Die TAGESZEITUNG hält die Bauernproteste für unangemessen: "Der durchschnittliche Hof verliert nur etwa 1.700 Euro pro Jahr, wenn die Bundesregierung den Rabatt bei der Energiesteuer auf Agrardiesel streicht. Bei zuletzt im Schnitt 115.000 Euro Gewinn der Haupterwerbsbetriebe steht fest: Diese kleine Einbuße wird keinen Hof in die Pleite treiben. Um so unverantwortlicher ist, dass Organisationen wie der Bauernverband nun die Wut vieler Landwirte auf die Ampelkoalition schüren. Die Agrarlobby hat aus einem vergleichsweise nichtigen Anlass - den 1.700 Euro jährlich - eine Protestwelle entfacht, die leicht ausufern kann. Rechtsextreme nutzen sie fleißig aus", gibt die TAZ zu bedenken.
Es sei nicht der Agrardiesel allein, der die Bauern dazu bringe, in Traktorkonvois auszurücken, betont die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG: "Die Kürzungen waren nur der Zündfunke, der einen lange angestauten Unmut zur Explosion gebracht hat. Unmut über steigende Kosten und zu niedrige Erzeugerpreise, Unmut über kleinteilige Umweltvorschriften und wachsenden Bürokratieaufwand. Kurz: über ein Leben im Hamsterrad, das viel Kraft kostet und keinen Fortschritt bringt. Die Bundesregierung sollte die Proteste der Landwirte daher sehr ernst nehmen. Denn hier geht es nicht mehr allein um die sachlichen Argumente für oder gegen die jüngsten Kürzungen. Auf den Straßen und an den Autobahnauffahrten offenbart sich gerade ein gefährlicher Gefühlszustand, der auch andere Teile der Gesellschaft erfasst hat", notiert die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
Die KIELER NACHRICHTEN stellen fest: "Anders als vor wenigen Tagen in Schlüttsiel (Kreis Nordfriesland), wo Demonstranten eine Fähre mit Vizekanzler Robert Habeck stürmen wollten, haben die Landwirte aus dem Norden dieses Mal gezeigt: Protest geht unter Einhaltung aller Spielregeln auch friedlich – und kann dennoch unbequem sein. Die Landwirte sehen sich seit Jahren einem enormen Veränderungsdruck ausgesetzt. Steigende Auflagen bei sinkenden Preisen, höhere Lohn- und Energiekosten sowie mangelnde Perspektiven treiben sie um. Die Art und Weise, mit der die Ampel in Berlin agierte, stößt nicht nur den Bauern sauer auf. Widersprüchliche Aussagen und Rollen rückwärts statt Weitsicht und Verlässlichkeit – das bewegt auch Handwerker und Speditionen, die sich dem Protest anschließen", unterstreichen die KIELER NACHRICHTEN.
Das HAMBURGER ABENDBLATT beobachtet: "Schon lange haben viele Menschen auf dem Land das Problem, dass sie in der Berliner Politik, aber auch in vielen öffentlichen Debatten kaum noch vorkommen. Beispiele gibt es viele: Als das Deutschland-Ticket kam, freuten sich die Städter über einen günstigen Nahverkehr – leider fahren in Dithmarschen, dem Alten Land oder der Uckermark nur selten Busse. Finanzieren aber dürfen alle den Freifahrtschein für Metropolitaner. Berlin will die Energiewende und stellt Windanlagen und Hochspannungsmasten in die Landschaft; die Koalition scheitert an einer Zuzugsbegrenzung und bringt die Flüchtlinge dann in Dörfern unter; der Bundesgesundheitsminister will sparen und die Kliniken auf dem Land dicht machen; das Auto gilt als böse, ist in der Provinz aber alternativlos." So weit das HAMBURGER ABENDBLATT.
Die SÄCHSISCHE ZEITUNG aus Dresden argumentiert: "Die Bauern arbeiten dafür, dass wir ausreichend Äpfel, Brot und Butter von hier bekommen. Es ist ärgerlich, dass die Ladenpreise nicht ausreichen, sondern auf kompliziertem Weg über die EU mit Subventionen ergänzt werden müssen. Aber wer daran etwas ändern will, muss es planvoll und sehr langfristig angehen."
Themenwechsel. "Deutschlands Parteienlandschaft hat Zuwachs bekommen", lesen wir in der RHEINISCHEN POST aus Düsseldorf: "Das 'Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) - für Vernunft und Gerechtigkeit' ist nun kein Verein mehr, sondern eine Partei. Eine Partei, die - sollten die Wähler mitmachen - die deutsche Parteienlandschaft gehörig durchrütteln kann. Die Chancen für das Bündnis, das den Namen seiner Gründerin im Namen trägt, stehen nicht schlecht. Die Idee, der Ampel-Politik etwas entgegenzusetzen beim Thema Asyl, Ukraine- und Sozialpolitik trifft gerade den Zeitgeist. Wagenknecht legt mit diesen Ansagen durchaus den Finger in die Wunde. Das kann sie gut, das konnte sie schon immer. Doch auch nach der Vorstellung bleibt die Frage offen, ob sie und ihre Mitstreiter nicht nur markig kritisieren, sondern auch Politik machen können", meint die RHEINISCHE POST.
Das HANDELSBLATT bewertet die politische Strategie des Bündnisses: "Ein Schuss Marxismus, raus aus der Westbindung, maximale Distanz zur NATO und natürlich die gewaltige Umverteilung von oben nach unten: Das ist der verquere Mix, mit dem Wagenknecht punkten will. Umverteiler gibt es ohnehin schon genug, angefangen bei der Linkspartei über die SPD-Linke bis hin zu Teilen der Grünen. Die Anziehungskraft der neuen Bewegung hält sich bereits in Grenzen. Wagenknecht konnte bei der Präsentation ihrer neuen Führungsmannschaft lediglich den früheren Linkspolitiker Fabio De Masi und Thomas Geisel, den abgewählten SPD-Oberbürgermeister von Düsseldorf, vorstellen. De Masi twitterte im vergangenen Jahr meist schöne Bilder aus Südafrika. Von Geisel ist nicht mal das bekannt", wendet das HANDELSBLATT ein.
Im Gründungsmanifest der Partei sei viel SPD zu erkennen, findet die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG: "Auch CDU, selbst Spurenelemente der FDP. Nur in der Russlandpolitik schert der Wagenknecht-Pazifismus in Richtung Linkspartei und AfD aus. Hatte Friedrich Merz also recht, als er sagte, eine solche Partei brauche niemand? Wagenknecht und ihre Mitstreiter treten mit dem durchaus realistischen Anspruch auf, nicht nur - wie jede Partei - die deutsche Politik, sondern 'das bundesdeutsche Parteienspektrum grundlegend zu verändern'. Wenn es nur darum ginge, wie Hans-Georg Maaßen den AfD-Wellenreiter zu spielen, könnte man die Parteigründung Wagenknechts als 'linke AfD' schnell abhaken. Sie ist aber zugleich eine rechte SPD, eine Alternative zur CDU und eine Protestpartei ohne den Mief des Extremismus", analysiert die F.A.Z.
Nun noch Stimmen zum Tod von Franz Beckenbauer. "Der deutsche Fußball verliert seine Lichtgestalt", schreibt die ALLGEMEINE ZEITUNG aus Mainz: "Eine der prägendsten Figuren der deutschen (Sport-)Geschichte. Der Kaiser, ein Weltstar, eine Marke, die Nummer fünf: Franz Beckenbauer. Ein Mensch, der nicht nur als Sportler alles gewonnen hat, was es zu gewinnen gab, sondern der auch nach seiner glanzvollen Laufbahn über Jahrzehnte den Eindruck erweckte, dass alles, was er anfasste, zu Gold wird. Ein unglaubliches, vermeintlich nie enden wollendes Märchen eines Nachkriegskindes bürgerlichen Ursprungs."
Die SÜDWEST PRESSE aus Ulm findet: "Der Ball hat seinen besten Freund verloren: Im Falle von Franz Beckenbauer ist das nicht übertrieben oder gar pathetisch. Es hat weder vor noch nach ihm jemanden gegeben, der diese fast tänzerische Leichtigkeit verkörperte, die die Gegenspieler ent- und seine Fans verzauberte. Das galt auf und neben dem Platz. Der Begabung, Dinge fast beiläufig zum Erfolg zu führen, haftete etwas Magisches an."
Beim Blick auf Beckenbauers Leben dürften die späten Jahre nicht ignoriert werden, hebt die FRANKFURTER RUNDSCHAU hervor: "Zur Aufklärung dubioser Geldflüsse rund um die WM 2006 trug Beckenbauer nicht bei, zu seinem Anteil, dass zwei WM-Turniere (2018, 2022) in Staaten landeten, in denen sie besser nicht stattgefunden hätten, schwieg er sich aus. Es gibt Wahrheiten, die zu erfahren die Öffentlichkeit ein Recht gehabt hätte – er nimmt sie nun mit ins Grab. Er scheint nicht verstanden zu haben, dass die Maßstäbe dafür, was noch als Schlawinerei durchgeht, sich verändert haben. Franz Beckenbauer geht nicht überführt, aber auch nicht entlastet", vermerkt die FRANKFURTER RUNDSCHAU zum Ende der Presseschau.