Zum großen Warnstreik schreibt die RHEINPFALZ aus Ludwigshafen: "Buchstäblich zu Wasser, zu Lande und in der Luft wird sich kaum noch etwas bewegen. Bei allem Verständnis, das man in Zeiten hoher Inflationsraten, von Personalmangel und angesichts der Belastungen vieler Beschäftiger für die Forderungen der Gewerkschaften haben kann: Mit einem Warnstreik im bisherigen Verständnis hat das kaum mehr etwas zu tun. Hier werden zig Millionen Menschen, die an den laufenden Tarifauseinandersetzungen gar nicht beteiligt sind, einen Tag lang quasi zur Immobilität verdonnert, während die eigentlichen Adressaten der Aktionen die Arbeitgeber in den Kommunen und bei den Verkehrsgesellschaften sind", vermerkt die RHEINPFALZ.
Die MEDIENGRUPPE BAYERN, zu der unter anderem die PASSAUER NEUE PRESSE gehört, erläutert: "Jetzt holen die Gewerkschaften ihre Folterwerkzeuge aus der Schublade. Deutschland steht still, weil der starke Arm der Gewerkschaften es in den laufenden Tarifauseinandersetzungen so will. Es ist jedes Mal das gleiche machtpolitische Muskelspiel, und diesmal nur deshalb ein bisschen anders, weil Rekord-Inflationsraten natürlich den Druck verstärken, höhere Tarifabschlüsse zu erzielen. Arbeitgeber und Gewerkschaften versuchen sich gegenseitig weichzuklopfen, beide bemühen ihre Schmerzgrenzen bis zum Geht-nicht-mehr. Diese Rituale sind zwar nervig und albern, aber offenbar unausweichlich. Unter vernünftigen Menschen sollte eine Lösung auch ohne dieses Theater möglich sein", findet die MEDIENGRUPPE BAYERN.
Die PFORZHEIMER ZEITUNG erwartet: "Deutschland droht der Lockdown – mit massiven Folgen für Pendler, Reisende und Unternehmen. Da klingt es fast wie Hohn, wenn EVG-Chef Martin Burkert erklärt: 'Wir wollen keine weitere Eskalation.' Eine merkwürdige Art, das auszudrücken. Tatsächlich stellt sich immer mehr die Frage, ob der Stillstand, den die Gewerkschaften planen, noch etwas mit Warnstreiks zu tun hat, oder ob das nicht vielmehr ein Exzess ist. Jedenfalls ist der große Ausstand Wasser auf die Mühlen aller, die die Hand an das Streikrecht legen wollen", gibt die PFORZHEIMER ZEITUNG zu bedenken.
Die FRANKFURTER RUNDSCHAU findet dagegen: "Das koordinierte Vorgehen von EVG und Verdi ist ungewöhnlich, dem Ernst der Situation aber angemessen: Beide Gewerkschaften verhandeln in den laufenden Tarifrunden für Menschen, die viel verbindet: harte Jobs, niedrige Löhne, die von der Inflation aufgefressen werden, und Arbeitgeber, die in der Vergangenheit einiges falsch gemacht haben. Auch in den laufenden Tarifverhandlungen: Da zögerte etwa die Deutsche Bahn lange, bis sie ein Angebot vorlegte. Das zeigt: Die Arbeitgeber haben den Ernst der Lage nicht erkannt. Vielleicht hilft ihnen der Streik am Montag dabei", meint die FRANKFURTER RUNDSCHAU.
Das HANDELSBLATT äußert sich zur Position der Arbeitnehmervertreter: "Mit verhältnismäßig kleinem Aufwand entfalten die Gewerkschaften größtmögliche Wirkung. Das ist legal, denn beide Gewerkschaften verlangen von den Arbeitgebern mehr Geld für die Beschäftigten, treten also für ein tariflich regelbares Ziel ein, für das dann auch gestreikt werden darf. Aber ist es auch legitim? Nicht wirklich. Sowohl im Tarifkonflikt im öffentlichen Dienst als auch bei der Bahn liegen mittlerweile Angebote auf dem Tisch. Auch wenn diese noch weit von den Gewerkschaftsforderungen entfernt sind, so ist es doch überzogen, jetzt die halbe Republik in Geiselhaft zu nehmen", konstatiert das HANDELSBLATT.
Die MITTELDEUTSCHE ZEITUNG aus Halle argumentiert: "Der Mega-Streik ist eine Machtdemonstration mit Ansage. Das mag man lästig finden oder gar empörend. Doch der Streik ist richtig. Ja, die hohen Lohnforderungen mögen maßlos sein. Geschenkt, das gehört zum Ritual in Tarifverhandlungen. Doch was oft vergessen wird: Busfahrerinnen und Stellwerker haben nicht nur anstrengenden Schichtdienst, sondern eine enorm hohe Verantwortung für die ihnen anvertrauten Menschen. Dabei sind ihre Arbeitsbedingungen häufig prekär - unbesetzte Stellen, ein hoher Krankenstand, den die Gesunden irgendwie auffangen müssen. Eine bessere finanzielle Anerkennung ist daher überfällig", ist die MITTELDEUTSCHE ZEITUNG überzeugt.
Aus Sicht der ALLGEMEINEN ZEITUNG aus Mainz ist die Streikaktion juristisch gesehen legal, allerdings unverhältnismäßig: "Sicher haben die Beschäftigten in der Corona-Krise auf einiges verzichtet, und die Inflation trifft sie hart. Die Verhandlungen sind bisher aber nicht hoffnungslos festgefahren, sondern noch in einem frühen Stadium. Die Positionen liegen zwar wie im Tarifstreit üblich zunächst weit auseinander, scheinen aber nicht unvereinbar. Die Wahl der höchsten Eskalationsstufe ist allein vor diesem Hintergrund nicht erklärbar. Was soll danach noch kommen? Ein Generalstreik?", fragt die ALLGEMEINE ZEITUNG aus Mainz.
Themenwechsel. Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG geht ein auf eine Parlamentsentscheidung in Israel: "Das ist ein Offenbarungseid: Das erste Gesetz der umstrittenen Justizreform in Israel, das in den frühen Morgenstunden am Donnerstag beschlossen wurde, ist die 'Lex Netanjahu'. Es erschwert eine Amtsenthebung des Ministerpräsidenten. Benjamin Netanjahu, der derzeit wegen Bestechung und Bestechlichkeit vor Gericht steht, kann nun nicht mehr wegen Korruptionsvergehen abgesetzt werden. Dass dieses Gesetz als erstes im Eilverfahren durchgesetzt wurde, offenbart Netanjahus ganze Schamlosigkeit: Dieser stellt seine eigenen Interessen über alles andere. Mit den anderen Reformen greift die Regierung nach fast unbegrenzter Macht und schwächt die Justiz – das ist ein Putsch von oben", stellt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG klar.
Die OM-MEDIEN aus Vechta stellen fest: "Wie egal dem von Macht besessenen Chef der rechts-religiösen Regierung Israels der Widerstand aus dem eigenen Volk ist, offenbart die Skrupellosigkeit, mit der er vorgeht. Erst sichert er sich sein Amt, dann wird schrittweise die rechtsprechende Gewalt ausgehöhlt. Denn abseits der Tatsache, dass es bei der 'Lex Netanjahu' nur um die Person Benjamin Netanjahu geht, kann die Regierung bald Richter bestellen, die in ihrem Sinne urteilen. Netanjahu hat den Grundstein für eine Diktatur gelegt. Das kann nicht im Interesse Deutschlands, Europas oder der USA sein", mahnen die OM-MEDIEN.
Zur deutschen Haltung beim Verbrenner-Aus in der EU bemerkt die NEUE PRESSE aus Coburg: "In Brüssel herrscht größtes Unverständnis über Deutschland, da die zentralen Entscheidungen zum Verbrenner-Aus vor Monaten getroffen wurden und die Gesetzestexte längst geschrieben sind. Es stellt sich die peinliche Frage: Waren die zuständigen Stellen in Berlin fachlich überfordert? Beunruhigender ist die Vermutung, dass Deutschland das Interesse an der Fortentwicklung der EU verloren haben könnte. Dass sie nicht mehr als politisches Projekt gesehen wird, sondern zur bloßen wirtschaftlichen Interessengemeinschaft zu verkommen droht", befürchtet die NEUE PRESSE.
Und die FREIE PRESSE aus Chemnitz bemerkt: "Ausgerechnet der größte Mitgliedsstaat würde ein Exempel statuieren, wie man mit einer Last-Minute-Volte die EU aufmischt und dafür sorgt, dass auf europäischer Ebene nichts vorangeht, weil man zuhause mit Wahlschlappen hadert. Dass dieses Verhalten Nachahmer finden wird, dafür braucht es keine Glaskugel. Frankreich könnte etwa dem Beispiel Berlins folgen und die gerade beschlossene Energieeffizienz-Richtlinie im Verbund mit anderen Staaten blockieren, weil Präsident Macron seine Kernkraft-Interessen nicht genügend berücksichtigt sieht. Dann wäre der nächste Baustein des Grünen Deals in Gefahr." So weit die FREIE PRESSE.