28. Mai 2024
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Mit Stimmen zum Pflegebedarf in Deutschland und zum Staatsbesuch von Frankreichs Präsident Macron in Berlin. Zunächst geht es aber um die Kommunalwahl in Thüringen.

Aus einer großen Kiste schüttet ein Mann die ausgefüllten Wahlzettel auf einen Tisch.
Die Ergebnisse der Kommunalwahl in Thüringen ist Thema in den Zeitungen. (picture alliance / dpa / Jacob Schröter)
Die THÜRINGER ALLGEMEINE aus Erfurt meint: "Die AfD kommt zwar fast überall dort, wo sie zu Landratswahlen angetreten ist, auch in die Stichwahlen – und doch ist sie dort in der Regel sehr weit von der absoluten Mehrheit entfernt. Ein Dämpfer ist das also allemal. Dass die AfD jetzt in vielen Kreistagen stärkste Kraft ist, macht die Politik an der Basis vor allem komplizierter und könnte in den nächsten Jahren häufiger gemeinsame Abstimmungen aller Parteien mit der AfD in den kommunalen Gremien hervorbringen", ist in der THÜRINGER ALLGEMEINEN zu lesen.
Die FREIE PRESSE aus Chemnitz kommentiert: "Dass der prognostizierte 'Durchmarsch' der AfD ausgeblieben ist, heißt nicht, dass man von einem Rückschlag für die Partei sprechen könnte. Bei aller Vorsicht gilt aber immerhin: Der Traum von der absoluten Mehrheit, den die AfD in Thüringen zeitweise hegte, ist in weite Ferne gerückt. Und: Viele Bürgermeister wurden im ersten Wahlgang wiedergewählt. Etliche Wähler vertrauen den Politikern, denen sie schon mal ihre Stimme gegeben haben. Ein wenig Hoffnung bleibt", stellt die FREIE PRESSE fest.
DER TAGESSPIEGEL aus Berlin hält ein Aufatmen für unangebracht: "Der CDU-Vorsitzende und Spitzenkandidat für die Landtagswahl, Mario Voigt, sprach von einem 'guten Tag mit vernünftigen Entscheidungen für Thüringen'. Ernsthaft? Nein, der Wahlsonntag war kein guter Tag für Thüringen. Es gibt keinen Grund zur Erleichterung. Im Gegenteil. Insgesamt müssen die Wahlentscheidungen der Thüringer vom Sonntag beunruhigen. Das krasseste Beispiel: Im südthüringischen Landkreis Hildburghausen hat es der bundesweit bekannte Neonazi Tommy Frenck knapp in die Stichwahl um den Landratsposten geschafft", mahnt DER TAGESSPIEGEL.
Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG bilanziert: "Die AfD in Thüringen ist eine nachgewiesen rechtsextreme Partei, ihr Frontmann Björn Höcke darf als 'Faschist' bezeichnet werden. Und nur wenige Tage vor der Wahl wurde auch die 'Junge Alternative', die Nachwuchsorganisation der AfD, vom Thüringer Verfassungsschutz als 'gesichert rechtsextremistisch' eingestuft. All das hielt jedoch fast ein Drittel der Wähler in Thüringen nicht davon ab, dieser Partei ihre Stimme zu geben. Die AfD konnte ihr Ergebnis aus den Kommunalwahlen 2019 nach Auszählung von zwei Drittel der Stimmen um zehn Prozentpunkte verbessern", notiert die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG nimmt die starke Rolle der AfD auf dem Land in den Blick: "Die Etablierung der AfD als kommunale Kraft ist nicht zuletzt deshalb enttäuschend, weil selbst gröbste Fehltritte ihrer Führungsfiguren wie jetzt im Europawahlkampf viele Wähler nicht beeindrucken. Höcke, ein Rechtsextremist - egal. Krah, ein geschichtsvergessener Prolet - egal. Liebedienerei nach Moskau und Peking - egal. Verbindungen zu den Reichsbürgern - egal. Das macht auch diese Wahl, obgleich in den Kommunen ganz andere Themen anliegen, zu einer Ihr-könnt-uns-mal-Wahl", folgert die F.A.Z.
Die BADISCHE ZEITUNG aus Freiburg moniert: "Thüringen ist ein demokratischer Sanierungsfall. Und nicht nur Thüringen. Wehret den Anfängen wurde verpasst, doch ein Blick zurück lohnt. Es ist kein Zufall, dass die AfD vor allem im peripheren ländlichen Raum Erfolge feiert. Dort ist das Gefühl verbreitet, von der Politik in Erfurt oder einer anderen Landeshauptstadt und Berlin seit Jahren nicht mehr wahrgenommen zu werden. Denen da oben sind wir egal, ist eine verbreitete Klage. Völkisch abgewandelt lautet sie, es sei Zeit, sich jetzt 'auch mal um die Deutschen zu kümmern'. Ist der Köder geschluckt, greifen die politischen Reflexe, Lager formieren sich, Fronten werden aufgebaut, Dialogformate trocknen aus. Unten gegen oben, rechts gegen links, Land gegen Stadt. Und die demokratischen Parteien spielen nur zu gern das Schwarzer-Peter-Spiel: Wer ist Schuld am Erfolg der AfD?", kritisiert die BADISCHE ZEITUNG.
Die BERLINER MORGENPOST fordert: "Dort, wo jetzt Stichwahlen mit Beteiligung eines AfD-Kandidaten anstehen, sollte es erste Bürgerpflicht sein, diesen zu verhindern. Vielen Linken, Grünen oder Sozialdemokraten wird es nicht leichtfallen, ihr Kreuz beim CDU-Bewerber zu machen. Das ist aber immer noch besser, als öffentliche Ämter Kandidaten einer Partei zu überlassen, welche für diesen Staat und die freiheitliche Gesellschaft nur Verachtung übrig hat."
Frankreichs Präsident Macron ist zu Besuch in Deutschland. Der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER schreibt: "Nun können Macron und Scholz daran gehen, grundlegende Meinungsverschiedenheiten zu klären, um eine gemeinsame und klare Linie zu finden. Auf so entscheidenden Feldern etwa, wie der chinesischen Export-Offensive zu begegnen oder ein Sieg Russlands gegen die Ukraine zu verhindern ist."
Die MITTELDEUTSCHE ZEITUNG aus Halle (Saale) konstatiert: "Und doch erscheint diese Staaten-Freundschaft macht- und kraftlos. Das liegt an Macron und Scholz – zwei Männer, die sich mehr als Konkurrenten denn als Partner begegnen. Und dabei könnten sie aus ihrer Verschiedenheit Kapital schlagen. Die Hilfe für die Ukraine müssen sie gemeinsam verbessern. Macron sollte sich nicht länger der deutschen Initiative für das Luftverteidigungssystem European Sky Shield verweigern, der sich bisher 21 europäische Staaten angeschlossen haben. Und Scholz sollte sich mit Macrons Vorstoß befassen, französische Atomwaffen in Europas Abschreckungsstrategie einzubeziehen", vermerkt die MITTELDEUTSCHE ZEITUNG.
DIE GLOCKE aus Oelde stellt andere Grundlagen in den Vordergrund: "Mit Leben gefüllt werden muss diese Freundschaft allerdings von den Menschen. Städtepartnerschaften und Jugendaustausch sind dafür unverzichtbar und ein wahrer Segen. Wenn nun aber immer weniger deutsche Schüler Französisch lernen und auch in Frankreich das Unterrichtsfach Deutsch auf dem Rückzug ist, wenn Goethe-Institute auf Spardruck mit Schließungen in Bordeaux, Lille und Straßburg reagieren, dann läuft etwas in die falsche Richtung", erklärt DIE GLOCKE.
Die Zahl der Pflegebedürftigen ist 2023 bundesweit deutlich stärker gestiegen, als von der Bundesregierung erwartet. Der SÜDKURIER aus Konstanz unterstreicht: "Die Zahlen mögen in ihrer Höhe überraschen, doch neu ist das Problem keineswegs. Seit Jahren warnen Wissenschaftler davor, dass immer weniger Pflegekräfte für immer mehr Pflegebedürftige verantwortlich sein werden, mit all den bekannten Begleiterscheinungen wie Kostenexplosionen und Arbeitsüberlastung. Und ebenso seit Jahren drückt sich die Politik vor tiefgreifenden Reformen, die so dringend nötig wären. Da bildet auch die Ampel-Regierung keine Ausnahme: Statt das Thema anzugehen, nimmt sie sich gleich selbst aus der Verantwortung und schickt voraus, ein Konsens sei in der eigens dafür eingerichteten Arbeitsgruppe nicht zu erwarten. So muss auch die Reform der Pflegeversicherung bis zur nächsten Legislaturperiode warten. Mal wieder", heißt es im SÜDKURIER.
Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG beklagt: "Umso fataler, dass die politischen Lager sich weiter kompromisslos zeigen. Mehr private Zusatzversorgung fordert das konservativ-liberale Lager, links der Mitte träumt man noch immer von einer Bürgerversicherung, in die alle einzahlen. Niemand will lösungsorientiert von seiner Position abrücken. Die Zukunft der Pflege muss eines der beherrschenden Themen im kommenden Bundestagswahlkampf sein. Die eklatant steigende Zahl an Pflegebedürftigen sollte auch den Letzten überzeugen."
Die VOLKSSTIMME aus Magedeburg hebt hervor: "Lauterbach hat gestern einen Pflege-Tsunami angekündigt, der über das schon jetzt wackelnde System hereinbrechen wird. Das Leistungsniveau ist damit nicht mehr ansatzweise zu halten, mit der Zahl der Bedürftigen werden auch die Beitragshöhen explodieren – und um ein soziales Pflichtjahr für alle jungen Erwachsenen wird die Gesellschaft nicht herumkommen."