13. Juli 2024
Die Presseschau aus deutschen Zeitungen

Zentrales Thema auf den Kommentarseiten sind die mutmaßlichen russischen Anschlagspläne auf Armin Papperger, den Chef der deutschen Rüstungsfirma Rheinmetall.

13.07.2024
Die RHEINISCHE POST aus Düsseldorf meint, die Berichte darüber zeigten zunächst, "dass die Sicherheitsbehörden wachsam sind. Es hat scheinbar funktioniert, Informationen auszutauschen, Papperger besser zu schützen und eine womöglich tödliche Attacke zu verhindern. Das ist einerseits beruhigend. Beunruhigend ist jedoch, dass durch den Fall erneut deutlich wird, wie groß und vielschichtig die Bedrohung ist, die von Russland im Konflikt mit der Ukraine und dem Westen ausgeht. Der Kreml sieht Deutschland und andere Verbündete der Ukraine längst als Kriegspartei. Und es gibt diverse Bereiche in Deutschland, in denen nach wie vor zu naiv mit dieser neuen Wirklichkeit umgegangen wird. Es wird immer deutlicher: Naivität im Umgang mit der russischen Bedrohung kann im schlimmsten Fall tödlich sei", unterstreicht die RHEINISCHE POST.
Der TAGESSPIEGEL aus Berlin stellt klar: "Putin bedient sich längst aller Mittel hybrider Kriegsführung. Es geht Russland um die Zersetzung der Gesellschaft, die Destabilisierung von Demokratie und Wirtschaft sowie das Töten unliebsamer Personen. Die Nato reagiert inzwischen. In der Abschlusserklärung des Gipfels in Washington wird Wladimir Putin gewarnt: Auch hybride Kriegführung könnte zum Bündnisfall führen. Es ist gut, dass diese Drohung ausgesprochen wird. Denn in der deutschen Öffentlichkeit werden die russischen Angriffe noch immer mit einem Schulterzucken hingenommen", kritisiert der TAGESSPIEGEL.
Der MÜNCHER MERKUR beobachtet: "Tatsächlich ist Moskau auf seinem Weg, Deutschland von seiner Unterstützung für die Ukraine abzubringen, weit vorangekommen: Der Kreml dirigiert mit AfD und dem Bündnis Sahra Wagenknecht nicht nur zwei immer stärker werdende Parteien. Auch in der Regierungspartei SPD gibt es um Fraktionschef Mützenich herum eine starke Strömung, die verlangt, Kiew solle sich den Forderungen Putins unterwerfen, die in Wahrheit auf die Auslöschung der gesamten Ukraine hinauslaufen. Und in den Etatverhandlungen der Ampel wurde Verteidigungsminister Pistorius abgebügelt, als er mehr Geld für die Sicherheit forderte", notiert der MÜNCHNER MERKUR.
Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG findet, mit den Anschlagsplänen habe die Bedrohung eine neue Qualität erreicht, gibt aber zu bedenken: "Allein der Zeitpunkt der Veröffentlichung durch den amerikanischen Sender CNN ist auffallend passend. Beim Nato-Gipfel in dieser Woche hat sich die westliche Welt gegen Russland gerüstet. Aus Sicht vieler Europäer ein erstrebenswertes Vorhaben für die Sicherheit Europas. Doch es gibt auch kritische Stimmen, die es genau andersherum sehen: Die Nato wolle ein Wettrüsten mit Russland und mache die Lage für Europa eher gefährlicher. Dass ausgerechnet jetzt das Mordkomplott gegen Papperger bekannt wird, stärkt natürlich die erste Position: Seht her, wie gefährlich Putin ist! Die Argumente für Stationierung und Aufrüstung sind erdrückend", bemerkt die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.
Nun in die USA, wo eine Debatte um die Eignung von Joe Biden für eine mögliche weitere Amtszeit als US-Präsident entbrannt ist. "Bidens Bewerbung ist nicht mehr zu retten", ist sich die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG sicher. "Das liegt in keiner Weise an seiner Bilanz in dem Amt. Er hat das Land nach dem Chaos von Donald Trump stabilisiert. Er hat das westliche Bündnis zusammengehalten, als Wladimir Putin die Ukraine überfiel. Doch wenn Biden und seine Partei jetzt nicht zügig Konsequenzen ziehen, machen sie kaputt, was sie aufgebaut haben. Noch ist ein Wechsel der Kandidatur möglich. Der Überraschungseffekt könnte die demokratische Wählerschaft aufrütteln und zugleich die Republikaner verwirren – Trump würde ohne Biden etliche Argumente verlieren", überlegt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG.
Die VOLKSSTIMME aus Magdeburg vermerkt: "Aus dem persönlichen Drama um US-Präsident Joe Biden ist längst ein weltpolitisches geworden. Nach tapferem Beginn hat der erste Mann in Washington auf dem Nato-Gipfel wieder eklatante Aussetzer geliefert. Sein Kampf gegen die Alterserscheinungen in allen Ehren – aber den hat noch niemand gewonnen."
Der KÖLNER STADT-ANZEIGER betont: "Es sind keine Petitessen, wenn Biden den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj mit Kremlchef Wladimir Putin verwechselt oder Vizepräsidentin Kamala Harris mit seinem Kontrahenten Donald Trump. Das gilt besonders, wenn solche Versprecher hochnotpeinlich auf der Weltbühne passieren. Biden wusste, dass er hier unter intensivster Beobachtung steht. Wie agiert der Commander-in-Chief wohl, wenn er hinter verschlossenen Türen Entscheidungen von globaler Tragweite treffen muss?", fragt sich der KÖLNER STADT-ANZEIGER.
"Die Demokraten werden nicht jede Pressekonferenz des Präsidenten bis zum 5. November zu einem Scherbengericht über seine Fitness machen können", gibt die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG zu bedenken. "Die Entscheidung, ob Biden noch mal antreten soll, müsste in absehbarer Zeit fallen, sonst verspielt die Partei selbst noch die Restchancen, die sie mit dem Amtsinhaber hat. Schon jetzt haben ihn die publizistischen Heckenschützen aus dem eigenen Lager mindestens so beschädigt wie sein missglückter Auftritt beim Fernsehduell mit Trump. All die Leute, die jetzt im Schutz der Anonymität den linken Medien Vorbehalte gegen Biden zuraunen, lassen jeden kleinen Aussetzer des Präsidenten noch größer erscheinen", hält die F.A.Z. fest.
Die FRANKFURTER RUNDSCHAU fasst die Optionen der Demokraten so zusammen: "Sie müssen entweder Biden schnell dazu bringen, nicht mehr anzutreten, um eine andere Kandidatin oder einen anderen Kandidaten noch in den wenigen Wochen vor der Wahl am 5. November aufzubauen. Oder sie müssen akzeptieren, dass Biden weitermacht und dann mit dem Favoriten verloren gegangenes Vertrauen wieder herstellen."
Die TAGESZEITUNG bemerkt, dass Bidens Herausforderer Trump zuletzt auffällig zurückhaltend war: "In den Tagen seit der TV-Debatte hat Trump die Öffentlichkeit gemieden und die Selbstzerlegung der gegnerischen Seite still genossen. In der kommenden Woche allerdings wird sich das ändern: Am Montag beginnt der republikanische Parteitag. Trump ist ohnehin das wichtigste Wahlkampfargument der Demokrat*innen: Gut, dass mal wieder über ihn berichtet wird. Durchatmen. Aber eine erfolgversprechende Strategie für den November ist das nicht", warnt die TAZ.
Die MEDIENGRUPPE BAYERN, zu der unter anderem die PASSAUER NEUE PRESSE gehört, zieht ein vorläufiges Fazit der Fußball-Europameisterschaft: "Einmal mehr hat sich Deutschland als weltoffener und entspannter Gastgeber präsentiert. Eine Erfahrung hat zahlreiche Gäste wohl doch irritiert: Dass ausgerechnet die vermeintliche Erfindernation bei Digitalisierung (Stichwort: Bargeldloses Zahlen) oder Bahn-Infrastruktur derzeit eher durch Rückständigkeit glänzt – ein Problem, das nun hoffentlich entschlossener angepackt wird. Denn wenn die Pässe von Kroos & Co. zuverlässiger ankommen, als jeder Zug hierzulande, mag das ein gutes Zeugnis für die Nationalelf sein. Für den Wirtschaftsstandort Deutschland eher nicht", moniert die MEDIENGRUPPE BAYERN.
Die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG hat kein Verständnis für die Kritik an der Bahn von Seiten der Politik: "Verkehrsminister Wissing fällt der Bahn nach der EM-Bilanz in den Rücken und prügelt auf sie ein. Nur wenige Stunden, nachdem der Konzern eine eigene EM-Bilanz mit dem Tenor 'ging doch alles irgendwie' veröffentlichte, lässt sich Wissing mit dem Satz zitieren, der Konzern habe sich mit den zusätzlichen Zügen während des Turniers 'übernommen'. Vor einem Jahr hatte Wissing noch stolz die DB als Mobilitätspartner des Turniers mit präsentiert. Wie riskant das war, musste er wissen. Jetzt nachzutreten, ist schlechter Stil", konstatiert die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG, und damit endet die Presseschau.