist längst im Gange. Er wird nicht mit Bomben und Granaten geführt. Vielmehr greift Putin auf Desinformationskampagnen im Netz zurück, mit Unterstützung von Parteien wie AfD und BSW. Teil des Arsenals sind Cyberattacken und Sabotageakte. Der russische Präsident will den Westen langsam mürbe machen. Das macht die Abwehr anspruchsvoll. Nötig sind neben einer Ertüchtigung der Bundeswehr neue Gesetze. Die Zuständigkeiten bei der Abwehr hybrider Attacken sind nicht klar geregelt. Im Zweifel sind viele zuständig oder niemand. Deutschland kann es sich jedenfalls nicht leisten, im Kern unumstrittene Gesetze wie das Gesetz zum Schutz der kritischen Infrastruktur auf Eis zu legen, bis ein neuer Bundestag gewählt ist", mahnen die LÜBECKER NACHRICHTEN.
Das australische Parlament hat ein Social-Media-Verbot für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren beschlossen. Die österreichische Zeitung PRESSE AM SONNTAG hält das für keine gute Idee: "Soziale Medien sind die Nabelschnur für Kinder und Jugendliche zur Welt. Wer für ein simples Abdrehen dieser Kanäle plädiert, hat schlicht keine Ahnung vom Leben der Generation Z. Und wie immer, wenn pauschal über die 'Jungen' gesprochen wird, sollten vor allem auch die Erwachsenen in den Spiegel schauen. Eltern, die rund um die Uhr am Smartphone hängen, können natürlich keine glaubwürdigen Vorbilder für digitale Achtsamkeit sein. Symptomatisch ist, dass es weder im beruflichen noch im privaten Kontext verbindliche Regeln oder auch nur akzeptierte Benimmregeln gibt. Egal, ob Abendeinladung oder Arbeitstermin: Das Handy ist immer am Tisch", bedauert die PRESSE AM SONNTAG aus Wien.
Die schwedische Zeitung GÖTEBORGS-POSTEN argumentiert anders: "Australien hat den Ernst der Lage verstanden und wird damit zum Vorreiter. Offenbar hat man dort erkannt, womit Kinder und Jugendliche Tag für Tag konfrontiert werden. Das Problem ist gar nicht einmal in erster Linie, was über soziale Medien verbreitet wird, sondern dass sie bewusst so konstruiert sind, dass eine Abhängigkeit entsteht. Immer mehr Studien belegen immer mehr schädliche Auswirkungen. Phänomene wie die nachlassende Lesekompetenz unter Studenten zeigen, was sich anbahnt. Fähigkeiten wie rationales Denken, Dialog und Empathie sind bedroht und lassen sich nicht durch KI ersetzen. Was nützt es, wenn unsere Computer immer schlauer und wir immer dümmer werden? Das ist eine Bedrohung für die Demokratie und für wichtige Grundlagen unserer Zivilisation. Aber das ist auch nicht zwangsläufig der Untergang, denn schließlich sind wir keine Sklaven der Technik. Vielmehr zeigt Australien, dass es in unserer Macht steht, die Entwicklung in eine bessere, gesündere und analogere Richtung zu lenken", heißt es im GÖTEBORGS-POSTEN.
Die in den Vereingten Arabischen Emiraten erscheinende Zeitung GULF TODAY geht ins Detail: "Ab 2026 müssen Instagram, X, Tiktok und Snapchat den Australiern zeigen, dass sie angemessene Schritte unternommen haben, um Nutzer unter 16 Jahren von ihren Plattformen fernzuhalten. Andernfalls müssen die Anbieter mit Geldstrafen rechnen. Eine in letzter Minute vorgenommene Änderung des Gesetzes sieht vor, dass Social-Media-Anbieter, die nach Ausweisdokumenten fragen, auch eine alternative Altersüberprüfung anbieten müssen. Viele Jugendliche verfügen noch nicht über entsprechende Dokumente wie einen Führerschein oder eine Kreditkarte. Das spricht für eine Altersüberprüfung durch eine Technologie, bei der zum Beispiel äußerliche Merkmale einer Person wie Gesichtsfalten oder die Hand analysiert werden", erläutert GULF TODAY aus Schardscha am Persischen Golf.
Nun nach Südkorea, wo heute die internationalen Verhandlungen über ein erstes UNO-Abkommen zum Plastikmüll enden sollen. Die Zeitung MANILA TIMES schreibt dazu: "Umstritten ist die Frage, ob das Abkommen die Plastikproduktion begrenzen oder Chemikalien verbieten soll, die als gesundheitsschädlich gelten. Zudem besteht keine Einigkeit darüber, wie die Umsetzung einer solchen Vereinbarung finanziert werden soll. Die Philippinen haben ein großes Interesse an dem Thema, nicht nur, weil die Meeresgewässer durch Plastikmüll zunehmend verschmutzt werden, sondern auch, weil das Land weltweit an dritter Stelle der Verursacher der Verschmutzung durch Plastikmüll steht. Es ist offensichtlich, dass wir vor unserer eigenen Haustür kehren müssen, auch wenn wir uns für globale Maßnahmen einsetzen", mahnt MANILA TIMES.
Zum Schluss geht es um die FDP und um die personellen Konsequenzen nach Veröffentlichung eines Strategiepapiers zum Bruch der Ampel-Koalition. Die WELT AM SONNTAG konstatiert: "Die Partei liegt in Trümmern. Angreifbar gemacht hat sich die FPD ganz profan, weil sie die Unwahrheit gesagt hat. Der Rücktritt von Generalsekretär Bijan Djir-Sarai war folgerichtig. Wolfgang Kubicki, der nun bewiesene Recherchen noch vor Tagen als 'Märchen' abtat, schuldet der Öffentlichkeit eine Entschuldigung. Auch Christian Lindner, der unantastbare Parteivorsitzende, sollte nachdenken: Die Verengung des Liberalismus aufs Ökonomische und ihre Repräsentanz durch einen ans Klischee von Jung-BWlern erinnernden Männertypus ist überholt", analysiert die WELT AM SONNTAG.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG führt aus: "Vermutlich beginnen jetzt Tage, in denen aufgeregt beobachtet wird, ob der versammelte Zorn der politischen Mitte auch den Vorsitzenden der FDP dahinrafft. Aber das sind, bei allem Respekt vor Deutschlands einziger liberaler Partei, Petitessen. In den Vordergrund des Wahlkampfs gehören andere Themen: Wie lässt sich die gefährlich abrutschende Wirtschaft wieder aufrichten, die ungesteuerte Massenmigration beenden und das Land vor den wachsenden äußeren Bedrohungen schützen? Diese Fragen und vor allem ihre Antworten werden dem historisch aufgeladenen Begriff des D-Days eher gerecht", unterstreicht die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG.