05. Juli 2024
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Kommentiert werden der Handelsstreit zwischen der EU und China und die Debatte über eine Wehrpflicht für Frauen. Zunächst aber ein Blick in die USA, wo vermehrt Forderungen laut werden, US-Präsident Biden möge auf seine Kandidatur für eine zweite Amtszeit verzichten.

US-Präsident Joe Biden hört während der Verleihung einer Ehrenmedaille im Weißen Haus einer Rede zu.
In den USA werden Forderungen laut, US-Präsident Biden möge auf eine erneute Kandidatur verzichten. (picture alliance / ASSOCIATED PRESS / Susan Walsh)
Dazu schreibt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG: "Joe Biden hat dieser Tage etwas nahezu Unmögliches geschafft: Er hat Donald Trump die Show gestohlen. Erstmals in diesem Wahlkampf dominieren nicht die Prozesse und die Provokationen Trumps die Debatte, sondern die Frage, ob Biden noch der richtige Präsidentschaftskandidat der Demokraten ist. Trump schaut diesem Treiben, für seine Verhältnisse, relativ ruhig zu. Das kann nur heißen, dass ihn etwas zutiefst beunruhigt. Nach menschlichem Ermessen ist es die reale Gefahr, dass ihm sein Lieblingsgegner abhandenkommt. Trump sieht ja wie alle anderen, die es sehen wollen: Dieser Joe Biden, in diesem Zustand, nach diesem verheerenden TV-Duell und dem noch viel verheerenderen Versuch, das Problem zu leugnen, dieser Biden kann die Wahl nicht mehr gewinnen. Wenn der US-Präsident seinen Gegner noch einmal so richtig ärgern will, dann sollte er jetzt aufgeben", empfiehlt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
Die MITTELDEUTSCHE ZEITUNG notiert: "Viele Erklärungen wurden seit dem TV-Duell für das Auftreten Bidens gesucht, aber keine plausible gefunden. Eine Auswahl: Der Präsident sei erkältet und deshalb heiser. Man habe ihm zu viele Informationen, zu viele Zahlen und Fakten bei den Trainings eingetrichtert. Leider führen all diese Ansätze nur zu einer einzigen großen Frage: Ist Biden noch fit genug für seinen Job? Damit hat der Wahlkampf sein Thema gefunden, sollte Biden an seiner Kandidatur festhalten. Dass Trump die vergangene Wahl nicht anerkannt hat, dass er den Sturm auf das Kapitol angefeuert hat, dass er ein verurteilter Betrüger ist – all das wird nun keine Rolle spielen", befürchtet die MITTELDEUTSCHE ZEITUNG aus Halle/Saale.
Die TAZ sieht es so: "In pervertierter Weise hofften starke Kräfte der US-amerikanischen Demokraten Anfang des Jahres insgeheim auf das Unvermeidliche: einen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump. Das sei der einzige Kandidat, gegen den der amtierende Präsident Joe Biden gewinnen könne, gaben sie zu. Doch Biden als Anti-Trump hat bislang wenige der skeptischen Amerikaner und Amerikanerinnen motiviert, im November für ihn stimmen zu wollen. Seit der desaströsen Debatte aber ist es unübersehbar: Biden ist ein viel zu schwaches Gegenmittel gegen das Gift, das Donald Trump heißt", stellt die TAZ fest.
"Nun aber, nachdem die Demokraten öffentlich und wohl auch ganz bewusst über einen Kandidaten-Wechsel nachdenken, rutscht Biden in den Umfragen signifikant ab", beobachtet der REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER: "Der Präsident sollte die Reißleine ziehen. Einwände, aus formaljuristischen Gründen sei ein kurzfristiger Wechsel nicht möglich, ziehen nicht. Wenn Biden gesundheitliche Gründe geltend macht, ginge auch ein kurzfristiger Wechsel."
"Was wäre nicht alles möglich gewesen!", ruft die ALLGEMEINE ZEITUNG aus Mainz aus: "Zum Beispiel Vizepräsidnetin Kamala Harris mit Beratern und einem Haufen Geld auszustatten, auf dass sie all ihre offensichtlichen Defizite wettmachen oder zukleistern und sich ins rechte Licht rücken kann. Auch hätten die Demokraten einen ganz anderen Politiker als Nachfolger aufbauen können, als idealer Gegenpol zu Trump: jung, höflich und intelligent. Nun bleiben den Demokraten nur noch wenige Möglichkeiten, ihre Lage zu verbessern."
Themenwechsel. Die Europäische Union verhängt vorläufige Zusatzzölle auf den Import von Elektroautos aus China. Die MEDIENGRUPPE BAYERN, zu der unter anderem der DONAUKURIER gehört, merkt an: "Handelskriege sind selten gut. Gleichzeitig ist zu sagen: Der 'Auto-Krieg' ist schon im Gange, und China kämpft nach Überzeugung der EU mit unfairen Mitteln. Es stellt sich also eher die Frage nach der gewünschten Eskalationsstufe. Sind Zölle nun das richtige Gegenmittel? Nur bedingt, denn einerseits wären vermutlich auch beispielsweise die deutsch-chinesischen Joint-Ventures direkt Leidtragende mit Auswirkungen womöglich bis hin zu den deutschen Belegschaften", gibt die MEDIENGRUPPE BAYERN zu bedenken.
Die Zeitung DIE GLOCKE ist folgender Meinung: "Setzt sich die Spirale aus Strafzöllen und Vergeltungsmaßnahmen erst einmal in Gang, ist eines gewiss: Gewinner wird die Eskalation im Streit um chinesische Elektrofahrzeuge nicht hervorbringen. Ganz im Gegenteil. Auf der Seite der Verlierer wird unsere heimische Automobilindustrie stehen. Dass die EU-Kommission nicht länger tatenlos dabei zusehen will, wie die kommunistische Führung in Peking in ihrem Expansionsdrang Handelsregeln missachtet, weltweit Absatzmärkte erobert und den fairen Wettbewerb mit ausländischen Konkurrenten durch milliardenschwere Staatsgelder verzerrt, ist nachvollziehbar. Zölle auf die subventionierten Billig-Stromer aus China sind dennoch ein Fehler. Was die Industrie in Europa stärkt – und auch den Autobauern hierzulande nützt –, sind bessere Standortbedingungen", ist sich DIE GLOCKE aus Oelde sicher.
In der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG ist zu lesen: "Die Kommission profitiert davon, dass sie im Windschatten der USA segelt. Dass Peking zahm reagiert, hat viel mit den drastischen Zöllen zu tun, die Präsident Joe Biden verhängt hat. China will keinen Zwei-Fronten-Handelskrieg. Die Chancen für eine Verhandlungslösung stehen somit gut. Bis November ist Zeit, erst dann werden die Zölle definitiv fällig. Die Zeit muss Brüssel nutzen und dabei nicht überziehen. Denn so wichtig es ist, klare Signale an Peking zu senden, so wichtig es ist, dass China fair spielt und die Konkurrenz nicht durch hoch subventionierte Massenproduktion ausradiert, so richtig bleibt auch, dass der Schaden eines Handelskriegs für die Wirtschaft der EU horrend wäre", stellt die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG klar.
Die BERLINER MORGENPOST führt aus: "Unfair ist die Industriepolitik Chinas. Die Regierung in Peking will ihre industriellen Überkapazitäten im Ausland abladen - nicht nur in der Autoindustrie. Bei der Fertigung von Solarmodulen und in anderen Branchen läuft es ähnlich. Das sollte sich die Europäische Union nicht bieten lassen. Denn die Offensive aus Fernost droht die hiesige Autoindustrie zu schädigen. Wenn deren Verkaufszahlen zugunsten chinesischer Unternehmen einbrächen, wären auch Millionen Arbeitsplätze in dieser Kernbranche bedroht - eine besorgniserregende Perspektive", meint die BERLINER MORGENPOST.
Hören sie nun noch Kommentare zur Debatte über eine Wehrpflicht für Frauen. Die FREIE PRESSE aus Chemnitz erläutert: "Wenn man von Gleichberechtigung spricht, geht es oft um die Vorteile, die Männer in dieser Gesellschaft haben – und die eigentlich allen zustehen sollten. Das fing mal beim Wahlrecht an. Inzwischen geht es um Gehälter, Karrierechancen oder Redeanteile. Nun aber ist eine Debatte zur Gleichberechtigung entstanden, bei der es um eine Pflicht geht, von der Frauen in Deutschland bislang befreit waren: die Wehrpflicht. Solange sie in Kraft war, galt sie nur für Männer. Nun wird diskutiert, ob man sie wieder einführen sollte – und ob sie dann auch für Frauen gelten sollte. Das hat Deutschlands oberster Soldat, Generalinspekteur Carsten Breuer, vorgeschlagen. Wenn es so wäre, müsste dafür das Grundgesetz geändert werden. Das wäre umständlich. Aber richtig." So weit die FREIE PRESSE.
Der SÜDKURIER wirft ein: "Wenn die Regierung ihre Bürgerinnen und Bürger zu Aussagen über ihre Armee-Tauglichkeit verpflichtet, dann sollte das für alle gelten. Zumal Frauen jahrzehntelang dafür gekämpft haben, überhaupt in die Bundeswehr zu dürfen. Wieso sollte man sie jetzt so behandeln, als wären sie nur im Ausnahmefall dafür geeignet? Wer meint, es scheitere an einer körperlichen Unterlegenheit, steckt argumentativ im Schützengraben fest. Denn moderne Kriegsführung funktioniert heute anders. Sie ist technischer, virtueller geworden." Das war zum Ende der Presseschau der SÜDKURIER aus Konstanz.