Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG schreibt dazu: "Es ist nicht übertrieben, wenn der Marineinspekteur die Entsendung der Fregatte 'Hessen' ins Rote Meer als den ernsthaftesten Einsatz einer deutschen Marineeinheit seit Jahrzehnten bezeichnet. Die Huthi haben auch schon amerikanische Kriegsschiffe angegriffen, die deutsche Fregatte muss sich auf Beschuss einstellen. Mit entwicklungspolitischen Zielen, die in den vergangenen Jahren so oft hinter Auslandseinsätzen der Bundeswehr standen, hat diese Operation nichts zu tun. Nach dem Ukrainekrieg zwingt die neue Lage in Nahost Deutschland zu einer weiteren realpolitischen Anpassung. Dass die Mission im deutschen Interesse ist, daran besteht kein Zweifel. Eine Exportnation ist auf freie Handelswege zu See angewiesen", unterstreicht die F.A.Z.
Europa habe sich in der Sache lange bitten lassen, meint die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG. "Dabei leidet gerade auch die europäische Wirtschaft unter den Angriffen, Transportwege verlängern sich, Waren kommen nicht oder nur verspätet an, große Reedereien meiden die Strecke. Es geht auch um Menschenleben unter den betroffenen Seeleuten. Die EU muss ebenso wie ihre Mitgliedsstaaten künftig deutlich schneller werden, wenn sie wie absehbar weltpolitisch mehr Verantwortung übernehmen soll. Wer jetzt in Deutschland beklagt, dass die Fregatte schon vor dem offiziellen Mandat ausläuft, hat den Ernst der Lage im Roten Meer nicht begriffen", argumentiert die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
Die Zeitung ND.DER TAG betont hingegen: "Landesverteidigung war einmal: Die Entsendung der Fregatte 'Hessen' in den Golf von Aden zum Schutz der Schifffahrt im Roten Meer überdehnt mal wieder den Verfassungsauftrag der Streitkräfte. Die Mission wird dabei nicht einmal mehr mit dem Schutz Deutschlands bemäntelt, wie es beim Desaster am Hindukusch der Fall war, noch ist sie eine des Friedens. Es geht um Geleitschutz für Handelsschiffe und die Abwehr von Angriffen, mit denen die vom Iran hochgerüsteten Huthi-Milizen im Jemen die Gewässer unsicher machen. Der EU-Militäreinsatz mit deutscher Beteiligung dient Wirtschaftsinteressen", heißt es in der Zeitung ND.DER TAG.
Bundeskanzler Scholz trifft sich heute mit US-Präsident Biden. Die AUGSBURGER ALLGEMEINE fordert: "Scholz muss bei seinem Besuch in Washington egoistisch vorgehen und um eine engere bilaterale Zusammenarbeit zwischen Washington und Berlin werben. An guten Argumenten mangelt es nicht. 'Made in Germany' ist in den Staaten immer noch eine angesehene Marke, deutsche Ingenieurskunst wird nicht nur im Klimabereich weiter gut honoriert. Deutschland gibt Milliarden Euro in die Bundeswehr und kann am Ende womöglich tatsächlich die USA entlasten, die sich in einer neuen Blockbildung aus Angst vor China verstärkt dem indopazifischen Raum zugewendet haben. Wenn Scholz mutig ist, startet er gar einen Neuanlauf für ein transatlantisches Handelsabkommen", notiert die AUGSBURGER ALLGEMEINE.
Das Treffen mit Biden sei für den Kanzler nicht der wichtigste Programmpunkt in Washington, meint die LUDWIGSBURGER KREISZEITUNG. "Mit dem Präsidenten steht er ohnehin permanent in engem Austausch, gerade, was die Ukraine, den Krieg im Gazastreifen und die Situation im Roten Meer sowie im Golf von Aden angeht. Darum war das Treffen mit Kongressabgeordneten für Scholz der wichtigere Termin. Es ging darum, Kontakt zu Vertretern von Trumps Republikanern aufzunehmen und die Stimmung auszuloten. Kann man überhaupt mit ihnen reden? Welchen Stellenwert hat die transatlantische Partnerschaft für sie noch? Schreiben sie die Ukraine ab? Und die NATO? In jedem Fall werden deutlich höhere Lasten auf die Europäer zukommen. Selbst dann, wenn Biden gewinnen sollte", warnt die LUDWIGSBURGER KREISZEITUNG.
Die STUTTGARTER ZEITUNG kommentiert angesichts der anstehenden Wahlen in den USA: "Die Europäer sind schlecht auf einen möglichen Sieg Trumps vorbereitet. Das gilt gerade für Deutschland, dessen Sicherheitsarchitektur komplett an den USA ausgerichtet ist. Das war in Zeiten des Kalten Krieges rational, ist schon seit einiger Zeit fahrlässig – und jetzt kann es gefährlich werden. Eine gemeinsame Verteidigungspolitik und eine EU, die nach innen und außen so gut genug funktioniert, dass sie ein echter Machtfaktor ist: Das sind Aufgaben, die groß genug für noch mehrere Generationen wären. So viel Zeit bleibt jetzt auf keinen Fall. Olaf Scholz ist mit dem Krieg in der Ukraine kurz nach Beginn seiner Amtszeit vor eine unerwartete sicherheitspolitische Herausforderung gestellt worden. Es war womöglich noch nicht seine größte als Kanzler", befürchtet die STUTTGARTER ZEITUNG.
Und nun nach Russland, wo die Kandidatur des Oppositionspolitikers Nadeschdin für die Präsidentschaftswahl im März abgewiesen wurde. Die russische Wahlbehörde begründete den Schritt mit fehlerhaften Unterschriften seiner Unterstützer. "Allmählich lichten sich die Kandidatenreihen", stellt die VOLKSSTIMME aus Magdeburg fest. "Ende Dezember erst sortierte die Wahlkommission die kremlkritische Journalistin Jekaterina Dunzowa aus. Gestern hat's mit Boris Nadeschdin den einzig verbliebenen echten Herausforderer von Amtsinhaber Putin bei der Präsidentenwahl im März erwischt. Dabei hätte Nadeschdin den Autokraten kaum wirklich aus dem Amt drängen können. Aber allein seine Ankündigung, im Falle seiner Wahl den Angriffskrieg gegen die Ukraine zu beenden, hätte den Russen die straffreie Möglichkeit für einen Anti-Kriegs-Protest im Wahllokal gegeben. Denn wer sich nicht an die offizielle Sprachregelung 'Spezialoperation' hält, steht seit dem Überfall vor fast zwei Jahren mit einem Bein im Gefängnis. Dass Putin seine Herausforderer aussortieren lässt, ist Ausdruck seiner zweiten 'Spezialoperation' – und die heißt fünfte Amtszeit", unterstreicht die VOLKSSTIMME.
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG bemerkt: "Die wichtigste Frage ist am Ende nicht, was von Nadeschdins Motiven zu halten ist oder wie fehlerhaft seine Unterschriftenlisten wirklich waren. Entscheidend ist, dass offenbar mehr als 200.000 Russen im Land bereitwaren, sich als Kriegsgegner zu outen. Sowohl der Kreml als auch dessen Gegner fragen sich nun, wie diese Zahl einzuordnen ist im riesigen, repressiven Russland", schreibt die S.Z.
Zum Schluss noch zwei Stimmen zum Klimawandel. Erstmals hat die Erderwärmung über einen Zeitraum von zwölf Monaten bei mehr als 1,5 Grad gelegen. Die FRANKFURTER RUNDSCHAU stellt fest: "Das ist ein Warnsignal. Denn die Klimaforschung erwartet, dass sie wegen der weiter steigenden Treibhausgas-Konzentrationen spätestens im nächsten Jahrzehnt dauerhaft darüber liegen wird. Die neue Nachricht von der Klimafront verstört, weil die 1,5 Grad das Ziel sind, welches das Pariser Weltklimaabkommen als Sicherheitslinie definiert hat. Und weil sie signalisiert: Diese ist kaum mehr zu halten. Laut dem Weltklimarat müsste der globale CO2-Ausstoß bis 2030 bereits halbiert werden, um die Erwärmung langfristig auf diesem Niveau stabilisieren zu können. Dass das gelingt, ist wegen der nach Corona sogar wieder stark angestiegenen Emissionen unrealistisch. Trotzdem lohnt es sich weiter, für die Klimawende zu kämpfen. Jedes Zehntelgrad geringere Erwärmung hilft, weil es die Gefahr zusätzlicher Extremwetter-Ereignisse mindert", unterstreicht die FRANKFURTER RUNDSCHAU.
Die BADISCHE ZEITUNG betont: "Es ist das Problem der Klimapolitik, dass die weltweiten Temperaturanstiege zwar nicht zu leugnen sind, es aber den Tag X, der alles verändert, nicht gibt. So wird auch die Meldung, wonach die Erderwärmung erstmals zwölf Monate lang über 1,5 Grad lag, nicht die weltweite Wende beim Klimaschutz bringen. Die starken Demokratien können als positive Beispiele etwas bewegen – etwa dann, wenn sie noch mutiger in Forschung investieren und damit den Skeptikern zeigen, dass Klimaschutz nicht Wohlstandsverlust bedeuten muss", kommentiert die BADISCHE ZEITUNG.