![Reichsflaggen sind am Rande eines Bauernprotests auf der Straße des 17. Juni vor dem Brandenburger Tor an einem PKW zu sehen. Reichsflaggen sind am Rande eines Bauernprotests auf der Straße des 17. Juni vor dem Brandenburger Tor an einem PKW zu sehen.](https://bilder.deutschlandfunk.de/93/f4/f0/94/93f4f094-b6ad-47bf-8870-af34af17f893/bauern-proteste-rechte-unterwanderung-100-1920x1080.jpg)
Dazu schreibt die FRANKFURTER RUNDSCHAU: "Die Neonazis wollen definieren, wer hier bleiben darf und wer gehen muss. Sie nehmen die absehbare Gewalt in Kauf oder sehen vielleicht sogar die Chance für einen Umsturz darin. Für eine muslimische Frau mit Kopftuch oder einen Mann mit dunkler Hautfarbe liest sich der Bericht über die Vertreibungspläne der AfD-Leute und Nazis besonders bedrohlich. Die wichtigste Konsequenz muss daher darin bestehen, den Opfergruppen und Diskriminierten zur Seite zu stehen – mit den Mitteln der Zivilcourage und des Rechtsstaats. Diejenigen, die von den Nazis vertrieben werden sollen, brauchen die spürbare Solidarität dieser Gesellschaft", fordert die FRANKFURTER RUNDSCHAU.
Die NÜRNBERGER NACHRICHTEN sprechen von "unmenschlichen Phantasien": "Derartige Pläne sind in einem Maße grundgesetzwidrig, dass einem schwindelig wird. Man kann über die Steuerung von Zuwanderung viel diskutieren, auch über Integrationserwartungen und deren Durchsetzung, aber keinesfalls über Maßnahmen, den bereits eingebürgerten Menschen den Aufenthalt im Lande zu verleiden."
Die BADISCHE ZEITUNG konkretisiert: "Der Plan läuft darauf hinaus, selbst Menschen mit deutscher Staatsangehörigkeit zu vertreiben, wenn sie nicht ins Anforderungsprofil einer völkischen Ideologie passen. Wer so etwas fordert, verlässt das demokratische Spektrum und stellt das Fundament unseres Zusammenlebens in Frage. Das darf niemand wollen."
"Es kommt einem fürchterlich bekannt vor", konstatieren die Zeitungen der OM-MEDIEN, zu denen die Oldenburgische Volkszeitung gehört. "Die Ausrede, AfD-Vertreter, darunter der persönliche Referent von Alice Weidel, hätten 'als Privatperson' teilgenommen, kann man so nicht hinnehmen. Klar distanziert hat sich die AfD von diesem Netzwerk jedenfalls nicht. Auch dieser Fall macht deutlich: Wer dieser Partei seine Stimme gibt, wählt rechtsextrem und nicht einfach 'Protest', weil er andere Parteien 'abstrafen' will. Das sollte gesagt werden, bevor später wieder irgendwer behauptet, er habe ja von nichts gewusst. Käme einem nämlich auch fürchterlich bekannt vor", erinnern die Zeitungen der OM-MEDIEN.
DER TAGESSPIEGEL analysiert die politische Lage in Deutschland und kommt angesichts von Bahn-Streik und Bauern-Protesten zu dem Schluss: "Selten hat die Republik einen ruppigeren Start ins neue Jahr erlebt. Verschiebt sich da etwas, wird die politische Kultur beschädigt sein, wenn die Traktoren wieder in den Scheunen parken und die Züge zum Normalbetrieb zurückgekehrt sind? Vor amerikanischen Verhältnissen warnen nun Grünen-Politiker. Und übersehen dabei, dass sie selbst dazu beitragen, dass sich Menschen nicht nur von der Ampel abwenden, sondern von der Politik insgesamt. Denn die Misere der Koalition schwächt das Vertrauen ins demokratische System", lautet das Urteil des TAGESSPIEGELS, der in Berlin erscheint.
"Steht Deutschland vor einer Spaltung?", fragt sich die SÜDWEST-PRESSE aus Ulm. "Aktuelle Studien sagen eher das Gegenteil. Was dennoch zugenommen hat, sind die Rauheit des Umgangs miteinander, die Bereitschaft, das Gegenüber wegen seiner Meinung zu verdammen - zum anderen aber auch die Sensibilität gegenüber harschen Worten und die fehlende Bereitschaft, verbale Entgleisungen auch mal verpuffen zu lassen. Diese sich selbst antreibende Spirale des Irrsinns sollte uns tatsächlich Sorgen bereiten", so die Einschätzung der SÜDWEST-PRESSE.
Der MÜNCHNER MERKUR sieht die Parteien der Mitte in der Pflicht, die auseinanderfallenden Lebenswelten zusammenzuhalten: "Gewaltig nach hinten losgehen dürfte der Versuch mancher Ampelpolitiker, den Protest der Bauern zu delegitimieren, indem sie ihn pauschal als 'rechts' brandmarken. Ja, es gibt viele Trittbrettfahrer, und alle Beteiligten müssen gut aufpassen, wer wo marschiert. Doch haben der Kanzler und seine Minister vom Heizungsgesetz bis zur Agrardieselstreichung zu viele haarsträubende Fehler begangen, als dass sie sich jetzt einfach fest die Ohren zuhalten könnten, um den Aufschrei der Bürger nicht zu hören", kritisiert der MÜNCHNER MERKUR.
"Es geht schon lange nicht mehr allein um die Kürzung von Subventionen", hält das HANDELSBLATT fest: "Pandemie, Ukrainekrieg und Energienotstand haben die Bürgerinnen und Bürger an den Rand der Belastungsfähigkeit gebracht. Jetzt kommt ein grundsätzliches Misstrauen gegen den Staat hinzu. Das fängt beim grottenschlechten Regierungshandwerk an und hört beim Unverständnis über steigende Preise, schlechte Bildung und eine immer weiter anwachsende Bürokratie auf."
DIE TAGESZEITUNG glaubt, dass nur der Kanzler den "galoppierenden Vertrauensverlust" der Regierung stoppen kann - und zwar mit einem Befreiungsschlag: "Der setzt sein Eingeständnis voraus, dass etwas furchtbar schiefgelaufen ist. Und er wird nur gelingen, wenn Olaf Scholz sich neu erfindet, vom Modus dessturen Besserwissers in den des dialogbereiten Erklärers wechselt. Leider gibt es bislang keine Anzeichen dafür, dass er die Krise zur Stunde des Kanzlers machen wird. Womöglich wird es Zeit, dass sich die schweigende Mehrheit der Vernünftigen selbst zu Wort meldet. Den öffentlichen Diskurs den Rohen und Lauten zu überlassen, wäre jedenfalls keine gute Idee", warnt die TAZ.
Nach Polen: Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG betrachtet die dortige Lage nach dem Regierungswechsel und schildert eine "große Provokation": "Der Präsident lädt zwei Verurteilte zu einer Veranstaltung in seinen Amtssitz ein. Die Polizei jedoch zögerte nicht. Da sie die beiden Politiker nicht zu Hause angetroffen hatte, aber aus dem Fernsehen wusste, wo sie waren, holte sie die wegen Amtsmissbrauchs zu zwei Jahren Haft Verurteilten am Dienstsitz von Andrzej Duda ab. Der gibt sich nun entrüstet und beleidigt, weil seine vor Jahren ausgesprochene Begnadigung nicht mehr gelten soll. So wie sich die gesamte PiS-Führung beleidigt fühlt, weil sie ihre Regierungsmehrheit an die von Donald Tusk geführte Koalition verloren hat. Nun strickt die PiS am Mythos der politisch verfolgten Partei, die vom Tyrannen Tusk unterdrückt wird", beobachtet die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
Für die VOLKSSTIMME agiert Tusk tatsächlich nach dem Motto "Ganz oder gar nicht": "Dabei wirkt manches, wie die Rückeroberung des polnischen Staatsfernsehens mit komplettem personellen und inhaltlichen Umbau, überzogen. Doch immer neue Provokationen von Jaroslaw Kaczynski und seinen Truppen zeigen: Es geht bei diesem turbulenten Umbruch mit revolutionären Zügen um die Macht. Wenn zwei verurteilte PiS-Politiker beim PiS-freundlichen Staatspräsidenten unterschlüpfen wollen, ist eine Grenze überschritten. Die beinahe tägliche Konfrontation mit einem Schuss Anarchie darf für Polen kein Dauerzustand werden. Donald Tusk muss neben den nötigen Aufräumarbeiten ans konstruktive Regieren gehen", mahnt die Magdeburger VOLKSSTIMME.
DIE WELT befürchtet noch weitere Störungen von Seiten der früheren Regierungspartei: "Da nun im Parlament zwei Abgeordnete fehlen, könnte die PiS fortan die gesamte Legitimität des Sejm abstreiten. Parlamentspräsident Szymon Holownia hat aufgrund der Krise erste Sejm-Sitzungen ausgesetzt, obwohl dringend der Haushalt für das laufende Jahr beschlossen werden müsste. Die PiS und Duda haben gezeigt, dass sie selbst eine Staatskrise in Kauf nehmen, um ihre Leute und ihre Macht zu schützen. Für Donnerstag hat die PiS zu einem Protest aller 'freien Polen' vor dem Parlament aufgerufen. Dann wird sich zeigen, ob ihr Narrativ verfängt – oder ob die PiS mit ihren Spielchen den Anschluss zu den 'einfachen Polen' verloren hat, für deren Interessen sie einst angetreten war", notiert DIE WELT.