Zu den seit Tagen stattfindenden Protesten in deutschen Städten heißt es in der FRANKFURTER RUNDSCHAU: "Die Zivilgesellschaft steht auf gegen rechts, und das ist gut so. Ob in Berlin oder Potsdam, Köln oder Leipzig – überall gehen Menschen gegen Neonazis und gegen die AfD auf die Straße, am Wochenende auch in Frankfurt und München. Es ist etwas in Bewegung gekommen. Tausende stellen sich einem rechten Netzwerk entgegen, in dem über die Vertreibung von Menschen aus Deutschland sinniert wird. Das Bündnis gegen rechts ist breit und entwickelt sich von unten. Wichtig ist das Signal für die Menschen, die von der AfD ausgegrenzt werden sollen. Diese Gesellschaft stellt sich an ihre Seite", schreibt die FRANKFURTER RUNDSCHAU.
Die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG ergänzt: "Es mag naiv sein, jetzt auf den Druck der Straße zu hoffen. Aber die Straße hat die AfD radikalisiert und groß gemacht. Die Straße - also ein bundesweiter, nicht auf die Metropolen beschränkter, nachhaltiger und kontinuierlicher Protest der vielen Millionen 'Grundgesetz-Ultras' in diesem Land - kann die AfD auch hinschieben, wohin sie gehört: an den äußersten Rand unseres Gemeinwesens."
Die NÜRNBERGER NACHRICHTEN gehen auf Forderungen nach einem Verbot der AfD ein: "Ein Verbotsverfahren wäre jetzt der falsche Weg. Es zieht sich womöglich über Jahre hin, mit ungewissem Ausgang. Zwei Mal sind in der Vergangenheit Anläufe gescheitert, die rechtsextreme NPD verbieten zu lassen - ähnliches könnte auch hier drohen. Die AfD würde sich zum Märtyrer stilisieren und noch mehr Zulauf erhalten. Zudem: Die Bürger, die sich von den hohlen Parolen angezogen fühlen, würden nach einem AfD-Verbot nicht einfach verschwinden. Wirksamer ist da, was seit den Veröffentlichungen des Recherchenetzwerkes Correctiv über die Deportations-Phantasien gerade passiert: Die Welle des Protestes gegen die Feinde der Demokratie holt Schwung", heben die NÜRNBERGER NACHRICHTEN hervor.
Auch die BADISCHEN NEUESTEN NACHRICHTEN aus Karlsruhe sehen ein mögliches Vebotsverfahren skeptisch: "Wären SPD und Co von den Erfolgsaussichten eines Verbotsantrags überzeugt, würden sie nicht nur prüfen, sondern Mehrheiten für einen Antrag organisieren. Doch sie wollen der AfD nicht den Triumph gönnen, wenn der Verbotsantrag scheitert. Immerhin: Vielen Bürgern wird nun bewusst, was auf dem Spiel steht. Tausende beteiligen sich an Demos gegen Rechts. Die Debatte entlässt die Regierung allerdings nicht aus der Verantwortung. Zugegeben sind viele Dossiers gerade schwierig, die Ampel hat mit multiplen Krisen zu tun. Die AfD propagiert für komplexe Probleme einfache Lösungen, die es nicht gibt. Aber das Agieren der Ampel wirkt oft planlos und verstärkt bei vielen den Eindruck, dass der Staat seinen zentralen Aufgaben nicht mehr nachkommt", kritisieren die BADISCHEN NEUESTEN NACHRICHTEN.
Die TAZ sieht nicht nur die Regierungsparteien in der Verantwortung: "Der politische Diskurs in Deutschland steht sperrangelweit offen, und zwar nach rechts. Die offene Gesellschaft ist akut bedroht. Allzu einfach ist es in dieser Situation, nur die AfD in den Blick zu nehmen, deren Abgeordnete rechtsextreme Schlagworte wie 'Remigration' längst nicht nur auf geheimen Treffen bedienen, sondern schon seit Monaten in aller Öffentlichkeit – auch im Deutschen Bundestag. Es ist löblich, dass der Bundeskanzler und andere Spitzenpolitiker*innen gegen rechte Umsturzfantasien auf die Straße gehen. Aber den Kampf gegen rechts gewinnt man nicht nur am rechten Rand, man muss ihn auch in der Mitte führen. Die Union tut seit Monaten so gut wie alles dafür, solchen Inhalten den Boden zu bereiten. Tagtäglich gibt sie der AfD recht, wenn sie behauptet: Das Hauptproblem im Lande sind Migrant*innen, egal, ob es um Antisemitismus geht, um Wohnungsnot oder um den Haushalt." Das war die TAZ.
Und die VOLKSSTIMME aus Magdeburg führt aus: "Knapp jeder vierte Deutsche könnte sich vorstellen, Ultrarechts zu wählen. Viele wünschen sich, verständlicherweise, dabei einfach nur ein Ende des Ampel-Chaos. Die Versprechungen der AfD bedienen hier die Sehnsucht nach Lösungen, während die amtierende Regierung verlässlich immer nur neue Fragen und neuen Streit produziert. Statt der erhofften tragfähigen Lösungen droht jedoch eher eine Aushöhlung der Demokratie. AfD-Deutschland als Autokratie, als Überwachungsstaat nach russischem Vorbild? Nicht von ungefähr agiert die Rechtsaußen-Partei seit jeher extrem kremlfreundlich. Was nicht zuletzt an einer massiven Finanz-Unterstützung aus Moskau liegen dürfte. Und die These stützt, dass die AfD strategisch perfekt in Putins Konzept von der hybriden Kriegführung gegen den Westen passt", erläutert die VOLKSSTIMME.
Thema in der HEILBRONNER STIMME ist die Strategie der Bundesregierung für gesündere Ernährung: "Das Papier ist ein weiteres Beispiel dafür, dass die gute Absicht allein kein Garant für gute Ergebnisse ist. Denn die Strategie verliert sich in Details, ohne auf die wirklich wichtigen Fragen Antworten zu geben. Wie etwa will die Bundesregierung sicherstellen, dass gesundes, nachhaltiges Essen nicht mehr vom Geldbeutel abhängt, wie Agrarminister Özdemir betont? Wer soll künftig die regionalen Bio-Essen in Kitas, Schulen und Kantinen finanzieren? Und wie soll das sattsam bekannte Problem der Lebensmittelverschwendung gelöst werden? Immerhin hat Özdemir aus dem Veggie-Day-Desaster seiner Partei gelernt, wenn er betont, dass niemandem etwas vorgeschrieben werden soll", erläutert die HEILBRONNER STIMME.
Der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER ergänzt: "Gesunde Ernährung lässt sich nicht politisch verordnen. Denn die wichtigste Ursache für ungesunde Ernährung ist Bequemlichkeit. Es macht Mühe, selbst zu kochen oder Lebensmittel im eigenen Garten anzubauen. Gesunde Ernährung ist die Verantwortung jedes einzelnen Verbrauchers. Denn der Verbraucher muss ja auch die gesundheitlichen Konsequenzen, beispielsweise Diabetes, tragen."
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG blickt nach Frankreich, wo Präsident Macron die Pläne für seine verbleibende Amtszeit vorgestellt hat: "Für einen liberalen Politiker, der mal Sozialist war, ist es ein ganz schön konservatives Programm, mit dem der französische Präsident jetzt gegen die Integrationsdefizite in Frankreich zu Felde ziehen will: Schuluniformen, Staatsbürgerkunde, Nationalhymne, mehr Kultur und Sport in der Banlieue. Macrons Paket ist letztlich ein Eingeständnis, dass Frankreich, ähnlich wie andere europäische Länder, die Kontrolle über Teile seiner Gesellschaften verloren hat. Wenn Macron sagt, das habe nichts mit der Einwanderung zu tun, dann ist er doch wieder ein Linksliberaler. Aber zur Realität der Migration im 21. Jahrhundert gehört, dass viele Einwanderer und ihre Nachfahren stark von ihren Herkunftsländern beeinflusst bleiben. Dass dagegen Schuluniformen und Theater helfen, ist zweifelhaft", betont die F.A.Z.
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG findet, Macron rede "der Rechten nach dem Mund." "Wer wie sein Gegner spricht, der legitimiert mit der Zeit die Sprache des Gegners. So klingt der Appell an den 'zentralen Block der Demokraten' hohl, ausgehöhlt vom zu vielen Reden. In Paris heißt es, Macron mache einen auf 'Sarko', konservativ und superliberal in wirtschaftlichen Dingen. Wie Nicolas Sarkozy, sein Vorvorgänger im Amt, besinne sich Macron jetzt auf die enttäuschte Mittelschicht. Er muss sie schnell zurückgewinnen, wenn er sie nicht ganz verlieren will. Selbst die Schlagworte, die er benutzt, sind von Sarkozy. Die Originalität Macrons ist dahin, und vielleicht ist das die bitterste Erkenntnis aus seiner Ansprache an die Nation aus dem Festsaal des Elysée."