
Dazu heißt es in der österreichischen Zeitung DIE PRESSE: "Zu den Gewinnern in Damaskus zählt vorderhand die Türkei, die eine Schutzmachtfunktion für die siegreichen Rebellengruppen ausgeübt hat. Auch die Golfstaaten werden zweifellos versuchen mitzumischen. Doch wer zu tief in den syrischen Treibsand gezogen wird, kann schnell untergehen. Russland und der Iran haben sich blutige Nasen in Syrien geholt. Sie haben über Jahre hinweg Milliarden für Militärinterventionen ausgegeben, um Assad an der Macht zu halten. Die Fehlinvestition hat geopolitische Folgen: Russland muss um seine Militärbasen in Syrien bangen und hat einen schweren Rückschlag bei seinen Bemühungen erlitten, wieder als Weltmacht wahrgenommen zu werden. Die Frage, wer das Machtvakuum in Syrien auf Dauer füllt, ist von geopolitischer Bedeutung. In Damaskus ist die Schreckensherrschaft des Assad-Clans zu Ende gegangen. Die syrische Tragödie ist damit aber noch lang nicht vorbei. Für eine stabile und friedliche Zukunft braucht das Land nach der Machtübernahme der radikalen HTS-Islamisten ein Wunder, und zwar kein kleines, sondern ein großes", hebt die Wiener Zeitung DIE PRESSE hervor.
In einem Kommentar der Wochenzeitung DIE ZEIT heißt es: "Es sind wiederkehrende Bilder, wenn Regime fallen. Man sieht Rebellen, Demonstrantinnen, Bürger in den Gemächern des einstigen Diktators, man sieht die Befreiten aus den Foltergefängnissen, die Gefängnisse selbst, die Geheimdienstzentralen. Man sieht allgemein, neben den Jubelszenen auf den Straßen einer Hauptstadt, diesen Moment, wo das Verborgene – Paläste und Knäste – plötzlich grell offenbar wird. Emotional weltweit aufwühlende Bilder, die drastisch die Unruhe unter der zu Ende gegangenen Ruhe einer Diktatur zeigen, sind politisch erstaunlich wirkungslos. Und manchmal sind sie auch einfach sehr redundant. Spätestens seit den heißen Phasen des syrischen Bürgerkriegs nach 2011 gab es wenig Zweifel an Baschar al-Assads herausragender Grausamkeit. Wir erfahren also, zynisch gesprochen, überhaupt nichts Neues", ist in der ZEIT zu lesen.
In Syrien sind Zehntausende unter dem Assad-Regime gefoltert worden. Nach Ansicht der WELT AM SONNTAG könnte Deutschland Hilfe leisten, diese Taten aufzuklären. Das stifte mehr Frieden, als sich in Debatten über die Rückkehr syrischer Flüchtlinge zu verlieren: "Eine Einheit des Bundeskriminalamts spürt seit Jahren Kriegsverbrecher auf, die sich als Flüchtlinge nach Europa abgesetzt haben. Mehrere Prozesse vor deutschen Gerichten gegen Schergen des Regimes waren erfolgreich. Das ist auch der Hilfe syrischer Menschenrechtsanwälte und Journalisten zu verdanken, die penible Aufklärungsarbeit leisten und seit Jahren auf die Stunde Null warten. Ein Ziel könnte sein, mit deutscher Hilfe Sondergerichte in Syrien zu etablieren, vor denen die Täter verurteilt werden. Ansprechpartner dafür gibt es zur Genüge. Die Zeit drängt. Erstens muss verhindert werden, dass unbedacht wichtige Dokumente zerstört werden, wenn die Bürger etwa Geheimdienstbüros oder Regierungsgebäude stürmen. Es sind also Beweise zu sichern. Zweitens müssen schnell Vermisstensuchstellen installiert werden, die Zugriff auf diejenigen Akten bekommen, die Informationen über Gefangene enthalten. Drittens müssen Gefängnisse unter Schutz gestellt werden. Später können sie, wie der syrische Menschenrechtsanwalt Anwar al-Bunni vorschlägt, zu Gedenkorten umgestaltet werden. Viertens brauchen die Überlebenden medizinische Hilfe und psychologische Betreuung. Es gibt keine Gerechtigkeit ohne Rechenschaft. Nur wenn der Rahmen dafür geschaffen ist, kann ein syrischer Staat wieder zu einer sicheren Heimat werden – in die viele Syrer gerne zurückkehren würden", unterstreicht die Zeitung WELT AM SONNTAG.
Nun nach Südkorea. Die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG analysiert, wie es zur Staatskrise in dem asiatischen Land kommen konnte: "Lange rätselte man, was Südkoreas Präsidenten Yoon Suk-yeol geritten haben könnte, den Kriegszustand zu erklären, nur weil ihm die Opposition im Parlament das Regieren schwer macht. Nun wird klar: Er hat all das genau so gemeint und gewollt. Als er sich Donnerstag noch einmal an die Nation wandte, gab Yoon vielfach wieder, was im koreanischen Internet an rechten Verschwörungstheorien verbreitet wird: dass die oppositionellen Demokraten 'auf der Seite Nordkoreas' stehen. Dass es ihr Ziel sei, Korea in ein Paradies für Spione, eine Drogenhöhle und ein Gangsterparadies zu verwandeln. Der Kriegszustand sei deshalb nur als 'Warnung' vor den 'Staatsfeinden' im eigenen Land gedacht gewesen, da diese den wirtschaftlichen Zusammenbruch anstrebten, so Yoon. Diese Rhetorik erinnert an Trump, zu dem Yoon schnell ein gutes Verhältnis aufgebaut hat. Dass Südkoreas Präsident diesen frühen Draht nach Amerika nun selbst einreißt, zeigt die Hybris des Mannes, der nicht einsehen kann und will, dass er letztlich einen Staatsstreich gegen die Demokratie unternommen hat. Südkoreas Politik wird angekratzt aus der Krise hervorgehen, die Demokratie aber überleben. Die Frage, wer auf Yoon folgt, sollte auch die westliche Staatengemeinschaft beschäftigen", empfiehlt die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG.
Die japanische ASAHI SHIMBUN appelliert an die Regierungs- und Oppositionsparteien in Südkorea, gemeinsam die politische Krise zu überwinden. "Präsident Yoon, der das Militär zum Parlament schickte, um seine politischen Rivalen zu beseitigen, sollte zur Verantwortung gezogen werden. Yoon zeigt allerdings keine Einsicht, vielmehr beschimpfte er die Opposition. Unabhängig vom Ausgang des Verfahrens im Verfassungsgericht wird es für Yoon äußerst schwierig sein, das Vertrauen des Volkes zurückzugewinnen. Die Regierungs- und Oppositionsparteien sollten mit Blick auf die Zeit nach einem politischen Ende Yoons Gespräche führen. Durch die Eskalation des Konflikts mit Nordkorea, dem Regierungswechsel in den USA, die schwierige sicherheitspolitische Lage weltweit und die schwächelnde Konjunktur ist Südkorea darüber hinaus in einer schwierigen Situation. Das innenpolitische Chaos wird die Bürger hart treffen. Die Regierungs- und Oppositionsparteien müssen die Krise durch eine enge Zusammenarbeit überwinden. Seit langem ist die Politik Südkoreas gespalten, was zum Misstrauen der Bürger führte. Hierfür trägt auch die Opposition eine große Verantwortung", betont ASAHI SHIMBUN aus Tokio.
Hören Sie nun noch einen Kommentar aus SPIEGEL ONLINE über den Mord an dem US-amerikanischen Krankenkassenchef Brian Thompson, der aufgrund massiver Kritik an dem Unternehmen vielfach gefeiert wird. Die Gesellschaft sei verroht, beklagt das Nachrichtenmagazin. "Die USA, das Land der kalten Herzen, haben sich längst so an den sinnlosen Tod gewöhnt, dass das Leben kaum mehr etwas wert ist. Dessen vorzeitiges Ende – zu Hause, auf der Straße, in der U-Bahn, im Krankenhaus, in der Schule, in der Hinrichtungskammer, durch Verbrechen, Ignoranz, Nachlässigkeit oder Gerichtsurteile – sorgt oft nur noch für Schulterzucken. Amerika ist zum Horrorfilm-Meme verroht. Was ein amerikanisches Leben wert ist, war immer schon verhandelbar. 'All men are created equal', alle Menschen sind gleich geschaffen, so steht es in der Unabhängigkeitserklärung. Doch fast die Hälfte der Gründerväter besaß Sklaven, deren Wert auf drei Fünftel einer freien Person festgesetzt war – eine Regel, die nach dem Bürgerkrieg fiel , aber in der Politik, der Gesellschaft und vielen Köpfen weiterspukt. Im Wilden Westen galt das Recht der Stärkeren, später das Recht der Reicheren und immer das Recht der Blasseren. Wer anderen das Leben nehmen darf, entscheidet sich bis heute nicht selten nach Status, Herkunft und Hautfarbe", heißt es in SPIEGEL ONLINE.