25. Januar 2024
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Mit Stimmen zu den US-Vorwahlen und dem geplanten NATO-Beitritt Schwedens. Zunächst geht es aber um den Bahnstreit. Seit gestern ist der Zugverkehr in Deutschland weitgehend lahmgelegt.

Leerer Kölner Hauptbahnhof
Der Bahnstreik sorgt dafür, dass Reisende auf andere Verkehrswege ausweichen müssen. (picture alliance / Jochen Tack / Jochen Tack)
Die RHEINISCHE POST aus Düsseldorf schreibt: "Dieser überzogene, arrogante und ignorante Streik der Lokführergewerkschaft GDL ist eine Katastrophe für das Land. Für Millionen Pendler und Geschäftsreisende, die nicht oder nur schwer an ihre Ziele kommen. Für zehntausende Unternehmen, die auf Lieferungen angewiesen sind. Für die Volkswirtschaft als Ganzes, die in einer Schwächephase steckt. Der Bundesverband der Industrie rechnet mit einer Milliarde Euro Gesamtschaden. Das kann sich Deutschland nicht leisten. Tarifautonomie ist ein hohes Gut, aber sie darf nicht dazu führen, dass eine ganze Volkswirtschaft von einer Mini-Gewerkschaft nachhaltig geschädigt wird. Deshalb wird die Politik erneut über tarifrechtliche Änderungen diskutieren müssen, um Streiks von Spartengewerkschaften an neuralgischen Stellen und öffentlichen Gütern einzudämmen", fordert die RHEINISCHE POST.
Das DARMSTÄDTER ECHO notiert: "Appelle an beide Seiten, Kompromissbereitschaft zu zeigen, verhallen bisher ungehört. GDL-Chef Weselsky will sich mit der 35-Stunden-Woche ein Denkmal setzen. Sein Argument, sie würde den Beruf des Lokführers attraktiver machen und der Bahn langfristig helfen, ihr Nachwuchsproblem zu lösen, ist dabei durchaus nachvollziehbar. Nur würde die 35-Stunden-Woche im D-Zug-Tempo, wie es der GDL vorschwebt, das Personalproblem erst einmal noch verschärfen. Es wird aber nicht reichen, wenn der Bahnvorstand diese Tatsache immer nur wiederholt, ohne sich in der Sache zu bewegen. Die Bahn tut so, als könne sie diesen Tarifkonflikt einfach aussitzen. Das kann sie nicht, und auch diese Haltung ist kundenfeindlich", gibt das DARMSTÄDTER ECHO zu bedenken.
"Es lebe Claus Weselsky", heißt es in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG. Der Streik seiner Gewerkschaft nütze auch Arbeitnehmern anderer Branchen: "Wenn Kita-Erzieherinnen, Altenpfleger oder Supermarkt-Kassiererinnen streiken, merkt das kaum einer. Wenn nun aber die GDL, die die Mittel hat, das Land lahmzulegen, die 35-Stunden-Woche durchsetzen sollte und andere Gewerkschaften folgen, entsteht nach und nach eine neue Normalität. Und auch die, denen wirksame Druckmittel fehlen, haben etwas, worauf sie verweisen können. Für die vielen Fahrgäste, die in diesen Tagen zu Hause bleiben müssen, sind die Streiks natürlich belastend. Aber mehr eben auch nicht. Die Welt geht nicht unter. Kein Unternehmen wird pleitegehen, weil ein paar Tage lang irgendwelche Bauteile in der Produktion fehlen. Also: Streikt doch, liebe Lokführer! Ihr tut es nicht nur für euch, sondern für sehr viele Menschen da draußen, die für zu geringe Löhne zuviel arbeiten", unterstreicht die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
Die Zeitung ND. DER TAG wirft ein: "Absurd, dass der hohe und vermeintlich unverhältnismäßige wirtschaftliche Schaden als Argument dafür angeführt wird, dass die GDL ihren Ausstand abbrechen soll. Streiks müssen wehtun, in der Wirtschaft, aber vor allem in den Auftragsbüchern. Denn nur diese Sprache verstehen die Unternehmen."
Zum nächsten Thema. Der ehemalige US-Präsident Trump hat auch die Vorwahl der Republikaner im Bundesstaat New Hampshire gewonnen. Die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG konstatiert: "Den Amerikanern steht bei der Schicksalswahl im November eine Neuauflage des Duells 'Joe Biden gegen Donald Trump' bevor. Dabei geht es um nicht weniger als die Bewahrung der amerikanischen Demokratie. Alles muss jetzt dem Ziel untergeordnet werden, eine Rückkehr des Möchtegern-Diktators Trump ins Weiße Haus zu verhindern. Von der zur Sekte verkommenen 'Grand Old Party' ist dabei keinerlei Hilfe zu erwarten", bemerkt die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG.
Die RHEIN-ZEITUNG aus Koblenz geht auf die letzte verbliebene Konkurrentin Trumps bei den republikanischen Vorwahlen ein: "Nikki Haley hat sich tapfer geschlagen. Aber ihre Niederlage war deutlich. Und besser als in New Hampshire kann es für sie nicht mehr werden. Knapp die Hälfte der Wahlbeteiligten dort waren Unabhängige. Egal, wie sehr sie versucht, ihre Niederlage schönzureden, das war ihre letzte Chance, Trump zu stoppen. Haley hat Trump leider viel zu spät angegriffen. Erst auf der Zielgeraden fand sie den Mut, Trump als Verlierertypen darzustellen. Und offen seinen mentalen Verfall anzusprechen", fasst die RHEIN-ZEITUNG zusammen.
Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG sieht die US-Demokraten gefordert: "Nun wird es für sie darauf ankommen, die unentschlossenen Wähler für sich zu gewinnen. Von denen, sagte jüngst Trumps ehemaliger Kommunikationsberater Scaramucci, hätten die meisten von Trump die Nase voll. Darauf verlassen sollten sich die Demokraten aber ebenso wenig, wie darauf, dass die Justiz in den zahlreichen Strafverfahren doch noch zeitnah hart gegen Trump vorgeht. Sie werden stattdessen bei der Wählermobilisierung alles geben müssen. Scheitern sie daran, ist auch das Scheitern von Joe Biden und der Wechsel im Weißen Haus programmiert – und mit ihm sind es die neuen Herausforderungen für Deutschland und die EU", analysiert die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
Die TAZ warnt: "Das demokratische Amerika, Europa und die Welt müssen sich darauf einstellen, dass es wieder passieren kann: Donald Trump im Weißen Haus. Und dieses Mal wäre es ein von allen Fesseln befreiter und wohl auch von denen des eigenen Verstandes. Eine Diktatur hat er in Aussicht gestellt. So etwas kann man nicht einfach nur befürchten. Man muss sich darauf vorbereiten."
"Was wäre, wenn die USA aus der NATO austreten würden?", fragt die BADISCHE ZEITUNG aus Freiburg. "Oder wenn Trump einfach nur klarmachte, dass die USA im Ernstfall nicht mehr zu Artikel 5 des NATO-Vertrags stünden, der Beistandspflicht beim Angriff auf ein Mitgliedsland? Die westliche Sicherheitsarchitektur wäre zerstört. Gerade die Bundesrepublik ist sicherheitspolitisch immer gut damit gefahren, sich wie ein Kind einfach bei den Amerikanern im Auto auf die Rückbank zu setzen. Die Richtung konnten die Deutschen so zwar nicht bestimmen. Aber sie kamen stets wohlbehalten ans Ziel. Jetzt könnten die Amerikaner bei einem Machtwechsel in Washington den Kindersitz auf dem Seitenstreifen der Autobahn zurückzulassen", mahnt die BADISCHE ZEITUNG.
Themenwechsel. Das türkische Parlament hat der Aufnahme Schwedens in die NATO zugestimmt. Die ALLGEMEINE ZEITUNG aus Mainz ist skeptisch: "Wer den türkischen Präsidenten und seine Vorliebe kennt, außenpolitische Entscheidungen per Münzwurf zu treffen, bleibt vorsichtig. Vielleicht ist ihm morgen schon nach einer Verweigerung der Unterschrift, weil irgendwo ein Irrer einen Koran verbrennt? Außerdem darf nicht vergessen werden: Mit Ungarn muss ein weiterer notorischer Erpresser noch offiziell zustimmen. Es ist schlichtweg eine Zumutung, in Krisenzeiten wie diesen mit Hasardeuren wie Erdogan und Orban verhandeln zu müssen. Wenn dabei auf eines Verlass ist, dann dass diese ohne Rücksicht auf Verluste den Preis für ihre Zustimmung hochtreiben. Politik am Pokertisch", kritisiert die ALLGEMEINE ZEITUNG.
Die VOLKSSTIMME unterstreicht: "Bei allem widerständischen Gehabe der Türkei und Ungarns stand nie infrage, dass Schweden NATO-Mitglied werden würde. Es ging nur um die Bedingungen. Der türkische Präsident Erdogan hat erreicht, dass Schweden seine Terrorgesetze verschärft hat. Unter diese fallen nun auch militante Kurden. Die von den USA geforderten F-16-Jets werden wohl auch irgendwann in der Türkei landen. Und siehe da: Kaum steht der türkische Entscheid fest, kippt auch Orban um. Weil der Autokrat nicht als letzter Boykotteur an den Pranger gestellt werden will. Strategisch bedeutet die schwedische Mitgliedschaft, dass in Skandinavien die letzte Lücke im NATO-Verbund geschlossen wird. Das nutzt vor allem den von Russland bedrohten Baltenrepubliken. Die Aussicht auf einen wirksamen Gegenschlag dürfte mögliche russische Aggressionsgelüste im Keim ersticken."