Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG schreibt: "Stuckdecken und Schlossfassade machen das Regieren nicht per se einfacher. Drei Regierungsfraktionen, drei Positionen - das verspricht ein munteres Treiben im Herbst. Es wird um Ansprüche, Bedürftigkeit, Europaverträglichkeit, Grundsätze und vieles mehr gehen. Olaf Scholz lag nicht falsch mit seinem frommen Wunsch, dass alle mit ihrer Kommunikationsstrategie zu einem guten Miteinander beitragen mögen."
Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG stellt fest: "Das Barockschloss Meseberg ist inzwischen zum Synonym geworden für die alle paar Monate notwendige Therapiesitzung der Ampel-Koalition. Am Ende stehen große Worte der Einigkeit und versöhnliche Bilder, die ein paar Wochen später längst vergessen sind. Schöne Bilder braucht es jetzt gerade nicht. In Meseberg müssen Beschlüsse gefasst werden. Die Ampel-Regierung sollte lieber akzeptieren, dass der Streit zu ihrer DNA gehört - und nicht ständig Besserung geloben. So schürt sie falsche Erwartungen. Die Wirtschaft wartet dringend auf ein Signal der Bundesregierung, die Bürger haben viel Vertrauen verloren", meint die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
Die VOLKSSTIMME aus Magdeburg meint: "Insbesondere die Konjunktur braucht Impulse, wie sie die Steuersenkungen etwa im Wohnungsbau auslösen sollen. Doch es tun sich neue Mauern auf: Die SPD dringt mit den Grünen auf einen subventionierten Industriestrompreis und kommt damit bei Kanzler Olaf Scholz und den Liberalen bislang nicht durch."
Die BERLINER MORGENPOST konstatiert: "SPD, Grüne und FDP haben sich aneinander wund gerieben. Und sie leugnen das nicht einmal mehr. Seit Monaten fällt die Ampel vordringlich durch Streit auf, sei es beim Heizungsgesetz, beim Haushalt, in der Steuerpolitik oder eben bei der Kindergrundsicherung. Das Vertrauen der Wähler ist erst einmal dahin. Und eine Trendumkehr ist nicht in Sicht, in den Umfragen triumphiert die AfD. Ob das Regierungsbündnis in den verbleibenden zwei Jahren der Legislaturperiode noch einmal die Kurve kriegt und eine Neuauflage der Koalition 2025 möglich wird, dürfte allerdings weniger vom künftigen Umgang miteinander abhängen. Sondern eher davon, ob sich bei den Bürgern noch einmal das Gefühl einstellt, dass die Ampel die richtigen Antworten auf die drängenden Fragen der Zeit gibt", mahnt die BERLINER MORGENPOST.
Beschlossen wurde von der Regierung eine Erhöhung des Bürgergelds, dass das Arbeitslosengeld II - also Hartz IV - ablöst. Die LUDWIGSBURGER KREISZEITUNG lobt: "Gut zwölf Prozent: Das kann sich sehen lassen. Auch wer auf Stütze angewiesen ist, muss in der Lage sein, seinen täglichen Bedarf und soziale Teilhabe zu finanzieren. Was mit 563 Euro in diesen Zeiten - selbst wenn Mieten und Heizkosten 'in angemessener Höhe' übernommen werden und Vermögen zunächst geschont wird - schon schwer genug ist."
Das DARMSTÄDTER ECHO hebt hervor: "Sein Leben mit 563 Euro im Monat zu bestreiten ist nicht lustig. Das gilt auch, wenn weitere Hilfen hinzukommen. Deshalb ist die deutliche Erhöhung dieser zentralen staatlichen Sozialleistung zu begrüßen. Gerade die Gering- und Garnicht-Verdiener haben unter der Inflation massiv zu leiden. Insofern sind die geschätzten 4,3 Milliarden Euro Mehraufwand im Bundeshaushalt angemessen. Fragen stellen sich mit Blick auf den Mindestlohn. Der wird nämlich zum Jahreswechsel nur um vergleichsweise ärmliche 41 Cent erhöht. Das Problem ist nicht die Erhöhung des Bürgergeldes, sondern der faktisch eingefrorene Mindestlohn. Sozialpolitiker in der Ampel-Koalition müsste das eigentlich umtreiben", kommentiert das DARMSTÄDTER ECHO.
Der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER kritisiert: "Es besteht die Gefahr, dass hier mal wieder Fehlanreize gesetzt werden. Die deutsche Wirtschaft leidet derzeit unter einem nie dagewesenen Fach- und Arbeitskräftemangel. Immer höhere Transferleistungen nehmen tendenziell jedoch den Druck, eine Arbeit anzunehmen. Insbesondere eine – mangels Berufsabschluss – schlechter bezahlte."
Bayerns Ministerpräsident Söder hält unter Bedingungen an seinem Wirtschaftsminister Aiwanger fest. Der Politiker der Freien Wähler wird mit einem antisemitischen Flugblatt aus seiner Schulzeit in Verbindung gebracht. Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG bemerkt: "Der Ministerpräsident traut seinem Stellvertreter nicht über den Weg. Das ist keine ganz neue Erkenntnis über das Verhältnis Söders zu Aiwanger. Doch nun reicht dem CSU-Chef nicht einmal mehr das Wort des Vorsitzenden der Freien Wähler hinter verschlossenen Türen. 25 Fragen zur Flugblatt-Affäre muss Aiwanger schriftlich und zur Zufriedenheit des größeren Koalitionspartners beantworten, um im Kabinett bleiben zu können. Es dürfe auch 'nichts mehr dazukommen', stellte Söder klar, nachdem er Aiwanger 'einbestellt' hatte, als wäre dieser der russische Botschafter. Söder sucht sich und seine Partei abzusichern für den Fall, dass noch etwas auftaucht, das im Widerspruch zu den Einlassungen Aiwangers steht", analysiert die F.A.Z.
Der KÖLNER STADT-ANZEIGER notiert: "Söder agiert eher machttaktisch, so wie auch die Oppositionsparteien im bayerischen Landtag in Teilen machttaktisch agieren. Während der eine das Bündnis mit den Freien Wählern fortführen will, wollen die anderen es sprengen. Alle beklagenswert parteipolitischen Motive ändern trotzdem nichts daran, dass dieser Hubert Aiwanger für ein Regierungsamt ungeeignet ist. Man könnte trotzdem geneigt sein, dem Mann zu glauben. Dies würde indes mindestens voraussetzen, dass er glaubhaft entsetzt wäre – und zwar über die Abgründe des Flugblatts. Er könnte zum Beweis tätige Reue zeigen. Aber Aiwanger geht mit der Angelegenheit um wie mit einer lästigen Fliege", moniert der KÖLNER STADT-ANZEIGER.
Das STRAUBINGER TAGBLATT erläutert: "Wäre ein x-beliebiger Minister so attackiert worden wie Aiwanger, hätte Söder wohl kurzen Prozess gemacht. So aber hat er es mit einer 'Kultfigur' zu tun, auf welche die Freien Wähler nicht verzichten können. Denn Aiwanger ist der einzige, der für sie Wahlergebnisse von zehn Prozent plus X einfahren kann."
Der SÜDKURIER aus Konstanz unterstreicht: "So einfach, wie er es sich dachte, kommt Hubert Aiwanger sicher nicht davon. Der Bruder meldet sich als Verfasser des unsäglichen Flugblatts, und der Fall ist erledigt? Antisemitismus ist ein schwerwiegender Vorwurf, der für jedes Regierungsamt disqualifiziert, auch wenn der Vorfall lange zurückliegt. Der Chef der bayerischen Freien Wähler hat bisher jede Chance verstreichen lassen, angemessen darauf zu reagieren. Was der Minister dazu sagt, klingt nicht nach Reue und Aufklärung, sondern nach Taktik und Ausflucht. Wenn Markus Söder seine Koalition retten will, hat er daher gar keine andere Wahl, als seinen Partner nach allen Regeln der Kunst zu mehr Offenheit zu zwingen. In wenigen Wochen wird im Freistaat gewählt. Sein Koalitionspartner ramponiert nicht nur seinen eigenen Wahlkampf, sondern den der CSU gleich mit", folgert der SÜDKURIER.
In der FRANKENPOST aus Hof ist zu lesen: "Die Taktik des bayerischen Ministerpräsidenten lässt sich leicht erkennen. Sie heißt: Zeit gewinnen, sich über den Wahlkampf retten, fest den Urnengang am 8. Oktober im Blick. Danach werden die Karten - vielleicht mit, vielleicht ohne Hubert Aiwanger - neu gemischt. Davor bloß kein Risiko eingehen und womöglich die Koalition zum Platzen bringen. Mit einem Eklat stünde zu befürchten, dass die Freien Wähler als Partner ausfielen. Das hieße für die Christsozialen, sie müssten rein rechnerisch mit den Grünen zusammengehen. Wer Markus Söder reden hört, glaubt sofort, dass dies einer seiner größten Albträume ist."