19. Januar 2025
Die Presseschau

Die Kommentare der Sonntagszeitungen widmen sich der zwischen Israel und der Hamas vereinbarten Waffenruhe für den Gazastreifen. Vor allem aber geht es um die morgige Amtseinführung des künftigen US-Präsidenten Donald Trump.

    Der alte und künftige US-Präsident Donal Trump im Profil
    Die bevorstehende Amtszeit von Donald Trump als US-Präsident beschäftigt viele Sonntagszeitungen. (picture alliance / Zuma Press / Andrew Shurtleff)
    Dazu heißt es in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN SONNTAGSZEITUNG: "Wenn er von Montag an wieder im Weißen Haus sitzt, dürfte der Präsident auf ein bewährtes Mittel setzen: Krach machen. Nach innen den Kulturkampf befeuern, nach außen den Brachialdiplomaten rauskehren. Trump hat längst damit angefangen: Die Waldbrände in Los Angeles seien die Folge linker Umweltpolitik, behauptet er. Auch außenpolitisch hat er schon Pflöcke eingeschlagen: Er drohte, Dänemark und Panama durch ökonomischen Druck oder gar militärischen Zwang zu nötigen, Grönland beziehungsweise die Kontrolle über den Panamakanal abzutreten. Und er schwafelt von Kanada als 51. Bundesstaat. Das Gemetzel geht weiter", prophezeit die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG.
    "In Berlin hat ganz offenkundig niemand eine gute Idee, wie man mit der zweiten Amtszeit von Trump umgehen soll", meint die BILD AM SONNTAG: "Deutschland muss sich ab diesem Montag auf einen ganz anderen US-Präsidenten Trump einstellen als wir ihn in seiner ersten Amtszeit sahen. Damals war Trump schlecht vorbereitet, hatte weder eine klare Strategie noch die dazu passenden Leute. Diesmal startet Trump mit einem klaren Plan. Vor allem aber müssen wir uns fragen, was eigentlich der Inhalt der uns traditionell verbindenden transatlantischen Wertegemeinschaft sein soll. Je stärker wir selbst sind, desto leichter wird die Zusammenarbeit auch mit den USA. Deshalb müssen wir aufhören, wie das Kaninchen auf die Schlange zu starren, die wir im Weißen Haus vermuten", fordert die BILD AM SONNTAG.
    "Es ist zu befürchten, dass Trump die US-Politik, wie wir sie kannten, in Trümmer legen wird", glaubt die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG AM SONNTAG aus der Schweiz: "'It’s America first', aber diesmal richtig. Die amerikanische Weltordnung, die 80 Jahre galt, könnte zu einem Ende kommen. Denn Trump stellt alles infrage, was bisher gegolten hat: Handel, Allianzen, Multilateralismus. Bisher waren vor allem Russland und China die revisionistischen Kräfte, die jahrzehntelang versucht hatten, die liberale internationale Ordnung zu bekämpfen. Trump nimmt ihnen die Arbeit nun ab. Wenn die alte Ordnung stirbt: Wie sieht die neue aus? Vielleicht wird die Welt ein Dschungel, vielleicht wird sie dreigeteilt, vielleicht laufen wir in einen Krieg, oder die Welt kriegt noch die Kurve. Klar ist: Es gibt kein Zurück mehr", unterstreicht die NZZ AM SONNTAG.
    "Wer wird Donald Trump diesmal zähmen?", fragt die britische Zeitung THE GUARDIAN: "Michelle Obamas Ein-Frau-Boykott der Amtseinführung von Donald Trump bedarf keiner Erklärung. Es ist klar, dass die ehemalige First Lady null Toleranz und noch weniger Liebe für einen Mann hat, der sich an rassistischem und sexistischem Verhalten erfreut. Viele andere Menschen, vor allem unter den US-Verbündeten in Europa, würden Trump ebenfalls boykottieren, wenn sie könnten. Doch sie müssen unweigerlich die nächsten vier Jahre mit ihm zurechtkommen. Diese Angst und Abscheu wird keineswegs von allen geteilt. Eine Umfrage, die letzte Woche vom Europäischen Rat für Auswärtige Beziehungen veröffentlicht wurde, ergab, dass in China, Indien, Russland, Saudi-Arabien, Indonesien, Südafrika und Brasilien mehr Menschen Trumps Rückkehr begrüßen als sie beklagen. Offensichtlich glauben viele führende Länder, dass Trump 2.0 eine gute Sache für sie sein könnte. Die Europäer sind die Außenseiter. Wenn sie sich weigern, mitzuspielen, riskieren sie Marginalisierung und Irrelevanz", befürchtet THE GUARDIAN aus London.
    "Überleben in Trumps Geisterbahn", überschreibt der DER SPIEGEL seinen Kommentar: "Die primitiven Lügen und verstörend brutalen Verbalattacken des Oberschleimers Elon Musk haben die Tonlage bereits vorgegeben. Das Recht des Stärkeren soll wieder zum Prinzip der internationalen Politik und des gesellschaftlichen Zusammenlebens werden. Ich kann mich dabei des Eindrucks nicht erwehren, dass das Bündnis der Silicon-Valley-Oligarchen mit Trump Züge des Putinismus trägt. Steinreiche Magnaten scharen sich buckelnd um einen starken Führer, um sich die Taschen noch weiter vollzustopfen. Aber gut, Washington ist nicht Moskau, und die USA sind selbstverständlich eine Demokratie. Trump wurde auf völlig legale Weise ins Amt gewählt. Ob nun alles so demokratisch und legal bleibt, wird sich zeigen. Die Zeit scheint gekommen, um für die Robustheit des Rechtsstaats in den USA eine Kerze anzuzünden. Denn dass sich der neue alte Mann im Oval Office auch eine auf ihn zugeschnittene Diktatur vorstellen kann, daran bestehen nicht die geringsten Zweifel", betont DER SPIEGEL.
    "Wer hätte gedacht, dass Trump zurückkommt?", ist in der norwegischen Zeitung DAGBLADET zu lesen: "Eine Mehrheit der Wähler hat für einen Mann gestimmt, der seine Wahlniederlage aus dem Jahr 2020 noch immer nicht anerkannt hat und der ohne seine Wiederwahl wegen seines Aufrufs zum Umsturz, wegen Beeinflussung der Wahlen und wegen seines Umgangs mit vertraulichen Papieren angeklagt worden wäre. Kaum jemand glaubte damals an Trumps Rückkehr in die Politik. Bei seiner morgigen Amtseinführung verhindert extreme Kälte Paraden und Shows im Freien. Washington friert und in Kalifornien brennt es. Die Nation ist so tief gespalten, dass ein Bürgerkrieg droht", meint das DAGBLADET aus Oslo.
    Die israelische Zeitung JERUSALEM POST führt mit Blick auf die Feuerpause im Gaza-Krieg aus: "Der designierte US-Präsident Trump verschwendete keine Zeit damit, die am Mittwoch verkündete Waffenstillstandsvereinbarung zwischen Israel und der Hamas zu würdigen. Premierminister Benjamin Netanjahu machte gerne mit, um dem neuen Präsidenten zu gefallen. Netanjahu hielt lange genug durch, um das Abkommen wenige Tage vor Trumps Amtseinführung abzuschließen, obwohl der Plan im Wesentlichen vor sechs Monaten vom scheidenden US-Präsidenten Joe Biden vorgelegt wurde. Trumps Drohungen, dass 'die Hölle losbrechen wird', sollte es vor seinem Amtsantritt keinen Waffenstillstand geben, wirkten auf Netanjahu, der weiß, wie unberechenbar und rachsüchtig Trump sein kann", notiert die JERUSALEM POST.
    Auch die WELT AM SONNTAG befasst sich mit dem Waffenruhe-Abkommen: "Es gibt Momente im Leben eines Politikers, in denen er sich durchringen muss, ob er seinem Herzen oder Verstand folgen soll. Israels Premier Netanjahu stand an diesem Wochenende vor dieser Entscheidung: Soll er die militärischen Notwendigkeiten um der 33 Geiseln willen ruhen lassen, von denen die meisten wohl noch am Leben sind, damit die Terroristen der Hamas sie aus ihren Verliesen herauslassen? Oder soll er den Krieg weiterführen, damit auch die letzten Kämpfer jener Gruppe besiegt werden, die am 7. Oktober 2023 Israel überfielen? Netanjahu hat sich für die Humanität entschieden. Menschlich gesehen ist es ein richtiger Schritt. Er wird die um ihre Lieben bangenden Israelis genauso erleichtern wie den Zivilisten im Gazastreifen einige Wochen der Ruhe gönnen. Ist Netanjahus Entschluss politisch klug? Ob dieser zu einer dauerhaften Waffenruhe führen kann, darf bezweifelt werden", bemerkt die WELT AM SONNTAG.
    Die türkische Zeitung KARAR merkt an: "Sollte der Waffenstillstand halten, werden die Menschen in Gaza, die den Krieg verloren haben, am meisten davon profitieren. Wenn Israel in der Lage ist, die Erwartungen der derzeitigen Führung und der extremistischen Minderheit zu zügeln, wird es von einem durch den Waffenstillstand ermöglichten Friedensprozess weit mehr profitieren, als es durch den Krieg gewonnen hat. Das Verhältnis zur arabischen Welt wird sich normalisieren. Dennoch ist es ratsam, sich nicht allzu sehr auf solche Aussichten zu versteifen - denn es kann jederzeit auch alles ganz anders kommen", stellt KARAR aus Istanbul klar.