Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG notiert: "Der Ampel muss es heftig in den Ohren pfeifen. Erst entriss das Bundesverfassungsgericht der Regierung 60 Milliarden Euro für Klimaschutzmaßnahmen. Und nun verurteilte das Berliner Oberverwaltungsgericht die Regierung, weil sie die von der Vorgängerregierung beschlossenen Klimaschutzziele schon jetzt nicht einhält: Die Richter verdonnern den Bund zu Sofortprogrammen, um mehr CO2 bei Gebäuden und im Verkehr einzusparen. Mehr Klimaschutz mit viel weniger Geld, wie soll das gelingen? Schon jetzt sind ja weite Teile der Bevölkerung und der Wirtschaft auf der Zinne, wehren sich gegen den Heizungstausch, haben kein Geld für die Sanierung von Gebäuden und können oder wollen sich keine teuren Elektroautos kaufen. Kanzler Scholz, Wirtschafts- und Klimaschutzminister Habeck und Finanzminister Lindner stecken richtig in der Klemme", unterstreicht die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
Die FRANKFURTER RUNDSCHAU schreibt: "Das Urteil wirft ein Schlaglicht auf die Klimapolitik der Bundesregierung, die ihrem Anspruch bei weitem nicht gerecht wird, dem 1,5-Grad-Ziel der Erderwärmung zu entsprechen. Bundesklimaminister Habeck persönlich hat eingeräumt, dass die 1,5 Grad mit den Ampel-Maßnahmen verfehlt werden. Aber das scheint niemanden in der Regierung wirklich zu betrüben. Wäre es anders, würde die Ampel nun sofort die Maßnahmen ergreifen, die auf dem Tisch liegen, um die Schlappe wettzumachen: Einführung eines allgemeinen Tempolimits auf Autobahnen, Abschaffung des Dienstwagenprivilegs für Verbrenner, Herunterfahren der Steuervorteile für Diesel und Kerosin sowie klare Vorgaben für die energetische Modernisierung von Gebäuden und ein optimiertes Heizungsgesetz. Doch kommen wird das leider nicht. Die Scholz-Truppe wird versuchen, das Urteil auszusitzen", vermutet die FRANKFURTER RUNDSCHAU.
Bundesverkehrsminister Wissing hat bereits angekündigt, die Regierung werde juristisch gegen das Urteil vorgehen. Die VOLKSSTIMME aus Magdeburg führt aus: "Die Auswirkungen des Berliner Richterspruchs sind noch unklar. Denn mit dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig wartet eine übergeordnete Instanz, die in der Vergangenheit die Klagebefugnis von Verbänden wie der Umwelthilfe und dem BUND höchstrichterlich angezweifelt hat."
Die TAZ ist folgender Meinung: "Das OVG-Urteil erinnert daran, dass Klimaschutz kein verzichtbarer Luxus ist, sondern rechtliche Pflicht. Allerdings argumentiert das OVG strikt auf Basis des aktuellen Klimaschutzgesetzes. Und die entsprechende Norm dafür will die Ampelkoalition ändern – um solche Urteile nicht nur in der Zukunft, sondern schon in der nächsten Instanz zu vermeiden. Dies ist ein Zugeständnis an die FDP, deren wenig klimaambitionierter Verkehrsminister nicht immer am Pranger stehen soll. Denn nichts wäre mehr geeignet für ein Sofortprogramm als ein Tempolimit. Aber der FDP scheint die Verhinderung von Geschwindigkeitsbeschränkungen ein genauso heiliges Ziel zu sein wie die Verteidigung der Schuldenbremse", analysiert die TAZ.
Der TAGESSPIEGEL aus Berlin pocht darauf, die Blockade gegen das allgemeine Tempolimit fallen zu lassen: "Nachdem das Bundesverfassungsgericht 60 Milliarden Euro an Coronahilfen aus dem Klima- und Transformationsfonds gestrichen hat, sind die finanziellen Spielräume gering. Doch ein Tempolimit kostet kaum etwas und der Abbau klimaschädlicher Subventionen beispielsweise für Dienstwagen bringt sogar Geld ein. Dem darf sich die FDP nicht länger verweigern."
Die SÜDWEST PRESSE aus Ulm kritisiert hingegen das Klimaschutzgesetz: "Das Berliner Urteil ist ein gutes Argument, warum das Klimaschutzgesetz in seiner jetzigen Form dringend abgeschafft werden muss. Denn das Problem ist: Sofort wirksame Klimaschutzmaßnahmen gibt es in vielen Sektoren kaum. Bestes Beispiel ist der Baubereich: Bis ausreichend Gebäude gedämmt oder Heizungen ausgetauscht sind, vergehen in der Regel viele Jahre. Das Klimaschutzgesetz verlangt Regierungen schlichtweg Unmögliches ab und muss daher dringend reformiert werden. Gerade in Zeiten, in denen die Ampel nicht mehr so sorglos mit Geldsäcken um sich werfen kann wie seinerzeit die Große Koalition. Dringend notwendig wäre daher jetzt, die Reform des Klimaschutzgesetzes abzuschließen statt auf eine Lockerung der Schuldenbremse zu drängen. Ansonsten wird weiterhin ein ebenso teurer, wie ineffizienter Klimaschutz betrieben, statt den Fokus auf wirklich notwendige Maßnahmen zu legen", erläutert die SÜDWEST PRESSE.
Blicken wir nach Dubai zur UNO-Klimakonferenz. Dort haben die teilnehmenden Staaten einen Fonds auf den Weg gebracht, der ärmere Länder bei der Bewältigung von Klimaschäden unterstützen soll. Die BADISCHE ZEITUNG aus Freiburg spricht von einem "Coup fürs Klima": "Der Beschluss ist historisch. Eine so weitreichende Entscheidung wurde noch nie am ersten Konferenztag getroffen. Der eigentliche Paukenschlag aber kam erst anschließend: Mit perfekter Choreographie haben erst die Vereinigten Arabischen Emirate und dann Deutschland je 100 Millionen Dollar für den neuen Fonds zugesagt. Endlich geht es Ländern wirklich ums Klima und nicht nur ums Punkten bei ihrer bevorzugten Klientel."
Skeptischer ist die MEDIENGRUPPE BAYERN, zu der unter anderem die PASSAUER NEUE PRESSE gehört: "Es vergeht kaum ein Jahr, in dem nicht irgendwo auf dieser erhitzten Erde, meist an einem Ort, der märchenhaft schön ist, ein Klimagipfel über die globale Bühne geht. Unser Planet ist bisher nicht gerettet worden – und wird, so viel ist leider sicher, auch beim 28. Anlauf der Weltgemeinschaft nicht gerettet werden. Denn außer heißer Luft und vielen bis zur Unkenntlichkeit weichgespülten Absichtserklärungen wird wohl nichts Entscheidendes herauskommen. Dabei sind zum Gipfel allein 70.000 irgendwie Mitwirkende eingeflogen worden – ein Wahnsinn für sich. Spürbare Fortschritte, etwa ein Zeitplan für das Ende der fossilen Ära, wären eine große Überraschung", erklärt die MEDIENGRUPPE BAYERN.
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG bemerkt: "Wenn die Staaten eine Welt der Dürren und Fluten verhindern wollen, muss es mit Öl und Gas rasch ein Ende haben. Die Deutschen hatten das schon mal kapiert. Doch Bundeskanzler Scholz hat sich in den Kopf gesetzt, Gasquellen in Entwicklungsländern zu erschließen, etwa in Senegal. Und weil das nicht recht zu einem Ausstieg aus Öl und Gas passt, revidiert Scholz nicht etwa seine Haltung, sondern die der Bundesrepublik. Forderungen auf internationalen Konferenzen nach einem fossilen Ausstieg trägt Berlin nicht mit und macht sich so indirekt zum Gehilfen der Öl- und Gasindustrie", stellt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG heraus.
Themenwechsel. Zum Tod des ehemaligen US-Außenministers Kissinger äußert sich das Politikmagazin CICERO: "Vor allem für Deutschland war Henry Kissinger ein Glücksfall. Denn es gibt in den letzten 50, 60 Jahren wohl keinen einflussreicheren amerikanischen Politiker, der ein ähnlich tiefes Verständnis für Deutschland aufgebracht hat, auch niemanden, der sich ähnlich umfassend für Deutschland interessiert hätte. Henry Kissinger ist für deutsche Kanzler und Amerikabesucher bis zuletzt ein besonders geschätzter Gesprächspartner gewesen", ist in CICERO zu lesen.
Die BERLINER MORGENPOST ergänzt: "Kissingers wichtigstes Vermächtnis ist die Aufforderung an Europa, endlich erwachsen zu werden, formuliert in seiner typischen Ironie: 'Ihr Europäer müsst schon verstehen, dass, wenn es in Europa zu einem Konflikt kommt, wir Amerikaner natürlich keineswegs beabsichtigen, mit euch zu sterben.'"