Dazu bemerken die KIELER NACHRICHTEN: "In dieser Phase des Kriegs, in der die Ukraine militärisch in die Defensive geraten ist, sind die Zusagen der großen Industrienationen G7 für frische Kredite viel wert. Sie werden nicht allein die Wende im Krieg bringen können - sie sind aber Zeichen dafür, dass die Allianz demokratischer Staaten dazu steht, was auch Bundeskanzler Scholz immer wieder sagt: Man wird die Ukraine so lange unterstützen, solange das notwendig ist. Das ist nach dem Europawahlkampf, in dem die Sehnsucht nach Frieden auf dem Kontinent groß war und in vielen Ländern prorussische Populisten punkten konnten, ein wichtiges Signal. 50 Milliarden Euro sind viel Geld und sie werden der Ukraine beim Waffenkauf und beim Wiederaufbau ihrer Infrastruktur helfen. Die Kredite sind allerdings auch nur ein weiterer Schritt auf dem Kurs des Westens, Russland diesen Krieg nicht gewinnen zu lassen", schätzen die KIELER NACHRICHTEN.
Der SÜDKURIER aus Konstanz hebt hervor: "Zinserträge aus eingefrorenem Vermögen Russlands sollen Waffen für die Ukraine finanzieren. Wäre das Thema nicht tödlich ernst, könnte man sagen: Die Idee hat Charme. Der Kriegsherr Wladimir Putin bezahlt quasi die Rüstung, die seine eigenen Truppen bei ihrem Vormarsch aufhalten soll. Der Plan hat noch einen weiteren, nicht weniger bedeutsamen Effekt. Er zielt auf Donald Trump, der Chancen hat, wieder US-Präsident zu werden, und der den Waffennachschub in die Ukraine stoppen will. Bekommt Kiew den Milliardenkredit, dann kann es seine Waffen einkaufen, wo es will. Die Zukunft seiner militärischen Ausstattung wäre 'Trump-fest'. Der Haken an der Sache ist: Panzer und Kanonen stehen nicht auf Halde, sondern die meisten müssen erst produziert werden. Das dauert", gibt der SÜDKURIER zu bedenken.
Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG stellt klar: "Dass der Westen zur Unterstützung der Ukraine nun auf 'Putins eigenes Vermögen' zugreifen will, wie das die amerikanische Finanzministerin nennt, ist dem Wortsinne nach nicht richtig. Es handelt sich um eingefrorenes Geld der russischen Zentralbank, das hauptsächlich auf Auslandskonten in Europa liegt. Die Erträge aus diesen Einlagen für einen Kredit an die Ukraine zu nutzen, erscheint nur gerecht angesichts der massiven Schäden, die Russland in dem überfallenen Land anrichtet. Es ist aber ein zwiespältiges Signal für den Finanzplatz Europa, der manche Anleger verschrecken könnte", vermutet die F.A.Z.
Nach Einschätzung der TAGESZEITUNG brodelt es bei einigen Verbündeten der Ukraine: "Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte nach herben Verlusten bei den Europawahlen Neuwahlen ausgerufen. Kanzler Olaf Scholz muss sich Strategien gegen den Rechtsruck in Deutschland überlegen. Und Joe Biden? Der US-Präsident bangt um eine weitere Präsidentschaft. Die unsicheren Zeiten in den Ländern verleihen den Regierungschefs ungeahntes Tempo. Schließlich weiß keiner, wie sich die Machtverhältnisse in den kommenden Wochen verschieben, ob das Band mit der Ukraine hält."
Auch NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg versuche derzeit, die Hilfen für die Ukraine auf ein neues Fundament zu setzen, meint die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG: "Die Initiative Stoltenbergs, die Unterstützung für die Ukraine gerade über die NATO zu stärken, ist genau der richtige Umgang mit den ständigen Drohungen aus Moskau. Jede Stärkung und Einbindung der NATO in die Unterstützung für die Ukraine zahlt letztlich auch auf die abschreckende Wirkung des Verteidigungsbündnisses ein. Denn trotz aller Kriegsfantasien gegen den Westen, die von der russischen Propaganda verbreitet werden, wäre ein Angriff auf das Bündnisgebiet für Moskau nach wie vor ein immenses Risiko. Je mehr konkrete Aufgaben die NATO vor allem in Osteuropa übernimmt, desto unwahrscheinlicher ist es, dass Russland doch irgendwann auf die Idee kommt, mal auszutesten, wie fest der Beistand der Mitglieder tatsächlich ist", analysiert die SÜDDEUTSCHE.
"Die NATO bereitet sich auf womöglich stürmische Zeiten vor", lesen wir im TAGESSPIEGEL. "Dass die militärische und logistische Unterstützung für die Ukraine auch im Falle eines Wahlsieges von Donald Trump langfristig gesichert sein würde, ist Augenwischerei. Denn das US-Militär koordiniert nicht nur die Hilfe, Washington ist auch der mit Abstand größte Waffenlieferant an die ukrainische Armee. Würde ein möglicher Präsident Trump die Unterstützung mit Panzern, Raketen und Munition drastisch zurückfahren, müssten die Europäer die Lücke schließen. Dass dies gelingen könnte, ist allerdings mehr als unwahrscheinlich", beobachtet der TAGESSPIEGEL.
Die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG bilanziert: "Die Zusagen für die Kredite in Kombination mit der Konferenz zum Frieden in der Ukraine an diesem Wochenende sind in der aktuellen Lage eine gute Fügung. Sie senden das Signal nach Moskau: Seht her, wir wollen Frieden – aus der Position der Einigkeit und Stärke."
Themenwechsel. Die STUTTGARTER ZEITUNG äußert sich zu der vom Bundestag beschlossenen Bafög-Novelle: "Künftig gibt es 1.000 Euro Starthilfe für Studienanfänger aus besonders einkommensschwachen Familien. Zweitens werden auch die Freibeträge beim Bafög erhöht. Reicht die aktuelle Änderung, um die Trendwende zu schaffen? In der unteren Mittelschicht geraten Familien schnell in die Klemme, wenn sie das Studium ihrer Kinder unterstützen wollen. Ein echter Durchbruch wäre es deshalb, wenn ein regelmäßiger Termin für die Erhöhung des Bafög und der Freibeträge festgelegt würde. Die Ampel ist wichtige Schritte gegangen. Am Ziel angekommen ist sie aber noch nicht", urteilt die STUTTGARTER ZEITUNG.
Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG betont: "Dass Studenten und Schüler mehr staatliche Unterstützung bekommen, haben sie nicht der liberalen Bundesbildungsministerin zu verdanken, sondern der Hartnäckigkeit von Bildungspolitikern aus den Ampel-Fraktionen im Bundestag. Bettina Stark-Watzinger hatte es in ihrem Gesetzentwurf trotz massiv gestiegener Lebenshaltungskosten und Mieten nämlich nicht für nötig befunden, die Bafög-Sätze zu erhöhen. Gut also, dass SPD, Grüne und FDP nachgebessert haben."
Nun noch Stimmen zur Fußball-Europameisterschaft, die am Abend mit dem Spiel Deutschland gegen Schottland in München eröffnet wird. Die FRANKFURTER RUNDSCHAU bemerkt: "EM-Turnierdirektor Philipp Lahm müht sich bienenfleißig, dass der Fußball Europa besser macht. Er wirbt dafür, dass ein großes Sportereignis in einem demokratischen Land stattfindet, das kritische Stimmen nicht in feuchten Kerkern verstummen lässt. Es gibt in der Tat Anlass, die Abwehrkräfte gegen unsere freiheitliche Grundordnung zu mobilisieren, gerade nach der Europawahl, auch gegen rechte Parolen aus dem Bürgertum. Ein so großes Fußballturnier mit Millionen Gästen kann hilfreich sein. Aber seine Heilungskräfte sind begrenzt. Es braucht jetzt eine gut angerührte Melange. Deutschland darf den Gästen nicht das Gefühl vermitteln, Europa sei zu Gast bei Moralisten. Menschenrechte, Nachhaltigkeit und Vielfalt sollten gelebt werden, ohne rechthaberisch daherzukommen, wie das noch bei der Weltmeisterschaft in Katar der Fall gewesen ist", empfiehlt die FRANKFURTER RUNDSCHAU.
Die AUGSBURGER ALLGEMEINE vertritt diese Ansicht: "Euphorie lässt sich nicht erzwingen. Das ist beruhigend. Natürlich kann man feststellen, dass sich die Supermärkte nicht mit schwarzrotgoldenen Devotionalenplunder eingedeckt haben. Dass früher mehr Autofähnchen war. Allein: Was bringt es? Das Sommermärchen 2006 war ein einmaliges Erlebnis. Es zu wiederholen, kann nicht Ziel der Organisatoren der EM 2024 sein. Geschichte wiederholt sich nicht. Dieses Turnier wird seine eigene Geschichte schreiben", ist sich die AUGSBURGER ALLGEMEINE sicher.