Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG schreibt: "Der Präsident hat in exakt dosierten Worten festgestellt, dass Israels Existenzrecht umstritten sei. Er hat dieses Existenzrecht nicht selbst geleugnet, aber er nimmt billigenden Applaus dafür entgegen, dass er den Eindruck erweckt hat. Idealerweise nutzt der Bundeskanzler einen Moment vor laufenden Kameras, um einen klaren Satz über den Staat Israel zu verlieren. Und dann sollte der türkische Präsident hinter verschlossenen Türen hören, dass seine Teilhabe am westlichen Staatenmodell sehr davon abhängt, ob er nun endlich seinen Einfluss auf die Hamas geltend macht. Dafür ist dieser Antrittsbesuch gerade recht. Er hätte keinen Tag später stattfinden dürfen", meint die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
DER TAGESSPIEGEL aus Berlin glaubt: "Erdogan strebt keine Eskalation in Nahost an. Wenn er die Hamas-Terroristen als 'Gruppe von Befreiern' bezeichnet, geschieht das aus innenpolitischem Kalkül, er bedient damit seine konservativ-islamische Wählerklientel. Wenn er im Vorfeld seines Berlin-Besuchs Israel einen 'Terrorstaat' nennt, der mit Unterstützung des Westens die 'heimtückischsten Angriffe der menschlichen Geschichte' verübe, wirkt es allerdings, als wolle er Deutschland förmlich herausfordern. Die Grenzen austesten. Als lege er es fast auf eine Absage an."
DIE GLOCKE aus Oelde stellt fest: "Erdogan mit einer Ausladung zu verprellen, würde mehr Schaden anrichten, als deutschen Interessen dienen. Der Gesprächsfaden zu diesem sehr schwierigen, aber eben auch einflussreichen Partner sollte nicht gekappt werden. Einfluss nehmen und sich Gehör verschaffen kann man nur, wenn man miteinander in Kontakt bleibt."
Die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG konstatiert: "Die Türkei bleibt auf vielen Ebenen ein schwieriger, manchmal frustrierender, oftmals aber unverzichtbarer Partner. Das gilt etwa beim Thema Migration, wo Deutschland auf eine Wiederbelebung des Flüchtlingspakts der EU mit Ankara hinarbeiten muss. Das gilt auch bei der NATO, wo Erdogan mit der Blockadehaltung zum Beitritt Schwedens gezeigt hat, wieviel Macht er hat. Und das gilt ebenso für den Ukraine-Krieg, wo Erdogan gemeinsam mit den Vereinten Nationen durch Vermittlung des Getreideabkommens der einzige diplomatische Erfolg seit dem russischen Überfall gelungen ist. Wenn Erdogans Arbeitsbesuch dazu beiträgt, das bilaterale Verhältnis zu verbessern, ist beiden Seiten gedient", erklärt die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG.
Zum Treffen von US-Präsident Joe Biden mit Chinas Präsident Xi Jinping kommentiert DIE TAGESZEITUNG: "Die Kommunikation über direkte Drähte zwischen den in gegenseitiger Lauerstellung operierenden Streitkräften soll wiederaufgenommen werden und über die Begrenzung von Risiken künstlicher Intelligenz bei Waffensystemen gesprochen werden. Damit wurden die ohnehin geringen Erwartungen zumindest voll erfüllt. Das ist besser als nichts und ein Neuanfang. Ob es dabei wirklich zu Fortschritten kommt, bleibt abzuwarten, aber erstmals sind die Beschlüsse nach dem Motto 'Ruf doch mal an' oder, mit Blick auf Peking, 'Nimm doch mal den Hörer ab', so richtig wie überfällig", notiert die TAZ.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG argumentiert: "Ein direktes Gespräch kann deeskalierend wirken. Der 'Wettbewerb' zwischen beiden Ländern, von dem Biden jetzt wieder sprach, lässt sich aber nicht am Telefon ausschalten. Mit Chinas Aufstieg sind sie klassische strategische Rivalen geworden: politisch, wirtschaftlich und militärisch. Xi machte bei dem Treffen offenbar keinen Hehl daraus, dass er bereit wäre, die Taiwanfrage auch mit Gewalt zu lösen. Das muss man leider ernst nehmen", mahnt die F.A.Z.
Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG betont: "Hinter der Wiederannäherung der USA und China steht wohl die Einsicht, dass, wenn es schon nicht partnerschaftlich miteinander, ohne einander aber auch nicht geht. Zu eng sind die beiden Volkswirtschaften miteinander verflochten, als dass man eine friedliche Koexistenz einfach in den Wind schießen könnte. Das ändert allerdings nichts daran, dass grundsätzliche Interessenkonflikte fortbestehen. So bleibt etwa die Taiwan-Frage ein Konfliktherd, der jederzeit eskalieren könnte - auch unter Waffeneinsatz. Und der US-Präsident macht weiter keinen Hehl daraus, die Herrschaft Xis als 'Diktatur' anzusehen. Der Wettstreit der Systeme dauert also an", hält die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG fest.
Die bundesweite Großrazzia gegen das Islamische Zentrum Hamburg ist Thema in der FRANKFURTER RUNDSCHAU: "Das dürfte bei vielen Exil-Iranerinnen und -Iranern Erleichterung und Hoffnung auslösen. Denn um ein gefährliches Netzwerk geht es, das wohl auch einzelne schiitische Moscheen in mehreren Bundesländern umfasste. Es ist aber ebenso wichtig, dass Innenministerin Nancy Faeser jetzt betont, die Großrazzia richte sich 'nicht gegen eine Religion'. Die ganz überwiegende Zahl der Muslim:innen und der Moscheevereine hierzulande, auch der schiitischen, hat nichts mit dem IZH-Netzwerk zu tun und steht auf dem Boden des Grundgesetzes. Ein entschiedenes Vorgehen des Staates gegen extremistische Gruppierungen schützt auch und vor allem sie", unterstreicht die FRANKFURTER RUNDSCHAU.
Die STUTTGARTER ZEITUNG mahnt: "Wie groß der Einfluss hiesiger Islamisten schon ist, lässt sich bei zahllosen Demos auf deutschen Straßen beobachten, bei denen der Hass auf Israel und die Juden zelebriert wird. Eine Keimzelle solcher Ideologie hat die Polizei bei einer Razzia am Donnerstag durchleuchtet: die Blaue Moschee in Hamburg und ihre Filialen quer durch die Republik - Agenturen des iranischen Mullahregimes. Der Einsatz kommt spät genug, schließlich wird die Szene seit Jahrzehnten vom Verfassungsschutz beobachtet."
Die MITTELDEUTSCHE ZEITUNG aus Halle (Saale) bemerkt: "Doch Repression ist eben nicht genug. So kommt zum Beispiel die Antwort auf die Frage, warum die pro-palästinensischen Demonstrationen derzeit so viel Zulauf haben, zu kurz. Dabei ist Extremismus sehr häufig Folge unzureichender Integration. Das macht es Extremisten leicht."
Die Folgen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Haushalt der Bundesregierung beschäftigt die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt (Oder): "Das Urteil des Verfassungsgerichts eröffnet die Chance, die Klimapolitik endlich vom Kopf auf die Füße zu stellen. Das kann nur bedeuten, auf kleinteilige Vorgaben zu verzichten und stattdessen Preissignale wirken zu lassen: klar in den Zielen, offen in den Wegen. Bislang folgten Bundesregierungen aller Couleur dem Prinzip des Ordnungsrechts, dessen Härten sie durch Fördergeld abzumildern versuchten. Die Bilanz ist ein Desaster: hohe Energiepreise, nach Polen der schmutzigste Energiemix, ein Boom fossiler Heizungen. Nun bietet sich die Gelegenheit für einen Neuanfang. Die Ampel sollte sie nutzen", fordert die MÄRKISCHE ODERZEITUNG.
Die RHEINISCHE POST aus Düsseldorf analysiert: "Die Entscheidung aus Karlsruhe hat das Potenzial, die Ampel wirklich auf die Probe zu stellen. Warum? Das Urteil, die 60 Milliarden Euro nicht für Investitionen zum Schutz des Klimas verwenden zu können, macht eine völlig neue Haushaltslage auf. Der Anspruch aber, das Klima zu schützen, war und ist für die Grünen ein Hauptmotiv ihrer Regierungsarbeit. Sollte dies auf einmal aufgrund von finanziellen Nöten relativ ersatzlos entfallen, wird sich nicht nur die grüne Basis fragen, warum man eigentlich regiert. Gleiches gilt für die FDP. Steuererhöhungen, um die verloren gegangenen Milliarden zu ersetzen, sind bei SPD und Grünen durchaus beliebt. Dann allerdings müsste der FDP-Vorsitzende seine Partei aus der Regierung führen."