"Der Fall stellt bisherige Affären um russische Geheimdienstler in den Schatten", schreibt dazu die KÖLNISCHE RUNDSCHAU. "Russische Agenten sollen auf deutschem Boden Militäreinrichtungen und Infrastruktur ausgekundschaftet haben, um mögliche Anschläge vorzubereiten. Einer der Beteiligten war bereits vor einem knappen Jahrzehnt aufseiten einer russischen Terrororganisation im Donbass-Einsatz, wusste also, was er im Zweifel hätte tun müssen, um großen Schaden anzurichten und möglicherweise auch Menschen zu töten. Das ist eine neue Stufe russischer Aggression, aber die Aggression als solche ist nicht neu. Bloßes Spionieren war russischen Geheimdienstlern noch nie genug. Die jetzt offensichtlich vereitelte Sabotage mit physischer Gewalt hätte eine lange Kette von Sabotageversuchen mit Cybertechnik fortgesetzt", erinnert die KÖLNISCHE RUNDSCHAU.
"Cyberattacken und hybride Angriffe auf den Westen sind nichts Neues", stellt auch die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG fest. "Die Verhaftung zweier mutmaßlicher russischer Spione ist ein weiteres Zeichen dafür, dass der russische Gewaltherrscher größer denkt als jene zahlreichen Appeasement-Fans in Deutschland, denen vor allem wichtig ist, den Moskauer Eroberer nur ja nicht zu reizen. Die Frage, was Deutschland tun sollte, um der in der jüngeren Geschichte beispiellosen russischen Aggression zu begegnen, ist das eine. Doch dass Putin sein eigenes mörderisches Spiel des Unrechts weitertreibt, ist das andere. Dieser Krieg ist nicht fern. Er ist hier", warnt die F.A.Z.
Die DITHMARSCHER LANDESZEITUNG betont: "Hier geht es nicht mehr um das Kopieren von Mikrofilmen oder das Verwanzen von Telefonen, sondern auch um handfeste Sabotageakte. Einmal mehr hat sich gezeigt: Die russische Kriegsführung endet nicht in Kiew. Die militärischen Schlachtfelder sind in der Ostukraine, doch die geheimdienstlichen Aktivitäten reichen weit darüber hinaus, höchstwahrscheinlich bis ins Pentagon. Dem Westen bleibt nichts anderes übrig, als die komplette Sicherheitsarchitektur zu prüfen. Und das bedeutet im Klartext, dass, wenn es hart auf hart kommt, Investitionen in diesem Bereich Vorrang haben. Die aufgedeckten Spionagefälle zeigen, dass es nicht nur um die Wehrhaftigkeit der Ukraine geht, sondern auch um die Wehrhaftigkeit und die politische Stabilität des Westens", unterstreicht die DITHMARSCHER LANDESZEITUNG.
"Die Eskalation, die der russische Machthaber nun betreibt, ist brandgefährlich", führt die AUGSBURGER ALLGEMEINE an. "Agenten Russlands sollten nach Überzeugung des Generalbundesanwalts Anschläge auf militärische Infrastruktur auf deutschem Boden verüben. Das ist schlimmer als im Kalten Krieg. Nimmt man die Desinformationskampagnen und Cyber-Attacken hinzu, führt Putin im Grunde genommen bereits eine Art Krieg gegen Deutschland. Diese enorme Aggressivität trifft leider auf ein schlecht vorbereitetes Land. Eine über lange Zeit russlandfreundliche Politik, große Naivität gegenüber den russischen Spionageaktivitäten und die Vernachlässigung der eigenen Geheimdienste haben es Putin erst ermöglicht, Unsicherheit und Misstrauen zu säen", argumentiert die AUGSBURGER ALLGEMEINE.
Auch die STUTTGARTER ZEITUNG bezweifelt, dass die Sicherheitsorgane in Deutschland gegen hybride Angriffe aus Russland gewappnet sind. "Der Bundesnachrichtendienst hatte Gegenspionage nach dem Fall der Mauer lange für verzichtbar erachtet und kümmert sich erst seit ein paar Jahren wieder darum. Der Verfassungsschutz, als Inlandsgeheimdienst für Spione fremder Mächte auf heimischem Terrain zuständig, ist notorisch unterbesetzt und hat technischen Nachholbedarf. Auch auf diesem Feld bräuchte es dringend eine Zeitenwende", fordert die STUTTGARTER ZEITUNG.
Die ZEIT zählt in ihrer Online-Ausgabe auf, was ihrer Meinung nach gegen die versuchte Einflussnahme Russlands auf den Westen zu tun ist: "Aufdecken und aufklären, sicher. Am besten, ohne dabei in Paranoia zu verfallen und hinter jeder Ecke gleich feindliche Agenten zu wittern – das fördert schließlich auch die Spaltung, die Putin gern sähe. Schützen und vereiteln, wo es geht. Das kostet Geld, braucht die politische (oder unternehmerische) Einsicht, dass in allen relevanten Bereichen weiter aufgerüstet werden muss: Spionageabwehr, Sicherheit von IT und kritischer Infrastruktur, vieles mehr. Und ohne Wenn und Aber: dafür sorgen, dass die Ukraine gegen Russlands Angriff bestehen kann, der weit mehr zerstören soll als nur eine Nation in Freiheit. Sie muss gewinnen, so schwer das manchen auch über die Lippen geht", hebt ZEIT ONLINE hervor.
Nun zur juristischen Aufarbeitung der Flutkatastrophe im Ahrtal. Die Staatsanwaltschaft Koblenz erhebt gegen den ehemaligen Landrat des Kreises, Pföhler, keine Anklage und stellt die Ermittlungen ein. Dazu schreibt die RHEINPFALZ aus Ludwigshafen: "Emotional ist es ein Schlag in die Magengrube der Opfer und der Hinterbliebenen. Ohne Gerichtsverfahren bleibt die Frage unbeantwortet, wie es in Rheinland-Pfalz um Artikel 2 des Grundgesetzes steht: 'Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.' Eine wesentliche Aufgabe des Staates ist es, Sicherheit herzustellen. Dafür gibt es moderne Methoden, um Starkregen und Hochwasser vorherzusagen, dafür gibt es einen staatlich organisierten Katastrophenschutz. Dieses System hat in der Flutnacht versagt. Die Anzahl von 135 Toten ist nicht damit zu erklären, dass die Opfer unvernünftig waren. Nein, sie haben sich an die Warnungen gehalten, das Haus nicht zu verlassen. Sie vertrauten dem System", heißt es in der RHEINPFALZ.
Die RHEIN-ZEITUNG aus Koblenz kritisiert: "Man kann – diese Erkenntnis wird kein Gericht oder Staatsanwalt jemals umstoßen – einem Land nur raten, die Geschicke seiner Bürger nie mehr in die Hände von Schönwetter-Landräten wie Pföhler zu legen. Erbärmliches (Nicht-)Verhalten vor, während und nach der Flut mag Pensionsansprüche juristisch vorerst nicht gefährden. Allerdings wartet nach der Staatsanwaltschaft möglicherweise noch ein Disziplinarverfahren auf ihn. Aber dabei geht es nur um Geld. Pföhler muss weitaus mehr mit sich ausmachen, und das ganz mit sich allein", notiert die RHEIN-ZEITUNG.
"Für die Menschen an der Ahr dürfte diese Entscheidung eine Zäsur sein", überlegt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG. "Noch während in Orten wie Schuld, Insul, Dümpelfeld der Schlamm trocknete, hatten sie eine Aufarbeitung jener Nacht gefordert. Politisch kümmerte sich darum später ein Untersuchungsausschuss im Mainzer Landtag. Der Ausschuss ist abgeschlossen. Juristisch kümmerte sich die Staatsanwaltschaft Koblenz weiter um die Katastrophe. Nun also hat auch die ihre Arbeit beendet. Was daraus aber nicht folgen darf: dass mit der Aufarbeitung auch die Aufmerksamkeit für die Region verloren geht – die brauchen die Menschen auch fast drei Jahre nach der Katastrophe weiterhin. Noch immer sind Straßen nicht geteert, noch immer stehen nur Baukräne, wo einmal Häuser waren. Es gibt in der Region die nachvollziehbare Sorge, vergessen zu werden in einer Zeit, in der sich auf der Welt Krise an Krise reiht, in der aber trotzdem bei ihnen noch viel zu tun ist", hält die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG fest.
Auch die Zeitung DIE GLOCKE aus Oelde gibt zu bedenken: "Für die zum Teil immer noch stark traumatisierten Menschen im Ahrtal war die juristische Aufarbeitung der Flutkatastrophe mit 135 Toten nur der eine Aspekt. Als schmerzhafter empfinden sie, dass der Wiederaufbau nur schleppend vorankommt und die Narben noch überall sichtbar sind. Kaum Gutachter, komplizierte Planungs- und Antragsverfahren sowie ein Mangel an Handwerkern bremsen den Abfluss von Hilfsgeldern. Das zermürbt, kostet Zeit und Kraft. Ein schnellerer und unbürokratischer Wiederaufbau bleibt ein frommer Wunsch", schreibt DIE GLOCKE.