22. Februar 2024
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Kommentiert werden die Debatte über eine mögliche Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine und der Stopp des Investoreneinstiegs in den deutschen Profi-Fußball. Zunächst geht es aber um den Jahreswirtschaftsbericht, wonach die Bundesregierung für dieses Jahr nur noch von einem Wirtschaftswachstum von 0,2 Prozent ausgeht.

21.02.2024, Berlin: Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, spricht bei der Pressekonferenz zur Vorstellung des Jahreswirtschaftsberichts 2024 im Haus der Bundespressekonferenz.
Vorstellung des Jahreswirtschaftsberichts 2024 durch Bundeswirtschaftsminister Habeck. (Carsten Koall / dpa / Carsten Koall)
Dazu schreibt die RHEIN-ZEITUNG: "Die Regierung will nun vor allem Bürokratie abbauen, Arbeitsanreize steigern, Unternehmen entlasten und Innovationen fördern, heißt es im Bericht. Das sind die richtigen Ansätze, es ist aber zu befürchten, dass es nur bei guten Vorsätzen bleibt. Denn dass ausgerechnet dieser angeschlagenen Regierung der große Schritt beim Bürokratieabbau gelingt, ist fraglich. Und Steuerentlastungen scheitern in großer Regelmäßigkeit am destruktiven Widerstand der Länder im Bundesrat", weiß die RHEIN-ZEITUNG aus Koblenz.
Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG notiert: "Die schlechten Nachrichten aus der Wirtschaft wollen einfach nicht abreißen. Der von Bundeswirtschaftsminister Habeck vorgelegte Jahreswirtschaftsbericht spiegelt das anhaltende Elend wider. Die Defizite sind hinlänglich bekannt: lähmende Bürokratie und lahmende Digitalisierung, ausufernde Energiekosten sowie Fachkräftemangel, zu viele unqualifizierte Schulabgänger und eine zu hohe Sparquote der Verbraucher, um nur einige zu nennen. Das Gemisch ist Gift für die Unternehmen. Dass Habeck nicht länger um den heißen Brei herum redet, ehrt ihn; schließlich hat die Politik der Ampelkoalition ihren Anteil an der Misere. Allein, vom Eingeständnis der dramatischen Lage wird selbige nicht besser", meint die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
Die MITTELDEUTSCHE ZEITUNG aus Halle an der Saale hält fest: "Wer Habeck kennt, weiß, wie sehr ihn der Jahreswirtschaftsbericht schmerzt. Lösen könnte das Problem Bundesfinanzminister Lindner, der aber vehement an seiner Politik der Haushaltskonsolidierung trotz Krise festhält. So lange Linder sich nicht bewegt, sind Habecks Hände gebunden. Dessen letzte Hoffnung sitzt im Kanzleramt. Womöglich dämmert Scholz, dass seine Wiederwahl akut gefährdet ist, wenn die Wirtschaft nicht anspringt."
Die HEILBRONNER STIMME führt aus: "SPD, Grüne und FDP sind in der Regierungsverantwortung und müssen dieser Verantwortung endlich gerecht werden. Leider deutet nichts darauf hin, dass die Ampel den Schuss gehört hat. Wirtschaftminister Habeck will einen 'Reformbooster', Finanzminister Lindner fordert eine 'Wirtschaftswende'. 'Wer hindert euch daran?', möchte man den beiden zurufen. Eine geeinte Koalition könnte in kurzer Zeit viel für die Wirtschaft tun. Doch die Regierungsparteien verhaken sich selbst bei Kleinigkeiten, wie soll da der dringend benötigte große Wurf gelingen?", fragt die HEILBRONNER STIMME.
Die TAZ erläutert: "Früher Klassenprimus, heute auf einem der hinteren Ränge: Keine Frage, die erfolgsverwöhnte deutsche Wirtschaft hat Probleme. Wenn überhaupt, dann wächst sie in diesem Jahr weitaus schwächer als die Volkswirtschaften in der Nachbarschaft. Die Erwartungen der Bundesregierung sind entsprechend verhalten. Dennoch bleibt die deutsche Volkswirtschaft eine der stärksten der Welt. Die Stimmung ist schlechter als die Lage, wenn jetzt das Jammern über die schwache Konjunktur angestimmt wird. Es ist durchsichtig, worum es den Zweckpessimisten geht. Das Wehgeschrei von der deutschen Wirtschaft als 'kranker Mann Europas' ist verknüpft mit sehr konkreten Vorstellungen von der vermeintlichen Behandlung, mit der eine Gesundung erreicht werden soll. Liberale, Christdemokraten und ihr Anhang aus Verbändevertretern wollen mit ihren Unkenrufen den Boden für einen großflächigen Sozialabbau bereiten", befürchtet die TAZ.
Politiker der Koalition und der Opposition streiten darüber, ob die Bundesregierung der Ukraine im Abwehrkampf gegen Russland Taurus-Marschflugkörper zur Verfügung stellen sollte. Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG merkt dazu an: "Es stimmt schon, einen Preis für Freundschaft und Solidarität innerhalb der Regierungskoalition wird Marie-Agnes Strack-Zimmermann von der FDP schwerlich für ihre Drohung erhalten, mit der Opposition für Taurus-Lieferungen an die Ukraine zu stimmen. Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses trägt damit zur Selbstdemontage des Ampelbündnisses bei. Andererseits ist der Entwurf der Koalition zu offensichtlich von dem Gedanken bestimmt, das Thema Taurus erst einmal nicht entscheiden zu müssen. Aber es wäre falsch, die Waffe nicht abzugeben, und so sieht es die Liberale eben auch. Der Streit um den Marschflugkörper Taurus ist eine typische Debatte innerhalb der fragilen Koalition, in der strittige Einzelfragen das oft beachtliche Erreichte überschatten", analysiert die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
Die MÄRKISCHE ODERZEITUNG aus Frankfurt (Oder) ist folgender Meinung: "Das größte Problem ist, dass die derzeitige Taurus-Fixierung einem geradezu gefährlichen Missverständnis Vorschub leistet: dass es nämlich die eine, den Ukraine-Krieg entscheidende Waffe gibt. Nein, auch der bunkerbrechende und weitreichende Marschflugkörper wird den Sieg für Kiew nicht erzwingen. Umgekehrt gilt aber auch: Gekämpft wird im Verbund verschiedenster Waffen; die einen zu liefern, die anderen aber nicht, macht militärisch wenig Sinn."
In der RHEIN-NECKAR-ZEITUNG heißt es: "Die große Frage, die hinter der Taurus-Debatte steht, lautet: Liegt der weitere Kriegsverlauf am Einsatz dieses Waffensystems? SPD-Fraktionschef Mützenich hat das mit Blick auf die Leopard-Debatte vor einem Jahr vehement verneint. Auch diesem Kampfpanzer wurde die Kriegsentscheidung angedichtet. Und jetzt heißt es, weil der Westen generell alle Waffen so spät geliefert habe, stehe die Ukraine mit dem Rücken zur Wand. Das ist, mit Verlaub, ein Propaganda-Märchen. Hätten die NATO-Staaten umgekehrt alles von Kiew Geforderte gegeben, wäre dieser Krieg längst zur europäischen Katastrophe ungeahnten Ausmaßes geworden. Die Lieferung von Taurus würde diesen Krieg weiter eskalieren. Beenden würde sie ihn aber nicht", ist sich die RHEIN-NECKAR-ZEITUNG aus Heidelberg sicher.
Die Deutsche Fußball-Liga hat den geplanten Einstieg von Investoren aufgrund von Fan-Protesten abgesagt. Die VOLKSSTIMME aus Magdeburg bemerkt: "Es wird keinen Investor in der Fußball-Bundesliga geben! Nach Wochen von Tennisball-Protesten und Spielunterbrechungen ist die DFL eingeknickt. Ein möglicher Investoreneinstieg, die Kommunikation der DFL und auch der Abstimmungsprozess – das alles kann kritisch hinterfragt werden. Doch mit dem Einknicken der Liga steht fest, wer im deutschen Fußball das Sagen hat: die Ultras. DFL und Vereine sind spätestens mit dieser Entscheidung entmündigt. Denn auch gegen Pyro oder ähnliche Vergehen sind sie seit Jahren machtlos. Die Ultras wissen nun, dass sie mit Protesten stets ihren Willen bekommen werden", unterstreicht die VOLKSSTIMME.
Die NÜRNBERGER NACHRICHTEN sehen es so: "Wer sich die Mühe machte und sich tiefgründig mit dem geplanten Deal beschäftigte, der konnte nur mit dem Kopf schütteln. Es war ein hochriskantes Geschäft, das der deutsche Profifußball da eingehen wollte, eines, das den Sport für immer geprägt hätte - womöglich nicht gerade zum Guten. Deshalb ist es für alle, die den Fußball lieben, eine gute Nachricht, dass der Investoreneinstieg vom Tisch ist."
In der LUDWIGSBURGER KREISZEITUNG ist zu lesen: "Dass die Fanszene nicht locker ließ, als die Entscheidungsträger der DFL versuchten, die Proteste einfach auszusitzen, zeigt, wie sehr ihr dieses Anliegen am Herzen liegt. Dass die Fans erhört wurden, ist ein Sieg für die Vereins- und Fankultur in Deutschland, die den Sport hierzulande ausmacht und ein Alleinstellungsmerkmal im europäischen Fußball darstellt. Es ist zudem ein Sieg der demokratischen Protestkultur. Einher mit dieser Macht geht eine Verantwortung. Die Kurvengänger dürfen nicht den Fehler machen, künftig für jedes Anliegen die großen Protestgeschütze aufzufahren. Der beste Weg, damit das nicht passiert: mehr Miteinander zwischen der DFL und den Fans." Das war zum Ende der Presseschau die LUDWIGSBURGER KREISZEITUNG.