04. Dezember 2023
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Die Weltklimakonferenz in Dubai nimmt viel Raum ein in den Kommentaren der Tageszeitungen, ebenso wie die öffentliche Debatte über den Bundeshaushalt. Außerdem werden die jüngsten Entwicklungen im Nahen Osten bewertet.

Bundeskanzler Scholz steht bei der COP28 am Rednerpult, hinter ihm die Flagge der UNO und der Vereinigten Arabischen Emirate
Bundeskanzler Scholz wirbt bei der Weltklimakonferenz in Dubai für mehr internationale Zusammenarbeit beim Kampf gegen die Erderwärmung. (picture alliance / ASSOCIATED PRESS / Rafiq Maqbool)
Zunächst nach Dubai und einer weiteren Ankündigung dort. Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG kritisiert die großen Öl- und Gasunternehmen, die sich verpflichten, ihre CO2-Emissionen bis 2050 "ungefähr auf null" zu bringen: "Es sei ein historischer Schritt zur Klimaneutralität, heißt es in der Mitteilung der Vereinigten Arabischen Emirate und Saudi-Arabiens. Sie hätten eher 'Schrittchen' schreiben sollen. Oder 'Stolperschrittchen'. Denn gemeint ist kein Stopp von Öl und Gas. Sondern: Während der Förderung und Produktion sollen keine Treibhausgase anfallen. Die Bohrtürme werden dann wohl mit Energie aus Wind und Sonne angetrieben. Das Bekenntnis wankt zwischen schlechtem Scherz und Provokation", stellt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG fest.
Die NÜRNBERGER NACHRICHTEN greifen angesichts der starken Schneefälle in Bayern die spöttisch gestellte Frage auf, wo er denn nun sei, der Klimawandel: "Wer da spottet, verdrängt eine immer offensichtlichere Realität, die leider keineswegs dadurch verschwindet, dass man sie ausblendet. Der Handlungsbedarf beim Klima wächst. Er hat Folgen hierzulande – siehe die Schäden durch Starkregen oder nun auch massiven Schneefall. Und weltweit ohnehin – weil Regionen unbewohnbar werden und Klima-Flucht zwangsläufig zunimmt", zählen die NÜRNBERGER NACHRICHTEN auf.
Die MITTELDEUTSCHE ZEITUNG aus Halle/Saale bewertet die Rede des Bundeskanzlers in Dubai: "Scholz hat sich auf der Weltklimakonferenz zwar für einen Ausstieg aus den fossilen Energien ausgesprochen, aber eben doch nicht so schnell, wie es der Erde gut täte. Der Kanzler will seine eigene Bevölkerung nicht weiter überfordern, die die Ampel mit ihrem Heizungsgesetz in Angst und Schrecken versetzt hat. Längst sind die Anfangsfehler behoben und gute Lösungen wie die Prüfung kommunaler Nah- und Fernwärme beschlossen. Und dennoch ist Vertrauen verloren gegangen", bilanziert die MITTELDEUTSCHE ZEITUNG.
Nach Einschätzung der FRANKENPOST aus Hof werden Vorbilder in der Klimapolitik benötigt - und nimmt den Bundeskanzler in die Pflicht: "Als Klimakanzler wird Scholz im Nachhinein gelten, wenn er den Prozess hin zum klimaneutralen Wirtschaften erfolgreich voranbringt. Dumm ist nur, dass ihm für die Gestaltung des Wandels gerade viele Milliarden Euro abhandengekommen sind. Wer Klimakanzler sein will, muss Ordnung in seinen Haushalt bringen", mahnt die FRANKENPOST.
Auch die LUDWIGSBURGER KREISZEITUNG erinnert an den Wahlkampf von Scholz, der einst als "Klimakanzler" und auch als "Kanzler für Respekt" angetreten sei: "Merkliche Einschnitte beim Klimaschutz und beim Sozialen sind für den Kanzler daher schwer zu rechtfertigen. Zugleich aber steht Scholz vor dem Dilemma, die widersprüchlichen Ampel-Positionen in Einklang bringen zu müssen. Gelingt das, könnte die Koalition zurecht von einem Durchbruch sprechen. Wenn nicht, ist der Abbruch nah", schlussfolgert die LUDWIGSBURGER KREISZEITUNG.
Um die Blockadesituation zu überwinden, müssten Kompromisse her, empfiehlt die LAUSITZER RUNDSCHAU aus Cottbus: "Die SPD sollte prüfen, ob die Bürgergeld-Erhöhung wirklich im geplanten Umfang nötig ist. Die Grünen müssten die Pläne zum Klimaschutz überarbeiten. So würde der Druck auf FDP-Finanzminister Lindner deutlich erhöht, seine bisher harte Haltung zur zusätzlichen Neuverschuldung zumindest zu relativieren. Auch mit der Union sollte es möglich sein, eine Verständigung zu finden. Deren Abwehrhaltung gegen eine zusätzliche Neuverschuldung ist inzwischen sowieso löchrig geworden. Einen gemeinsamen Ausweg aus der Haushaltsmisere zu finden, ist also durchaus möglich. Aber klar ist auch: Ohne Vorleistungen von SPD und Grüne geht gar nichts", analysiert die LAUSITZER RUNDSCHAU.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG greift die Sparvorschläge des Bundesfinanzministers auf, die unter anderem das Bürgergeld betreffen: "Im Kern hat Christian Lindner recht, wenn er die drei Bereiche Soziales, Entwicklungshilfe und Förderprogramme als potentielle Posten für Kürzungen nennt. Wo denn sonst? Die Sozialausgaben dominieren den Haushalt. Wenn fast jeder zweite Euro dafür verwandt wird, kommt die Ampel kaum umhin, diesen Block zu durchforsten. Die Hilfen zur Entwicklung und zur Vorbeugung gegen den Klimawandel klingen so, als wenn sie zu wichtig wären, um dort etwas streichen zu können. Der Zweck ist sicherlich heilig, nicht aber der Weg. Bringen die Milliarden aus Berlin die Begünstigten tatsächlich voran? Länder, die besonders viel erhielten, haben sich nicht besonders gut entwickelt. Hilfe macht offenbar träge. Das gilt auch für das Inland, wo die Subventionen zuletzt in die Höhe geschossen sind. Es ist wirklich an der Zeit, heilige Kühe zu hinterfragen", meint die F.A.Z.
Die VOLKSSTIMME aus Magdeburg argumentiert mit Zahlen aus Sachsen-Anhalt: "45.000 freien Stellen standen hier zuletzt 56.000 arbeitsfähige Bürgergeldempfänger gegenüber. In anderen Ländern sind die Relationen deutlich stärker zu Gunsten der Arbeit verteilt. Das liegt auch an der Höhe der Stütze. Zumindest die Anhebung des Bürgergelds sollte deshalb ausgesetzt werden. Richtig ist: Der Staat muss das Existenzminimum sichern. Arbeiten zu gehen aber sollte in jedem Fall attraktiver sein", hebt die VOLKSSTIMME hervor.
Die PASSAUER NEUE PRESSE weist ebenfalls auf das Existenzminimum hin - und kommt zu einem anderen Schluss: "Das soziale Großprojekt der Ampel löste Hartz IV ab und sollte Menschen, die nicht erwerbsfähig sind, mit mehr Geld unter die Arme greifen. Das Versprechen damals war, dass Menschen ohne Arbeit mehr gefördert und weniger unter Druck gesetzt werden, damit sie beispielsweise Berufsabschlüsse nachholen können. Aufgrund der steigenden Preise durch den Ukraine-Krieg, sollten zum Jahresbeginn 2024 die Bürgergeldsätze um zwölf Prozent angehoben werden. Ohnehin käme diese Maßnahme angesichts der hohen Inflation seit 2022 in Deutschland viel zu spät. Dass nun die Debatte über die Bürgergelderhöhung wegen massiven Einsparungsmaßnahmen im Bundeshaushalt wieder Fahrt aufnimmt, macht die politische Verzweiflung deutlich", lautet die Einschätzung der PASSAUER NEUEN PRESSE.
Die FRANKFURTER RUNDSCHAU geht ein auf den Krieg im Nahen Osten und die Pläne der israelischen Regierung, eine Pufferzone an der Grenze zum Gazastreifen einzurichten: "Das schafft die Illusion von Sicherheit, ohne das Grundproblem anzugehen. Wenn eine Sicherheitszone auf Gaza-Territorium den dort ohnehin knappen Raum weiter einschränkt, kann der Konflikt sogar befeuert werden. Um extremistischen Terror einzudämmen, muss den Terror-Banden ihr Nährboden entzogen werden: Armut, Frust und das Gefühl der Demütigung. Das kann gelingen, wenn Israel und die Palästinenser:innen sich in zwei Staaten auf Augenhöhe begegnen können. Wenn eine Sicherheitszone als eine Etappe den Weg dorthin ebnet, hätte sie einen Sinn", erläutert die FRANKFURTER RUNDSCHAU.
DER TAGESSPIEGEL aus Berlin greift einen Bericht der New York Times auf, wonach die Pläne der Terrororganisation Hamas den israelischen Sicherheitsbehörden seit mehr als einem Jahr bekannt waren: "Für den Moment sind die israelische Gesellschaft und die Regierung geeint, zusammengeführt im Krieg gegen den Feind. Danach allerdings werden alle Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden, allen voran Israels Langzeitpremier Netanjahu. Denn die Anschläge sind in seiner Amtszeit passiert. Dabei war Netanjahus Ruf als 'Mr. Security' Teil seiner politischen Lebensversicherung. Vorbei. Diese Police läuft ab. Netanjahu ist der Premierminister. Ihm werden alle sicherheitsrelevanten Berichte vorgelegt, fürs Land und darüber hinaus. Ausgerechnet dieser nicht? Nicht zu glauben." Mit diesem Kommentar aus dem TAGESSPIEGEL endet die Presseschau.