
Dazu schreibt DER TAGESSPIEGEL: "Die Möchtegern-Koalitionäre CDU, CSU und SPD feiern sich – aber angesichts der wachsenden Spannung in der Gesellschaft zwischen Reich und Arm, der Polarisierung und der erstarkenden Ränder bietet der Koalitionsvertrag nicht genug. Noch immer muss eine Politik durchgesetzt werden, die Zusammenhalt schafft und mehr Menschen die dringend gesuchte Sicherheit vermittelt. Der Bundestag wird bald sehr gefordert sein. Soziale Ungleichheit, hohes Armutsrisiko, wachsende Wohnungsnot, Pflegenotstand und drohende Überlastung der sozialen Sicherungssysteme – alles ist beschrieben, manches soll angepackt werden. Es bleibt aber an erstaunlich vielen Stellen unklar, wie Projekte, die Milliarden Euro erfordern würden, gegenfinanziert werden könnten. Oder ob überhaupt Geld dafür da sein wird. Der neue Bundestag wird Gelegenheit haben, sich mit dem Sozialen im Rahmen von Haushaltsverhandlungen zu befassen. Reformen münden zumeist in Gesetzesentwürfe, und noch kein Entwurf hat das Parlament unverändert verlassen – das „Struck‘sche Gesetz“, benannt nach dem früheren SPD-Fraktionschef. Dieses Gesetz wiederum gilt unverändert. Ein Hoffnungsschimmer für Millionen Betroffene und die unter den 630 Volksvertretern, die das S für Soziales in ihrer Politik groß schreiben", meint DER TAGESSPIEGEL aus Berlin.
In der FRANKFURTER ALLGEMEINEN SONNTAGSZEITUNG ist zu lesen: "Es mag eine gute Nachricht sein, dass sich mit CDU, CSU und SPD drei demokratische Parteien auf einen Koalitionsvertrag geeinigt haben - das ist mit Blick auf manche Nachbarländer nicht mehr selbstverständlich. Weniger Anlass zur Freude gibt allerdings dessen Inhalt: Es ist ein Papier der bitteren Kompromisse, das dem Wahlvolk notwendige Zumutungen lieber erspart - mit Ausnahme einer Gruppe: den jungen Leuten. Es ist dem Vertrag anzumerken, dass weder sie am Verhandlungstisch saßen noch jemand, der sich glaubhaft für ihre Interessen einsetzen konnte. Das Nesthäkchen unter den Spitzenverhandlern war Lars Klingbeil mit zarten 47 Jahren, vom Ruhestand gerade so weit entfernt wie vom Uni-Abschluss im Jahr 2004. Und gedanklich ganz offenbar den Ruheständlern näher als den Studenten. Anders lässt sich kaum erklären, dass auf Bestreben seiner SPD der Nachhaltigkeitsfaktor in der Rente abgeschafft wird, einst dazu gedacht, die allzu stark steigende Belastung durch Rentenbeiträge abzumildern. Die Mehrausgaben sollen künftig durch Steuereinnahmen ausgeglichen werden - also von der jüngeren, arbeitenden Bevölkerung. Das demographische Problem ist längst zu einem gesellschaftlichen geworden. Über allem schwebt die Frage, wer hier eigentlich wem etwas schuldig ist", kommentiert die FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG.
Nun zur Wirtschaftspolitik der USA. Die Zeitung WELT AM SONNTAG notiert: "Die brutale Handelspolitik der Vereinigten Staaten bedroht die Weltwirtschaft. Die vergangenen Tage haben gezeigt, wie extrem Präsident Trump seinen Wahlspruch 'America First' auslegt. Mit den drakonischen Zöllen auf Importe aus aller Herren Länder hatte er auch die eigene Wirtschaft geschockt. Die Furcht vor einem Konjunkturabsturz und weiteren wirtschaftspolitischen Amokläufen gipfelte im Ausverkauf amerikanischer Staatsanleihen. Trump sah sich gezwungen, seine gerade erst in Kraft getretenen Mega-Zölle für drei Monate auszusetzen. Die Europäische Union muss diese Zollpause nutzen. Besonders für Deutschland steht viel auf dem Spiel. Keinesfalls dürfen sich die Scharfmacher – allen voran Frankreichs Präsident Emmanuel Macron – durchsetzen. Forderungen, Trump vorsorglich etwa mit Maßnahmen gegen amerikanische Tech-Konzerne wie Apple und Meta zu drohen, heizen den Zollstreit an und schaden am Ende vor allem der EU-Wirtschaft", befürchtet die WELT AM SONNTAG.
Die dänische Zeitung JYDSKEVESTKYSTEN bemerkt dagegen: "Aus Brüssel kommen besonnene Töne. Man hat dort erkannt, dass es nicht allzu sinnvoll ist, die relativ wenigen Waren aus den USA mit Gegenzöllen zu belegen, was den europäischen Verbrauchern nur höhere Preise bescheren würde. Vielmehr liegt das Gold buchstäblich in den digitalen Wolken, wo Giganten wie Amazon, Netflix, X und Google unglaubliche Summen an europäischen Verbrauchern verdienen, aber billig davon kommen, wenn es um ihre gesellschaftliche Verantwortung geht. Eher unbemerkt von der Öffentlichkeit hat Österreich bereits gehandelt und eine Digitalsteuer auf den Werbeumsatz der Tech-Giganten eingeführt. Würden alle anderen nachziehen, würde das Milliarden einbringen. Das wäre nur der erste Schritt auf dem Weg, um etwas gegen die unlauteren Wettberwerbsvorteile für Google und Meta zu unternehmen. Schwingt da eine Spur Futterneid mit? Schon. Aber zu recht", hält JYDSKEVESTKYSTEN aus Esbjerg fest.
Die Schweizer Zeitung NZZ AM SONNTAG ist folgender Meinung: "Propaganda ist, wenn das Gegenteil der bitteren Realität als Wahrheit verkauft wird, um besser dazustehen. Eine Disziplin, in der US-Präsident Donald Trump seit dieser Woche zu den Großmeistern gehört. Seit er der ganzen Welt den Zollkrieg erklärt hat, um dann mit einem U-Turn alles für 90 Tage auf Eis zu legen – weil das von Anfang an der Plan des Genies war, so das Narrativ seiner Getreuen. Weil die Handelspartner der USA 'seinen Arsch küssen' und nun einen Deal machen wollen. Man ahnt es schon, die Realität sieht anders aus. Nein, Donald Trump schaute in einen so tiefen Abgrund, wie er ihn sich in seinen schlimmsten Albträumen nicht vorstellen konnte – aber wie ihn ein Investmentbanker am Weltwirtschaftsforum in Davos vorhergesagt hatte. 'The bond market will kill him', lautete damals die Antwort auf die Frage, wie weit er denn bei den Zöllen gehen könne. Diese Nahtoderfahrung durfte Trump jetzt machen." So weit die NZZ AM SONNTAG.
Die türkische Zeitung EVRENSEL sieht es so: "Trump und seine Unterstützer bilden keine monolithische Einheit oder handeln vor dem Hintergrund eines großen Wirtschaftsplans, dessen Ziele, Auswirkungen und Folgen untersucht wurden. Der Welt steht eher eine Zeit voller Überraschungen und Turbulenzen bevor als ein geradliniger Prozess. Dass sich der Schwerpunkt der Weltwirtschaft nach Osten verlagert und die Hegemonie der USA erodiert, ist seit langem bekannt. Die Hauptlinie der Trump-Regierung scheint der Versuch zu sein, die Interessen des amerikanischen Kapitals und die technologische Überlegenheit in der Welt im Allgemeinen zu schützen. Wenn sich die Dinge weiter in diese Richtung entwickeln, wird die Weltwirtschaft kurzfristig mit einer Verlangsamung des Wirtschaftswachstums und einem Anstieg der Inflation konfrontiert sein", gibt EVRENSEL aus Istanbul zu bedenken.
Das Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL wirft ein: "Seit zehn Tagen sind die Börsen im Aufruhr. Am 2. April hatte US-Präsident Trump seine Zollpläne verkündet, die Börsen diesseits und jenseits des Atlantiks schmierten zunächst ab. Ein paar Tage später setzte Trump die meisten der verkündeten Zölle erst mal für 90 Tage aus, die Kurse gingen wieder etwas nach oben und schwanken seitdem heftig. Ist der Spuk jetzt vorbei? Nein. Den Anlegern bleibt ein mulmiges Gefühl. Dieses Mal hat eine Regierung die Börsenkrise bewusst vom Zaun gebrochen. Das organisierte Chaos ist ungewohnt. Bislang war es üblich, dass Staaten Börsenkrisen einhegten, die aus der Übertreibungstendenz der Märkte in die eine oder andere Richtung entstanden waren. Jetzt schüttet eine Regierung nicht nur Öl ins Feuer, sie hat das Feuer sogar selbst gelegt. Doch es regt sich Unmut. Den Milliardären in Trumps Umfeld sind seit Ende Februar selbst jeweils zig Milliarden Dollar verloren gegangen. Elon Musk beschimpfte Trumps Handelsberater Peter Navarro als 'dümmer als ein Sack Ziegel'. Und auch in Trumps Republikanischer Partei gibt es Widerstand. Solche Unzufriedenheit findet in den USA schneller ein Ventil. In Amerika steht die nächste Kongresswahl immer gleich wieder vor der Haustür." Das war zum Ende der Presseschau DER SPIEGEL.