
Heute treffen sich europäische Spitzenpolitiker zu einem Ukraine-Gipfel in London. Dazu vermerkt der britische THE SUNDAY TELEGRAPH: "Während sich heute die europäischen Staats- und Regierungschefs in London versammeln, ist die Stimmung düster. Sie alle wissen, dass Selenskys letzter Auftritt am Freitag im Oval Office nicht nur für die Ukraine, sondern auch für Europa existenzielle Folgen haben könnte. Die Sprecherin von US-Präsident Trump sagte, die USA könnten jetzt sofort jegliche Unterstützung für die Ukraine einstellen. Das bedeutet, dass fast die gesamte militärische und wirtschaftliche Last, den größten Krieg in Europa seit 1945 aufrechtzuerhalten, jetzt auf den europäischen Nationen lastet. Der Londoner Verteidigungsgipfel muss sich auf einen ernsthaften Aktionsplan einigen, um die Lücke zu schließen, die die amerikanische Neuausrichtung und die Bedrohung durch die russische Aggression hinterlassen haben. Europa, einschließlich Großbritannien, ist bei der Verteidigung der Ukraine auf sich allein gestellt. Mit dem kombinierten Bruttoinlandsprodukt ihrer Länder, das um ein Vielfaches größer ist als das Russlands, sollten die heute in London Versammelten dieser Aufgabe gewachsen sein", schreibt THE SUNDAY TELEGRAPH aus London.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG mahnt die deutschen Politiker zur Eile bei der Regierungsbildung: "Washington peitscht die Weltpolitik voran und erzwingt Reaktionen von Europa, auch und gerade aus Deutschland. Am Sonntag tagt ein Krisengipfel in London, am Mittwoch ein zweiter in London, weitere dürften folgen. Viele Augen richten sich auf Berlin – aber von dort reist vermutlich kein neuer Kanzler an, sondern ein alter, der kaum noch im Namen der Nation sprechen kann. So könnte es noch Wochen weitergehen. Europa, hebt der CDU-Kanzlerkanidat Merz oft hervor, warte händeringend auf Führung aus Berlin, aber das offizielle Europa soll noch zwei Monate lang in das Gesicht eines abgewählten Regierungschefs blicken", hebt die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG hervor.
Die LÜBECKER NACHRICHTEN warnen: "Amerika unter Trump und Vance ist eine nach außen imperialistisch handelnde Großmacht, die im Inneren gerade ihre Verwaltung auflöst und die freien Medien an die Leine legt. Wenn sich diese Entwicklung fortsetzt, droht Europa zwischen den dann drei globalen autoriäten Großmächten China, USA und Russland politisch und ökonomisch zerrieben zu werden. Europa wird viel Kraft, Geld und Solidarität brauchen, um das zu verhindern. Dass Deutschland als größte Ökonomie Europas aufgrund der Neuwahlen faktisch ausfällt, ist ein Desaster. Die aktuellen Entwicklungen müssen für Union, SPD und Grüne eine dringende Mahnung sein, sich noch vor der konstituierenden Sitzung des Bundestags auf ein weiteres Sondervermögen für die Sicherheit Deutschlands zu einigen", befinden DIE LÜBECKER NACHRICHTEN.
Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG AM SONNTAG aus der Schweiz kommentiert: "Der amerikanische Präsident Trump und sein Vize Vance mögen sich stark gefühlt haben am vergangenen Freitag im Oval Office. Sie demütigten einen Präsidenten, der seit drei Jahren die Amerikaner immer wieder anflehen muss, sein Volk mit Waffen auszurüsten, damit es sich verteidigen kann gegen eine imperiale, autokratisch geführte Macht, und sich auch immer wieder von Herzen bedankt bei den Mächtigen im Land und beim amerikanischen Volk für ebendiese Hilfe. Es ist zu hoffen, dass das Trauerspiel vom Freitag nicht ein Hinweis darauf war, dass Donald Trump bereit ist, die Ukraine dem Kreml-Herrn Putin auf dem Silbertablett auszuliefern. Sonst würden sich die starken Männer des Oval Office als eigentliche Schwächlinge erweisen", meint die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG AM SONNTAG.
Der Leitartikel in der japanischen Zeitung YOMIURI SHIMBUN steht unter dem Titel: "Ein Eklat, der nur Russland nützt". Darin heißt es: "Trump kritisiert den Präsidenten der Ukraine, die unter dem russischen Invasionskrieg leidet, scharf und droht parallel mit Rückzug der USA: Ist das wirklich ein Bild der 'großartigen USA', von denen Trump immer wieder spricht? Dass er von Selenskyj Dankbarkeit und Unterwerfung fordert, ist eine äußerst respektlose Aussage. Besorgniserregend ist, dass in den USA die Stimmen wohl lauter werden, die die Einstellung der militärischen Hilfe für die Ukraine fordern. Auch der Graben zwischen den USA und Europa wird ernsthaft tiefer – die Lage entwickelt sich aktuell genauso, wie sich Putin gewünscht hat", erklärt YOMIURI SHIMBUN aus Tokio.
Die aserbaidschanische Zeitung MÜSAVAT analysiert das Treffen von Trump und Selenskyj: "Die USA, einer der wichtigsten Verteidiger der Ukraine, haben sich vom kollektiven Westen distanziert und eine neue Front gegen ihre traditionellen Verbündeten eröffnet. Der Besuch von Präsident Selenskyj in den USA hat einige wichtige Punkte ans Licht gebracht. So wurde klar bestätigt, dass die USA derzeit nicht auf der Seite der Ukraine, sondern auf der Seite Russlands stehen. Mit anderen Worten: Präsident Selenskyj traf sich im Weißen Haus mit Kreml-Chef Putin in Gestalt des US-Präsidenten Trump. Wenn die Europäische Union, die jetzt Angst vor Russland und dem Zorn der Vereinigten Staaten hat, etwas mutiger wird und beschließt, die Ukraine weiterhin zu unterstützen, könnte das Scheitern der Trump-Putin-Plans unvermeidlich sein", erwartet MÜSAVAT aus Baku.
Die norwegische Zeitung VERDENS GANG befürwortet angesichts der Weltlage einen EU-Beitritt Norwegens: "Wir können uns nicht mehr darauf verlassen, dass die USA unter Trump die freie Welt anführen und verteidigen. Wir müssen sogar befürchten, dass alles noch schlimmer wird. Trumps Verhalten stärkt Putin, und die Bedrohung durch Russland könnte deshalb weiter wachsen. Zu den Lichtblicken gehört, dass sich europäische Staatenlenker deutlich an die Seite von Selenskyj stellen, aber die freie Welt ist kleiner geworden. In der neuen Wirklichkeit zählen nur starke, verbindliche Allianzen. Unsere Freiheit wird nicht durch EU-Richtlinien bedroht, sondern durch unseren Nachbar Russland, der aktiv gegen die liberalen Freiheiten vorgeht. Das Programm lautet deshalb: mehr Unterstützung für die Ukraine, eine stärkere Armee und ein EU-Beitrittsantrag", fordert VERDENS GANG aus Oslo
Ein Gastkommentar in der chinesischen Zeitung HUANQIU SHIBAO geht auf die möglichen Friedensverhandlungen des Ukraine-Krieges ein: "Präsident Trump setzt die Ukraine unter maximalen Druck und wollte wohl damit das Land zum Nachgeben zwingen. Auch gegenüber Europa verhält sich Washington knallhart. Die transatlantischen Beziehungen sind herausgefordert wie noch nie zuvor. Hingegen nähert sich das Weiße Haus dem Kreml zusehends an. Die Interessen aller Beteiligten sind so verschieden, dass eine Einigung fast unmöglich scheint. Für Washington soll es schnell gehen. Moskau strebt nach einem nachhaltigen Frieden. Für Kiew ist wiederum ein fairer Frieden wichtig. Die rote Linie der Europäer lautet: Russland darf den Krieg nicht gewinnen. Das Kräftemessen um die Ukraine-Frage fängt gerade erst an", bemerkt HUANQIU SHIBAO aus Peking.
Der TAGESSPIEGEL aus Berlin bezeichnet Washington als "Ort der Finsternis" und unterstreicht: "Unfassbar eigentlich, dieser Mafia Style und Mega-Narzissmus. Mit einem Präsidenten in der Rolle des Machthabers, der über Milliarden entscheiden kann. Trump denkt an sein öffentliches Image. Ihm ist klar, dass die Farmer und 'Joe Sixpacks' im Land kein Interesse an der Ukraine haben. So verhält er sich. Für seine Leute ist es wichtig, dass einer, der sich für ihren Präsidenten nicht mal ein Sakko anzieht und der Milliarden Dollar aus Steuergeld erhält, dem Maga-Macker vor allem oft Thank you sagt. Nicht ohne Grund sagt Trump am Schluss, die Szenen seien auf alle Fälle 'good television' ", Mit diesem Kommentar des TAGESSPIEGEL endet die Presseschau am Sonntag.